Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
herausgefunden?«
»Vor allem, dass das Ganze hier nicht einfach wird«, antwortete Eric. »Wir sind von den Leuten, die dieses Schiff gebaut haben, hunderte von Jahren weit entfernt. Dazwischen stecken mehrere Generationen, Kirsten!«
»Hast du schon irgendwelche Handbücher gefunden?«, hakte sie nach.
»Nein. Es tut mir leid.«
»Trotzdem danke.« Kirsten nahm den Finger vom Intercom-Knopf. »Ich brauche Hilfe«, gestand sie sich selbst leise ein.
Eines der zahlreichen rätselhaften Icons, ein geradezu kindlich gezeichneter Kopf mit ernster Miene und prächtigem Schnauzbart, flackerte zweimal auf. Mit grotesk salbungsvoller Stimme erklärte die Animation: »Nennen Sie mich Jeeves. Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?«
Sofort waren Sven und Eric herbeigestürmt. Wann immer sie durcheinander sprachen, verwirrte das Jeeves, oder er reagierte überhaupt nicht. So übten sie sich in Geduld. Sie lachten viel. Stundenlang befassten sie sich mit diesem Jeeves-Programm. Irgendwann zog sich Eric zurück, um einige Mahlzeiten aus ihrer Ausrüstung zuzubereiten. Auch beim Schlafen wechselten sie sich ab, und immer, wenn einer von ihnen wieder aufstand, wurde er von den anderen auf den neuesten Stand gebracht.
Nach einer derart langen Suche hatten sie schon so viel erfahren. Es schien, als hätten sie eigentlich schon alles erfahren, von einem wichtigen Aspekt abgesehen: die Koordinaten der Erde. Wie betäubt versuchte Kirsten das alles zu verarbeiten.
Aus dem Logbuch des Captains: Die Long Pass hatte einen Eisplaneten entdeckt und eine Nachricht dorthin ausgesandt. Und bei dieser Eiswelt handelte es sich – was eindeutig an der eisbedeckten Küstenlinie der Kontinente identifizierbar war – um NSW 5 auf dem Weg zur Flotte.
Aus den Videoarchiven der Sicherheitsanlagen des Schiffes: Die Long Pass wurde durch Roboter eingenommen, die eindeutig von Bürgern konstruiert worden waren. Es waren Roboter wie die in den Frachträumen eben jenes Schiffes, in dessen Innerem sich die Long Pass derzeit befand. Sie alle hatten derartige Roboter bereits gesehen: Seite an Seite mit den Kolonisten arbeiteten sie oft auf den Feldern oder im Wald.
Aus einem Freizeit- und Unterhaltungsarchiv: Musikaufnahmen, die ihnen zum Teil längst bekannt waren, während andere völlige Neuerungen darstellten. Wie sehr es Nessus doch amüsiert haben musste, sich selbst als den Schöpfer des Walkürenritts darzustellen!
Aus der Frachtliste des Schiffes: Eine vollständige Auflistung von allem, was sich an Bord befunden hatte, einschließlich sämtlicher Personen, Embryonenbanken und Schlaftanks, aus denen dann eine Kolonie von Arbeitern geworden war.
Und die Besatzung, die das Pech hatte, ein Signal zur eingefrorenen NSW 5 auszusenden? Was aus dieser Besatzung geworden war, vermochte Jeeves nicht zu sagen.
Nach und nach kamen die Fragen nur noch langsam. Als Kirsten einen Blick auf ihre Uhr warf, stellte sie fest, dass siebenundzwanzig Standardstunden vergangen waren. So lange waren sie schon hier? Oder eher: erst so kurz?
Ohne irgendetwas zu schmecken, hatte Kirsten auf dem herumgekaut, was ihr Sven unaufgefordert in die Hand gedrückt hatte. Zum Teil war Kirsten einfach überwältigt. Zum Teil konnte sie selbst kaum fassen, dass sie so weit gekommen sein sollten. Erst jetzt, viel zu spät, nickte sie dem Archivar zu, um sich für dieses Sandwich zu bedanken, und plötzlich musste Kirsten wieder an das Fußballspiel zurückdenken, aus dem sie Sven so unsanft herausgerissen hatte. Mädchen, die herumrannten und lautstark schrien und sich in einem Spiel ergingen, das die Bürger allesamt vehement ablehnten.
Nicht einmal die Bürger konnten immer ihren Willen durchsetzen.
Kirsten steuerte das Heck des Schiffes an, ging auf den Maschinenraum zu, in dem Eric konzentriert vor einem offenen Schaltkasten kniete. Seine neue Frisur – ein langer Pferdeschwanz ohne jede Spur der Zier, die Bürger so sehr schätzten – ließ Kirsten immer noch kurz stutzen, doch eigentlich gefiel es ihr. Jetzt küsste sie Eric, lange und leidenschaftlich.
»Ich will mich ja wirklich nicht beschweren«, sagte er schließlich. »Aber wofür war das denn jetzt?«
Kirsten lächelte. »Einfach nur, weil ich mich so freue, dass wir Fortschritte machen.«
Anerkennend sog Omar das Aroma ein, als der Synthesizer im Tagesraum ihm eine Quetschflasche aus Schaumkunststoff auffüllte. Kaffee. Kirsten bezweifelte, dass Omar ein einziges normales Getränk zu sich
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