Ringwelt 12: Weltenwandler
hinter ihrer Furcht derartige Feindseligkeit verbirgt.«
Pisgah: Mit seinen fast zweitausend Metern gehörte er zu den höchsten Gipfeln der Appalachen. Von der Kuppe eines anderen Berges namens ›Pisgah‹ – der allerdings meist ›Nebo‹ genannt wurde – hatte Moses einst das Gelobte Land erspäht. Er war gestorben, ohne es jemals erreicht zu haben. Ganz alleine, ging es Sigmund durch den Kopf.
Man hatte Sigmund Eistee angeboten. Kondenswasser schlug sich am Glas nieder und rann ihm jetzt über die Hand. Der Tee war nach Südstaatenart zubereitet und beinahe widerlich süß. »Und jetzt lassen die uns in Ruhe.«
»Und das haben wir Ihnen zu verdanken«, erwiderte die Generalsekretärin.
Hätten die Puppenspieler nicht Andrea ermordet, hätte Sigmund sie beinahe schon vermisst. Ihm fehlte der Fokus, den diese Spezies seinem ganzen Leben gegeben hatte. Seit einem Jahr waren sie fort. Sigmund war fast schon so weit, wieder Transferkabinen benutzen zu wollen. Lange konnte es nicht mehr dauern.
Seit Jahren hatten weder die Jinxianer noch die Kzinti irgendwelche Schwierigkeiten gemacht. Anders vorsichtiges Eingreifen hatte sämtliche Vorbereitungen für diese Expedition, die Pelton plante – das war das einzige Thema, das Sigmund Melenkamp gegenüber immer noch nicht anzusprechen wagte – völlig durcheinander gewirbelt.
»Sigmund?«, fragte sie.
»Wunderschön.« Er deutete auf den Adler, der majestätisch über die Baumwipfel hinwegzog, und fragte sich, ob dieses Tier sich wohl alleine fühlte.
Melenkamp seufzte. Wegen seines Eigensinns? »Es tut gut, sich wieder sicher fühlen zu können«, setzte sie dann ihren Gedankengang fort.
›Sicher‹? Es gelang Sigmund gerade noch, seine Vorgesetzte nicht anzustarren. Dass alles jetzt sicher schien, bedeutete doch nur, dass es den Feinden der Erde gelungen war, ihre jüngsten Pläne der Zerstörung geheim zu halten …
Die Anspannung schnürte Baedeker die Kehlen so weit zu, dass er unfähig war zu sprechen, beinahe sogar unfähig zu atmen. Er ging in seinem Büro auf und ab und zitterte vor Zorn. Dieses allzu vertraute Hologramm über seinem Schreibtisch verspottete ihn!
Schließlich hatte er sich wieder so weit unter Kontrolle, dass er in der Lage war, Achilles anzurufen. »Ich habe etwas von entscheidender Wichtigkeit entdeckt. Können Sie kommen?«
Fast augenblicklich erschien Achilles auf der Stepperscheibe. Als er das Hologramm sah, zwitscherte er mit unverkennbar verbitterten Untertönen: »Ich hasse diese Menschen. Wenn wir doch nur wagen könnten …« In einer leicht verspäteten Geste der Begrüßung berührte er mit seinen Köpfen die Baedekers. »Ich bitte um Verzeihung. Mir ist bewusst, dass Sie meine Ansichten teilen.«
»Nehmen Sie doch Platz.« Baedeker deutete auf das Gästekissen, bevor er sich selbst auf seiner gepolsterten Bank niederließ; immer noch zitterten die Muskeln in seinen Beinen. »Sagen Sie mir, was Sie sehen.«
Achilles betrachtete das Holo: die nur allzu vertraute, digitalisierte Version von Ausfallers Holo-Ausdruck. Vor einem obsidianschwarzen Hintergrund, einem kleinen Teil des Konusnebels, schwebten fünf Welten im Nichts. Der Schein nur weniger Sterne durchdrang diese interstellare Staubwolke. »Die Flotte natürlich.«
»Halten Sie diese Aufnahme für echt?«
»Absolut. Das sind unsere Welten.« Achilles stieß einen ungeduldigen Pfeifton aus. »Warum bin ich hier?«
»Bitte haben Sie Geduld mit mir«, gab Baedeker zurück. »Was können Sie über dieses Abbild noch mit Gewissheit sagen?«
»Dass das Original in einem uns nicht vertrauten Format abgespeichert wurde; Indizien lassen vermuten, dass es von den Wildmenschen stammt. Weiterhin blickt diese Aufnahme in Richtung des galaktischen Südens. Dieses Bild wurde ohne unser Wissen angefertigt, durch eine Sonde, die wir niemals entdeckt haben.«
Baedeker beugte sich vor. »Und wenn Sie sich bei diesen beiden letzten ›Gewissheiten‹ irren sollten?«
»Dann wurden wir getäuscht.« Nachdenklich erstarrte Achilles mitten in der Bewegung. »Und die Gefahr, die uns von den Menschen droht, wurde deutlich überschätzt.«
Da Vesta sie zum privaten Büro des Hintersten führte, konnten sie sämtliche abgeschlossenen und mit todbringenden Abwehrsystemen ausgestatteten Sicherheitskabinen umgehen. Dennoch durchquerten Achilles, Baedeker und Vesta dabei drei Stepperscheiben-Vorzimmer – in zweien von ihnen standen bewaffnete Wachen –, bevor sie ihr Ziel
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