Ringwelt 12: Weltenwandler
Ausfaller hat es ihnen durchgehen lassen.«
»Ein Glück, dass diese Nischen schallgedämmt sind«, merkte Carlos an. »Kommt, wir bestellen.«
Endlich setzte auch Shaeffer sich, wirkte dabei aber sehr aufgebracht.
Niemand machte Anstalten, Sigmund zu erklären, warum Shaeffer überhaupt hier war. Und Sigmund selbst konnte das eigentlich ja noch überhaupt nicht wissen, also wechselte er rasch das Thema. »Nun, Carlos? Haben Sie Ihre Meinung geändert? Kommen Sie doch mit mir mit?«
»Ja. Aber nur, wenn ich einen Freund mitnehmen darf«, gab Carlos zurück.
Und so begann der Tanz, bei dem Shaeffer immer weiter Unentschlossenheit heuchelte.
Irgendetwas hatte die beiden dazu gebracht, nach Jinx zu kommen. Was auch immer sie vorhatten, Sigmund hoffte, diese Pläne zu vereiteln. Und ganz gewiss wollte er Shaeffer nicht auf Jinx zurücklassen. Weder unüberwacht noch so, dass die Gefahr bestand, er könne Ander begegnen … beide Möglichkeiten bargen Risiken. Eine mögliche dritte ›Zufallsbegegnung‹ mit Ander, nachdem er schon zweimal ›zufälligerweise‹ Sigmund selbst begegnet war? Wie viel Misstrauen würde das wohl wecken? Nein, es wäre besser, wenn Shaeffer mitkam, sodass Sigmund ihn im Auge behalten konnte.
Shaeffer hatte schon einmal versucht, ein Kriegsschiff zu stehlen. Vielleicht würde ein anderes Kriegsschiff sich hier als Köder geradezu anbieten. Und so fiel es Sigmund nicht schwer, das Gespräch auf das Thema ›Raumpiraterie im Allgemeinen‹ zu lenken.
»Mit uns werden sie jedenfalls kein so leichtes Spiel haben«, erklärte Sigmund. »Die Hobo Kelly ist nämlich nicht das, was sie zu sein scheint. Sie sieht aus wie ein Fracht- und Passagierschiff, aber in Wirklichkeit ist sie ein ausgewachsenes Kriegsschiff mit einer entsprechenden Bewaffnung und Maschinen, die eine Beschleunigung auf dreißig g ermöglichen.« Inzwischen stimmte das sogar, schließlich war der Umbau mittlerweile abgeschlossen. »Im Normalraum können wir vor allem davonlaufen, das sich nicht bekämpfen lässt. Wir gehen doch hier davon aus, dass es sich um Piraten handelt, oder nicht? Und Piraten haben nun einmal die Eigenart, ein Schiff erst auszurauben, bevor sie es vernichten.«
Shaeffer schien fasziniert. »Warum? Warum ein getarntes Kriegsschiff, Ausfaller? Spekulieren Sie etwa darauf, dass man Sie angreift?«
»Falls es sich tatsächlich um Piraten handelt, jawohl. In diesem Fall hoffe ich, dass wir angegriffen werden. Aber nicht, wenn wir das Solsystem anfliegen. Wir planen ein Täuschungsmanöver. Ein ganz gewöhnliches Frachtschiff wird auf der Erde landen, wertvolle Ladung an Bord nehmen und auf direktem Kurs Wunderland ansteuern. Mein Schiff wird seine Stelle einnehmen, sobald es im Asteroidengürtel ist.«
Carlos erläuterte wilde Astrophysik-Phänomene, die Schiffe aus dem Hyperraum herausdrängen könnten. Shaeffer stellte noch wildere Mutmaßungen an: über Monster aus dem Hyperraum, die Schiffe fraßen. Sigmund ließ sie gewähren, und dann sagte er: »Ich würde mich glücklich schätzen, wenn Sie Ihre Meinung ändern und uns begleiten würden, Mister Shaeffer.«
»Hm?«, gab Shaeffer erstaunt zurück. »Sind Sie sicher, dass Sie mich auf dem gleichen Schiff wollen, mit dem Sie unterwegs sind?«
»Oh, unbedingt! Wie sonst kann ich sicher sein, dass Sie sich nicht rächen und eine Bombe an Bord verstecken?« Sigmund lachte über seinen eigenen Scherz. »Außerdem könnten wir einen qualifizierten Piloten gebrauchen.«
Wenn die Hobo Kelly den Köder darstellte, hatte es überhaupt keinen Sinn, Beowulf wissen zu lassen, dass Sigmund sein Schiff sehr wohl auch alleine steuern konnte. Sollte er doch glauben, Sigmund sei auf ihn angewiesen. Zu Lügen fiel Sigmund leicht, vor allem diesen beiden Personen gegenüber. Sollte es erforderlich sein, da war sich Sigmund sicher, würde er es auch mit jedem seiner Passagiere aufnehmen können, notfalls auch mit beiden gleichzeitig – der eine war ein Bücherwurm, der andere eine typische Vogelscheuche von We Made It –, ohne dafür auch nur die Panzerung zu benötigen, die er sowieso immer heimlich unter seiner Kleidung trug. Jetzt war es an Sigmund, immer weiter vor sich hinzuplappern; unablässig lobte er Shaeffer für seine bisherigen Heldentaten.
Schließlich verließ Shaeffer die Bar; zum Abschied gab er vor, eine Nacht darüber schlafen zu wollen.
Sigmund war nicht im Mindesten überrascht, als Shaeffer ihn später anrief, um ihm mitzuteilen, er nehme
Weitere Kostenlose Bücher