Ringwelt 12: Weltenwandler
Misstrauen an den Tag. Sein Haar, das er noch vor wenigen fahren bunt gefärbt und ganz im Stile der Bürger frisiert hatte, war jetzt einförmig schwarz; er trug es zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden. Kirsten, das Computergenie, das früher einmal die Navigation des Schiffes übernommen hatte, war mittlerweile mit Eric einen Bund eingegangen und hatte ihm schon zwei Kinder geschenkt.
Nichts davon war von Bedeutung. Das Ergebnis mehrerer Jahre harter Arbeit war jetzt greifbar nahe, und er brachte es kaum fertig, nicht die Flucht anzutreten. »Ich bin bereit«, sagte er.
Kirsten zückte ihren Taschencomputer und stellte eine Verbindung her. »Sie auch.«
Zur Vorbereitung dieser Besprechung hatte man eine zweite Stepperscheibe im Gemeinschaftsraum installiert. Nun stellte sich Nessus darauf. »Macht weiter.«
Sven erschien auf der anderen Stepperscheibe, die am gegenüberliegenden Ende des Raumes lag. Dann trat er einen Schritt zur Seite.
Auf dem Dorfplatz, ganz in der Nähe von Svens Haus, folgte Sigmund dem Archivar auf eine Stepperscheibe und schnellte an Bord eines Raumschiffs.
Nur die Tatsache, dass er hier vertraute Gesichter sah, verhinderte, dass Sigmund völlig die Beherrschung verlor. Omar und Eric. Sven. Neben Eric stand eine Frau, die Sigmund bislang noch nicht kennen gelernt hatte. Sigmund erschauerte und trat von der Stepperscheibe …
Und dann sah er auf der anderen Seite des überfüllten Raumes einen Puppenspieler. Besonders bemerkenswert war, dass dessen eines Auge rot war, das andere gelb.
Nessus! All die aufgestaute Wut entlud sich, und Sigmund sprang auf seinen alten Widersacher zu. Lautes Knistern ertönte.
Als Sigmund erwachte, lag er an Deck, und seine Gliedmaßen juckten – die unverkennbaren Nachwirkungen eines Stunners.
Omar half Sigmund wieder auf die Beine. »Nessus ist hier, um mit Ihnen zu reden. Können wir Ihnen vertrauen?«
Sigmund nickte. Natürlich: Sie konnten ihm vertrauen. Nessus war derjenige, der Sigmund ernstlich fürchten sollte. Und doch: Wer außer Nessus wäre imstande, die ganze Lage zu erklären? »Warum bin ich hier, Nessus?«
Vorsichtig kam Nessus näher. »Sie vertrauen mir nicht, und das aus gutem Grund, aber das muss sich ändern.«
Sigmund schwieg.
Nessus griff nach einer Quetschflasche und nippte an etwas leuchtend Orangefarbenem. Was auch immer sich in diesem Gefäß befinden mochte, es schien den Puppenspieler zu beruhigen. »Ja, ich habe Sie hierher gebracht. Ich bin Ihnen nach Fafnir gefolgt – aus Gründen, die Sie nicht einmal ansatzweise zu verstehen in der Lage wären.« Ein weiterer beruhigender Schluck. »Auf der Erde war es mir unmöglich, an Sie heranzutreten.«
»Weil ich aufgehört habe, Transferkabinen zu nutzen. Weil Sie hinter diesen Cerberus-Erpressungen gesteckt haben.«
»Ja – auf beides bezogen.« Nessus stieß einen Laut aus, der fast klang, als würde Luft aus einem Ballon entweichen. »Aber es ist Ihre paranoide Genialität, die es so dringend erforderlich macht, Sie jetzt hier zu haben.«
Vorsichtig, ohne jegliche hastige Bewegung, ging Sigmund zum Synthesizer hinüber und holte sich eine Quetschflasche Kaffee. »Ich verstehe weder diese Entführung noch Ihre Schmeicheleien, Nessus. Warum bin ich hier?«
Nessus trat einen Schritt zurück; nun stand er wieder auf der Stepperscheibe. Dann schob er einen seiner Köpfe in die Tasche seines Mehrzweckgürtels. Sigmund hielt sich mittlerweile schon lange genug auf New Terra auf, um zu vermuten, dass der Puppenspieler dort einen Transportregler aufbewahrte. Was auch immer Nessus jetzt sagen mochte, es würde gewiss unangenehm werden.
Nessus sprach sehr lange. »Ihr alle seid nur Schachfiguren«, schloss er dann. »Alles, was für die Obrigkeit auf Hearth von Bedeutung ist, das ist, diese Krise irgendwie zu beenden.«
»Und das bedeutet, es ist erforderlich, die Outsider dafür zu entschädigen, dass New Terra jetzt über einen eigenen Planetenantrieb verfügt«, fasste Sigmund zusammen. »Aber das können Sie nicht. Und Ihre Regierung sieht offensichtlich keinerlei Chance auf eine Versöhnung. Wären sie anderer Ansicht, hätten sie längst entsprechende Verhandlungen aufgenommen. Stattdessen haben sie die ganze Lage für sich behalten.
Daher auch diese Analogie mit den Schachfiguren – diese Leute hier sollen zu einem Bauernopfer gemacht werden. Also, was wird geschehen? Wird man ihnen wieder ihre Unabhängigkeit nehmen? Wird man ihnen den Antrieb
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