Ringwelt 12: Weltenwandler
wenn Ihr Zeitplan das zulässt – dann können wir ja zusammen einen Drink nehmen.« In seinem Schwebesessel beugte sich Sigmund vor und streckte dem Physiker die Hand entgegen. »Es ist immer schön, ein vertrautes Gesicht wiederzusehen.«
»Geht mir genauso, Sigmund. Vielleicht komme ich auf die Idee mit dem Drink noch zurück.« Sie schüttelten einander die Hände.
Falls Carlos den kurzen Stich bemerkt haben sollte, als Sigmund ihm die Mikro-Wanze angeheftet hatte, so ließ er sich das nicht anmerken.
In den beiden darauf folgenden Tagen kehrte Carlos zum Institut zurück. Am ersten Tag blieb er nur zwei Stunden, und da es nur wenig zu hören gab, von gelegentlichen Schritten einmal abgesehen – Sigmund vermutete, sie stammten von Jinxianer-Besuchern im Museum –, delegierte Sigmund das Lauschen an Medusa. Er selbst verbrachte einen Großteil seiner Zeit entweder in der Werft oder in seiner Suite im Hilton.
Dort nahm er gerade sein Mittagessen ein und schaltete währenddessen zwischen den verschiedenen 3D-TV-Kanälen von Jinx hin und her, als ein kurzes Klingeln erklang und Medusa sich meldete. »Das ist überraschend«, sagte sie. »Erkennen Sie die zweite Stimme?«
Sie kam Sigmund wirklich bekannt vor, doch er konnte sie nicht ganz einordnen. »Mit wem redet Carlos da?«
Alle Schlangen hielten mitten in der Bewegung inne, rollten sich dann zusammen und starrten Sigmund an. »Beowulf Shaeffer.«
Wenn er doch nur eine Video-Wanze hätte einsetzen können! Doch wahrscheinlich nahm Carlos jeden Tag einen anderen Schwebesessel aus der Lobby seines Hotels; und seine Kleidung wechselte er sogar ganz gewiss täglich. Eine Wanze, die an Carlos selbst haften sollte, musste subkutan verbleiben, und damit musste sich Sigmund mit reiner Audio-Übertragung zufrieden geben.
»Jetzt kommt das Interessanteste«, fuhr Medusa fort. »Die kennen einander richtig gut.«
Sigmund erschauerte. Plötzlich hatte er ein ganz mieses Gefühl. »Wie gut?«
»Carlos hat die Kinder gezeugt, die das Fruchtbarkeits-Komitee Beowulf versagt hat.«
Das Camelot war eine weitläufig angelegte Landschaft schachtelartiger Gebäude – die ein wenig an Escher-Gemälde erinnerte – und zugleich eines der Wahrzeichen der Innenstadt von Sirius Mater. Im ganzen Hotel herrschte eine Schwerkraft von einem g, nicht etwa nur in den Zimmern selbst. Das machte die Bar von Camelot zur beliebtesten Kneipe bei allen Fremdweltlern.
Es gelang Sigmund, eine Nische zu sichern. Carlos wollte sich hier mit ihm auf einen Drink treffen und über die Rückfahrt zur Erde sprechen. Und auch wenn Carlos nicht wusste, dass Sigmund das bereits wusste, würden sie noch einen weiteren Passagier an Bord nehmen. Carlos hatte Beo angeboten, ihn mitzunehmen.
Gemeinsam betraten die beiden Männer die Bar. Shaeffer überragte Wu um Haupteslänge. Sigmund erhob sich. »Beowulf Shaeffer! Wie schön, Sie wieder einmal zu sehen! Ich glaube, es muss acht Jahre oder so her sein. Wie ist es Ihnen ergangen?«
»Ich lebe«, gab Shaeffer scharf zurück.
Lebhaft rieb Carlos sich die Hände. »Sigmund! Warum haben Sie eine Bombe in Beos Schiff geschmuggelt?«
In gespielter Überraschung hob Sigmund die Augenbrauen. »Hat er Ihnen etwa weiszumachen versucht, es sei sein eigenes Schiff gewesen? Nun, das war es aber nicht. Er hatte vor, es zu stehlen. Ich dachte, dass er es wahrscheinlich nicht versuchen würde, wenn ich eine Bombe an Bord versteckte und es ihn wissen ließ.«
»Aber wie sind Sie überhaupt ins Spiel gekommen?« Carlos schlängelte sich in die Nische und setzte sich neben ihn. »Sie sind schließlich nicht bei der Polizei. Sie gehören zum Amt für Alien-Angelegenheiten, und zwar im Ressort für Extreme Fremdwesen.«
Amt für Außerirdischenbelange heißt das, dachte Sigmund. Und mir braucht wirklich niemand zu sagen, wo ich arbeite. Gearbeitet habe. Die Sonderermittler-Einheit gehörte offiziell nicht zum Amt für Außerirdischenbelange.
Doch Sigmund sah keinen Vorteil darin, von sich aus Informationen preiszugeben. Eine Teilwahrheit würde ausreichen. »Das Schiff war Eigentum von General Products, und General Products ist ein Konzern der Pierson-Puppenspieler und nicht irgendwelcher menschlicher Wesen.«
Carlos wandte sich seinem … Freund? Verbündeten? Mitverschwörer? zu. »Beo! Du solltest dich schämen!«
»Verdammt, Carlos! Die Puppenspieler haben versucht, mich zu erpressen. Ich sollte ein Himmelfahrtsunternehmen für sie durchführen, und
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