Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
wollen.«
»Wir könnten einfach landen und sie fragen«, platzte Kirsten heraus. Die Gw’oth beeindruckten sie immer mehr. Sie zu beobachten war ja schon faszinierend, aber Kirsten wollte sie gerne kennen lernen.
Nessus wandte ihr einen Kopf zu. »Sie was fragen?«
Ist doch egal, hätte Kirsten am liebsten gerufen. Ihre Ungeduld und auch die Frustration überraschten sie selbst. »Was bauen die da? Wie nähern sie sich naturwissenschaftlichen Fragen und Problemen? Können wir mit ihnen Informationen austauschen?«
Die entscheidende Frage – werdet ihr eine Bedrohung darstellen? – konnte man ihnen wohl kaum direkt stellen. Eric wollte wissen, wie und von wo aus sie ihre Satelliten in die Umlaufbahn gebracht hatten; Kirsten interessierte vor allem, warum sie zwar Datenarchive hatte finden können, aber keinerlei größere Rechenzentren. Beide Fragen mochten sehr wohl danach klingen, als würden sie die Gw’oth ausspionieren wollen. Das wird knifflig, dachte Kirsten. Unsere eigenen Nachforschungen könnten dafür sorgen, dass die in uns eine Bedrohung sehen.
»Noch wird es keine Landung geben«, gab Nessus zurück und erzitterte sichtlich. »Und wir werden auch unsere Anwesenheit noch nicht kundtun. Die Gw’oth wissen vermutlich noch nicht einmal, dass es noch andere vernunftbegabte Spezies gibt. Warum sollten wir ihnen das verraten und auf diese Weise möglicherweise noch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie die Flotte bemerken?«
Stirnrunzelnd betrachtete Eric das Hologramm, das sich immer weiter veränderte. »Die werden vielleicht früher, als uns lieb ist, wissen, dass sie nicht alleine sind, denke ich. Was die da bauen, könnte genauso gut ein Radioteleskop sein.«
»Ich werde es weiterhin beobachten«, versprach Omar. »Wir könnten auch ein Experiment durchführen, um weitere Informationen zu erhalten.«
Irgendetwas an dem Wort ›Experiment‹ klang für Kirsten sehr provokativ. »Was meinst du damit?«
»Wir könnten einen ihrer Satelliten außer Gefecht setzen, um zu schauen, wie die Kleinen darauf reagieren. Eric hat das vorgeschlagen, und ich halte es für ziemlich gut.«
Kirsten mühte sich, das richtige Wort zu finden, und schließlich hatte sie auch eines gefunden – auch wenn es ausschließlich dazu genutzt wurde, das Verhalten von Raubtieren zu beschreiben. »Sie angreifen?«
Eric nickte. »Wir könnten eine Sonde einsetzen, die mit einem Laser ausgestattet ist. Wir brauchten nur den Moment abzuwarten, in dem beim Anpeilen des betreffenden Gw’oth-Satelliten kein weiterer Satellit und auch der Eismond selbst nicht zu sehen sind. Die werden überhaupt nichts bemerken. Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, dass sie über Laser verfügen, also werden sie nicht einmal begreifen, was überhaupt passiert ist. Ein ausgefallener Satellit wird denen ein Loch in ihr Kommunikationsnetzwerk reißen, also werden sie versuchen, ihn so schnell wie möglich wieder zu ersetzen.«
»Mit anderen Worten: Ja, ihr wollt sie angreifen.«
Nervös zupfte Nessus an seiner ungepflegten Mähne. »Wir wissen, dass sie sehr wohl über bedingte Möglichkeiten der Raumfahrt verfügen. Irgendwie müssen wir extrapolieren, ob diese Möglichkeit sich zu einer Bedrohung für die Flotte auswachsen könnte. Angesichts der schnellen Fortschritte, die diese Seesterne auf anderen Gebieten erzielen, könnte dieses Risiko sogar beträchtlich sein.«
»Ich habe immer noch das Gefühl, dass wir erst einmal fragen sollten.« Erst als Kirsten bemerkte, dass sie am ganzen Körper zitterte, wurde ihr klar, wie stark dieses Gefühl war. »Wenn es uns nicht gelingt, über Funk mit denen Kontakt aufzunehmen melde ich mich freiwillig für einen Landeeinsatz.«
Omar deaktivierte den Projektor. »Kirsten, wir sind wirklich weit von zu Hause fort. Deine Hauptaufgabe besteht darin, uns wieder nach Hause zurückzubringen. Von Nessus abgesehen bist du die letzte Person an Bord, mit der ich irgendein Risiko eingehen will.«
Wieder musste Kirsten an die Waldwanderung denken, die doch schon so lange zurücklag. Niemand ist allwissend.
Und sie selbst wünschte sich nur, sie wüsste, wessen Unwissenheit – die von Nessus oder ihre eigene oder vielleicht die der immer noch äußerst geheimnisvollen Gw’oth – hier das eigentliche Thema war.
Im Schutze seiner Kabine hatte sich Nessus in das Innere eines tröstlichen Lagers zahlloser Kissen zurückgezogen. Dort dachte er nun über Kirstens ungewöhnliche Bitte nach: Sie hatte um
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