Ringwelt
werden wir nicht hier herumsitzen und warten«, erwiderte der Puppetier heftig. »Ich stelle nur fest, daß ich nicht gern von hier fortgehe. Außerdem müssen wir uns entscheiden, wohin wir uns wenden wollen. Wir müssen auch unsere Ausrüstung sorgfältig auswählen. Wir können nicht alles mitnehmen!«
»Wir fliegen zum Rand der Ringmauer, die uns am nächsten liegt!« rief Teela.
»Sie hat recht«, sagte Louis. »Wenn es hier eine Zivilisation gibt, muß sie auf der Ringmauer sein. Aber in welche Richtung sollen wir uns bewegen? Ich hätte die aufsteigende Mauer von dort oben aus sehen müssen.«
»Stimmt nicht«, widersprach Nessus.
»Sie waren doch nicht dort oben, verdammt noch mal! Sie können unendlich weit sehen - Tausende von Meilen! Nur ....«
»... die Ringwelt mißt fast eine Millionen UN-Meilen von Rand zu Rand«, unterbrach ihn der Puppetier gelassen.
»Stimmt. Mir fiel es eben auch wieder ein«, sagte Louis Wu. Er senkte den Kopf. »Der Maßstab bringt mich vollkommen durcheinander. Meine Augen müssen sich erst an diese gigantischen Entfernungen gewöhnen!«
»Das ist nur eine Frage der Anpassung«, tröstete ihn der Puppetier.
»Mag sein. Aber ich bin skeptisch. Vielleicht ist mein Gehirn nicht groß genug für diese riesigen Maße. Ich habe immer noch den Ring vor Augen, als wir ihn vom All aus beobachteten. Nichts als ein schmales blaues Band. Ein Lamettafaden.« Louis erschauerte bei diesem Gedanken.
Wenn jede der beiden Mauerschalen tausend Meilen hoch war - wie nahe mußte dann Louis an sie heranfliegen, um den Rand sehen zu können? Louis überschlug in Gedanken die Möglichkeiten. Wenn er in einer mit Wasserdunst geschwängerten, staubhaltigen, erdähnlichen Atmosphäre ungefähr tausend Meilen weit sehen konnte und das Vakuum in ungefähr vierzig Meilen Höhe begann ... Dann mußte die nächste Ringmauerkante mindestens fünfundzwanzigtausend Meilen entfernt sein.
Falls man auf der Erde so weit flog, kehrte man zu seinem Ausgangspunkt zurück. Doch der nächste Ringmauerrand konnte noch viel weiter weg liegen. Er hatte nur die Mindestentfernung berechnet.
»Wir können die Liar nicht hinter unseren Flugrädern herschleppen«, meldete sich jetzt der Kzin zu Wort. »Falls wir unterwegs angegriffen werden, müßten wir die Verbindungstaue kappen. Es ist besser, wenn wir das Schiff hier in der Nähe eines markanten Geländepunktes zurücklassen.«
»Wer spricht von Abschleppen, Kzin?«
»Ein tüchtiger Ritter denkt an alles. Vielleicht müssen wir das Raumschiff abschleppen, falls wir auf dieser Ringwelt keine Helfer finden können.«
»Wir werden Helfer finden«, flötete Nessus.
»Er hat wahrscheinlich recht«, murmelte Louis. »Die Raumhäfen liegen auf dem Rand des Ringwalles. Wenn die Zivilisation auf dieser konkaven Ringinnenfläche in das Steinzeitalter zurückgefallen ist und sich die Kultur neu entwickelt, dann nur dort, wo die Raumschiffe aus dem All zurückkehren. Das ist eine logische Konsequenz.«
»Das ist eine wilde Spekulation!« widersprach der Kzin.
»Spekulation ist auch logisch.«
»Nun - ich bin geneigt, Ihnen zuzustimmen. Auch wenn die großen Geheimnisse der Ringwelt längst in der Vergangenheit begraben sind, blieben doch Maschinen im Raumhafen zurück, die wir vielleicht wieder in Betrieb setzen können.«
»Teela hatte recht. Wir sollten lieber an die Arbeit gehen und später spekulieren.«
Es folgten ein paar Stunden Plackerei. Die Besatzung suchte aus dem Geräteteil des Schiffes alles zusammen, was sie brauchen konnten. Sie sortierten die Werkzeuge und hievten schwere Güter mit Seilwinden aus der Luftschleuse des Raumschiffes. Die Gewichtsverlagerung machte ihnen zu schaffen; aber zum Glück war die Ausrüstung, die sie ausluden, kein zerbrechliches Glas.
Teela wich Louis Wu aus. Sie zog einen Schmollmund, als Louis sie fragte, was für eine Laus ihr über die Leber gelaufen sei.
»Gut, dann will ich es dir sagen«, meinte Louis mit dünnem Lächeln. »Als du ohne Raumanzug durch die Luftschleuse gestolpert bist, habe ich dich vor den Folgen deines Leichtsinns gewarnt. Knapp eine Viertelstunde später kletterst du einen Abhang aus heißer Lava hinauf - mit nackten Zehen und Pantoffeln!«
»Du wolltest doch, daß ich mir die Sohlen verbrenne!«
»Das stimmt. Schau mich nicht so entgeistert an! Wir brauchen dich, Teela - lebendig, nicht tot! Du mußt lernen, vorsichtig zu sein. Bisher fehlte dir jeder Begriff, was Vorsicht überhaupt ist! Du
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