Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
Flotte, die sich immer weiter näherte, darstellten?
Häufig half es Kirsten beim Nachdenken, wenn sie sich dabei bewegte – und die einzige Möglichkeit, an Bord, anständig zu laufen, bot das Laufband im Gemeinschaftsraum. Ihre Arme und Beine pumpten, die holografische Projektion einer Stadtlandschaft zog an ihr vorbei, während Kirsten versuchte, das Unerklärliche zu erklären. Sie hatte eine Theorie, die nur einem Experten für Angewandte Mathematik gefallen konnte. Die Gw’oth konnten alles simuliert haben – die Wissenschaft, die Ingenieursleistungen und die Entwicklungsprojekte –, bis sie in der Lage waren, die entsprechenden Pläne auch in die Tat umzusetzen. Wenn man hinreichend leistungsfähige Rechner zur Verfügung hatte, konnten Modelle und Berechnungen viele aufwändige Experimente ersetzen. In Arcadia hatte Kirsten naturwissenschaftliche Einführungskurse besucht. Eine Simulation war eine deutlich zuverlässigere Methode herauszufinden, wie die Welt funktionierte, als die typische Labortechnik einzusetzen.
Doch die Gw’oth konnten keine Computer haben, solange sie keine Industrie entwickelt hatten, die oberhalb der Eisdecke angesiedelt war. Dieses Rätsel verursachte Kirsten heftige Kopfschmerzen.
Die Essenszeit kam und ging; Kirsten blieb auf dem Laufband. Einen klaren Kopf brauchte sie jetzt dringender als eine synthetisierte Mahlzeit.
Die Gw’oth würden nicht nur Computer benötigen, um entsprechende Simulationen laufen zu lassen: Die Aliens verfügten – zumindest hatte Kirsten anhand ihrer bisherigen Beobachtungen diesen Eindruck – immer noch nicht über größere Rechenkapazitäten. Sie hatten gewaltige Datenarchive und dazu auch spezielle Gerätschaften, die es ihnen ermöglichten, diese Daten zu sortieren, zu durchsuchen und zu vernetzen – aber Computer? Die Kundschafter hatten keine nennenswerten Rechenzentren oder dergleichen entdeckt.
Mittlerweile schmerzten Kirsten Arme und Beine, ihre Muskeln zitterten – sie war völlig überanstrengt. Kirsten wusste, dass sie es wirklich übertrieben hatte, und drosselte die Geschwindigkeit des Laufbandes weit genug, um beim Abkühlen gerade noch in Bewegung zu bleiben.
Selbst Bürger wissen nicht alles. Wie viel weniger mag ich wohl wissen?
KAPITEL FÜNF
Die vier Kundschafter beobachteten einige dicht zusammengedrängte Steinstrukturen, die von der Kuppe eines Berges aufragten und dabei die Eisdecke durchstießen. Als der Schnelldurchlauf aktiviert wurde, verwandelten sich die Gw’oth-Arbeiter in kaum noch erkennbare Schattengestalten. Fertiggestellte Räume und Nebengebäude wurden innen und außen angesprüht – das wenige Wasser, das nicht sofort verdampfte, bildete gasdichte Versiegelungen. In der Nähe klafften mehr und mehr Löcher von Testbohrungen, sodass das ganze Gelände Ähnlichkeit mit einer Bergbausiedlung hatte. Von der Kuppe des Berges ragte eine Metallstruktur auf. Sie war noch nicht fertig gestellt, und so konnten die Beobachter noch keine Mutmaßungen über deren Sinn und Zweck anstellen. Auf einem Turm wurde eine schwenkbare Antennenschüssel gen Himmel ausgerichtet; die Analyse der Messdaten besagte, dass sie die Komm-Satelliten auf ihrem niedrigen Orbit nachverfolgte.
Was sie hier beobachteten, war ein vollständiges Hologramm: Das Bildmaterial stammte von den Sonden der Explorer. Die Explorer hingegen befand sich auf der gleichen Umlaufbahn um den Gasriesen wie der Eismond selbst. Der riesige Planet, den sie gemeinsam umkreisten, verhinderte, dass das Raumschiff und der Mond einander jemals zu Gesicht bekamen. Eine ganze Reihe winziger, getarnter Bojen, jede davon von einer transparenten, praktisch unzerstörbaren General-Products-Zelle Mark Eins umgeben, übertrugen Nachrichten zwischen der Explorer und ihren Beobachtungssatelliten hoch über dem Eismond. Hier sind wir auf jeden Fall in Sicherheit, dachte Kirsten. Wie sehr mögen wir wohl unsere eigenen Erkundungen behindern, indem wir uns weiter hier verstecken?
Wieder hatten sie sich im Gemeinschaftsraum zusammengefunden. Mit einem Kopf deutete Nessus auf das Holo. »Omar, was wissen wir über dieses Bauprojekt?«
»Wissen? Nicht gerade viel«, gestand Omar. »Das Projekt war schon recht weit vorangeschritten, bevor es uns überhaupt aufgefallen ist. Es sieht aus, als würden die Kleinen da unten eine Riesenantenne aufstellen. Ich vermute, sie versuchen sich an einer Hochleistungsantenne, die sie mit geosynchronen Komm-Satelliten nutzen
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