Ringwelt 12: Weltenwandler
andere Sterne in der Nähe, um dabei irgendetwas zu verwechseln.
Zumindest im Bekannten Weltraum. Vielleicht gab es ja im galaktischen Zentrum genügend Sterne, um alles etwas komplizierter zu machen.
Düstere Gedanken über Beowulf Shaeffer – an den Sigmund seit über einem Jahr nicht mehr gedacht hatte – hatten zumindest einen Vorteil. Sie lenkten Sigmund von Anders unablässigem Geschwätz ab. Sigmund hatte keine Lust darauf, darüber zu sprechen, warum Feathers Auszug aus ihrer gemeinsamen Wohnung das Beste war, was ihm jemals hatte passieren können. Mit niemandem. Und schon gar nicht mit Ander.
»Und so bin ich bei meiner letzten Fahrt letztendlich bei zwei Zwillingsschwestern von We Made It gelandet«, setzte Ander seinen Bericht fort.
Glücklicherweise waren sie zu zweit an Bord, und es mussten drei Wachen pro Tag übernommen werden, so begegneten sie einander nicht allzu oft. Und wenn es eben doch geschah, dann versuchte Sigmund, einfach überhaupt nicht zu reden.
Doch das schien Ander nichts auszumachen. Er schien es nicht einmal zu bemerken. »Ja, Sigmund, es ist meine Aufgabe, dir die besseren – und damit meine ich abgründigeren – Verlockungen von Sirius Mater nahe zu bringen.« Ander lachte. »Meine Aufgabe und dein Vergnügen.«
Es fiel Sigmund zunehmend schwer, sich ins Gedächtnis zu rufen, warum er Ander auf diese Probefahrt mitgenommen hatte – eigentlich wollte er Ander einfach nur die Kehle zudrücken und ausprobieren, wie lange der Kerl wohl durchhalten würde. Es war Sigmunds Laune nicht gerade zuträglich, dass er genau wusste, welche Leere jenseits des Schiffsrumpfs lauerte. Immer wieder versuchte Sigmund sich daran zu erinnern, dass Ander gut bei dem war, was er tat. Nur als Reisegefährte war Ander eben einfach nur erbärmlich.
Endlich erreichte ihr Schiff die Außenbezirke des Sirius-Systems. Für Sigmund war es in vielerlei Hinsicht erleichternd, endlich aus dem Hyperraum herauszukommen – nicht zuletzt wegen der Aussicht, auch wieder eine andere Gesellschaft genießen zu können als nur die von Ander.
Die kodierte Hyperwellen-Nachricht, die ihn von James P. Baen Station erreichte, machte dieser Erleichterung schnell ein Ende.
Sigmund erinnerte sich daran, wie Sirius Mater vor zehn Jahren gewesen war. Und jetzt war es dort genauso trist, wie er es in Erinnerung hatte. Auf der Erde hätte man diese Siedlung, immerhin die größte Stadt auf ganz Jinx, kaum als ›Dorf‹ bezeichnet. Ebenso wie ihre Bewohner waren ihre Gebäude stämmig und gedrungen, und das hatte auch den gleichen Grund: diese unerträglich hohe Schwerkraft.
In den besseren Hotels vor Ort gab es die Annehmlichkeit individuell regelbarer Schwerkraft – und es gab Touristen. Ander war alles andere als begeistert, als Sigmund ihn anwies, unmittelbar das West End anzusteuern – in dem es deutlich weniger Besucher von anderen Welten gab –, um dort erneut zu versuchen, mehr über Peltons aktuelles Projekt in Erfahrung zu bringen, es vielleicht sogar zu infiltrieren. Pech für ihn. Die Nachricht, die der hiesige Leiter der ARM Sigmund hatte zukommen lassen, änderte wirklich alles.
Carlos Wu befand sich auf Jinx.
Den Aufzeichnungen zufolge war es das erste Mal seit zehn Jahren, dass Wu die Erde verlassen hatte. Im Verlauf der letzten zehn Monate waren in der Nähe des Solsystems acht Schiffe verschwunden, und gerade jetzt beschloss Carlos, auf Reisen zu gehen? Er hatte das letzte Passagierschiff genommen, bevor auch die letzte Kreuzfahrtlinie das Ansteuern der Erde vorübergehend eingestellt hatte.
Und zum Reiseziel hatte Carlos ausgerechnet Jinx erkoren …
Für jeden anderen als Ander bestand die Haupt-Touristenattraktion von Sirius Mater im Museumstrakt des Instituts für Wissenschaften. Der jedoch ließ sich ausschließlich mit der Standard-Schwerkraft von Jinx betrachten. In der 1-g-Lobby seines Hotels mietete sich Sigmund einen schwebenden Reisesessel und ließ sich davon zum Institut hinübertragen, auch wenn die Strecke nicht allzu weit war. Es wurde Zeit, ›zufällig‹ Carlos zu begegnen.
Gemächlich durchstreifte Sigmund das Museum, bis er im Flügel mit den Kunstwerken auf den Physiker stieß. »Wie klein die Galaxis doch ist«, sagte Sigmund.
Carlos saß ebenfalls in einem Reisesessel, blickte sich um und stutzte. »Special Agent Ausfaller! Ja, die Galaxis ist wirklich klein.«
Sie standen vor einer Galerie verschiedener Jinx-Akte. Sigmund deutete auf das nächstgelegene Kunstwerk.
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