Ringwelt
ganzen Leib zitterte. »Gehen wir lieber in mein Büro. Es liegt im Tiefparterre. Bis dorthin können keine Meteore vordringen.«
Nachdem der Puppetier sich wieder verabschiedet hatte, suchte Louis im Schlafzimmer nach Teela. Aber sie saß in der Bibliothek und wechselte vor dem Leseschirm die Tafeln so rasch, daß selbst Louis kaum mitkam.
»Wie geht es deinem zweiköpfigen Freund?« fragte Teela lächelnd.
»Er ist außer sich vor Angst. Und ich bin total erschöpft. Ich habe mich als Psychiater bei ihm versucht.«
»Worüber habt ihr gesprochen?«
»Über traumatische Erlebnisse in den letzten dreihundert Jahren. So lange hält sich Nessus nämlich schon im menschlichen Universum auf. Er kann sich kaum noch an den Planeten der Puppetiere erinnern. Ich habe das Gefühl, daß der Arme sich dreihundert Jahre lang nur gefürchtet hat.« Louis ließ sich seufzend in einen Massagestuhl fallen. »Und was treibst du?«
»Ich frische meine Kenntnisse über die Explosion des galaktischen Kerns auf.« Teela deutete auf den Leseschirm.
Dort sah man eine schimmernde Konzentration von Sternen, die kaum einen dunklen Zwischenraum aufwies. Der galaktische Kern hatte einen Durchmesser von fünftausend Lichtjahren - eine dichte Masse von Sonnen im Drehpunkt des galaktischen Strudels. Ein Mensch war vor zweihundert Jahren einmal bis hierher vorgedrungen - mit einem von den Puppetieren gebauten Versuchsschiff. Auf dem Schirm sah man rote, blaue und grüne Sterne, in mehreren Kugelschichten übereinandergelagert. Die roten Sterne waren die größten und hellsten Sonnen. Im Zentrum des Bildes sah man eine gleißend helle Stelle, die einem aufgequollenen Komma ähnelte. Darin waren zwar punkt- und linienförmige Schatten zu erkennen, doch diese Schatten im Zentrum des Bildes waren immer noch heller als die hellsten Sterne außerhalb der galktischen Achse.
»Deshalb brauchst du also das Schiff der Puppetiere«, murmelte Teela und starrte auf den Leseschirm.
»Richtig.«
»Wie konnte diese Katastrophe nur passieren?«
»Die Sterne waren zu dicht zusammen«, erwiderte Louis, »im Durchschnitt nur ein halbes Lichtjahr voneinander entfernt. Im Zentrum sind sie noch enger zusammengedrängt. Im Mittelpunkt einer Galaxis stehen die Sterne so dicht beisammen, daß sie sich gegenseitig aufwärmen können. Und wenn sie heißer werden, brennen sie auch rascher ab. Das heißt, sie altern rascher.
Zuerst wurde ein Stern zur Nova. Er strahlte also eine Menge Hitze aus und schickte Salven von Gammastrahlen in den Raum. Die Sonnen um die Nova herum wurden noch heißer, und die Gammastrahlen regten die stellare Aktivität noch mehr an. Ein paar von den Nachbarsternen explodierten. Das vervielfachte die Hitze und die Strahlung. So baute sich eine Kettenreaktion auf, die nicht mehr zu bremsen war. Dieser weiße Fleck im Mittelpunkt setzt sich aus lauter Supernovae zusammen.«
»Inzwischen ist diese Katastrophe längst vorüber?«
»Ja. Das Licht, das du dort siehst, ist längst historische Vergangenheit, obwohl es uns noch nicht erreicht hat. Die Kettenreaktion muß vor zehntausend Jahren zu Ende gegangen sein.«
»Warum regt man sich deswegen noch auf?«
Der Massagestuhl tat seine Wirkung. Die Wellenmuster bearbeiteten Louis' Bauchmuskulatur. »Die Strahlung ist das Gefährliche an der Sache. Das uns bekannte Universum ist ein vergleichsweise kleines Bläschen aus Sternen - ungefähr dreiunddreißigtausend Lichtjahre vom Kernpunkt der Galaxis entfernt. Die Novae explodierten vor mehr als zehntausend Jahren. Das bedeutet, daß die Strahlungswelle von der galaktischen Kernexplosion uns ungefähr in zwanzigtausend Jahren erreichen wird. Stimmt's?«
»Natürlich.«
»Gleichzeitig erreicht uns die subnukleare Strahlung von einer Million Novae mit der Lichtwelle.«
»Oh!«
»In zwanzigtausend Jahren werden wir jede uns bekannte Welt evakuieren müssen. Bis dahin wahrscheinlich noch viel mehr Welten, als uns bisher bekannt geworden sind.«
»Das ist eine lange Schonzeit. Wenn wir mit der Evakuierung sofort beginnen, schaffen wir das auch mit den langsamen Schiffen, die uns zur Verfügung stehen.«
»Du denkst nicht folgerichtig. Wenn wir heute in drei Tagen ein Lichtjahr hinter uns bringen, brauchen wir sechshundert Jahre, bis wir die Magellanschen Wolken erreichen!«
»Die Raumschiffe könnten doch alle Jahre irgendwo anlegen, um frischen Proviant und frische Luft an Bord zu nehmen ...«
Louis lachte bitter. »Versuche einmal, ein paar
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