Ringwelt
wirst dich an eine verbrannte Fußsohle viel besser erinnern als an meinen Vortrag. Dein Schmollen beweist das.«
»Du brauchst mich! Daß ich nicht lache! Du weißt, weshalb mich Nessus mitgenommen hat - als sein Maskottchen!«
»Schön - vielleicht bist du nicht das allerbeste Maskottchen. Deshalb mußt du aber nicht so ein verbiestertes Gesicht machen. Lächle mal wieder zur Abwechslung. Wir brauchen dich. Ich brauche dich zum Glücklichsein. Oder weil ich sonst Nessus vergewaltigen müßte. Wir brauchen dich für die schwere Arbeit, damit wir uns in der Sonne aalen können. Und wir brauchen dich, weil du geistreiche Vorschläge machst.«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. Doch dann brach dieses Lächeln kläglich in sich zusammen. Teela weinte an Louis' Schulter. Er strich ihr über das Haar. Es war die erste schmerzliche Erfahrung ihres Lebens.
Sie schluchzte, den Kopf an das Material seines Druckanzuges gepreßt. »Woher konnte ich denn wissen, daß das schwarze Zeug mich verbrennen wird!«
»Das Universum ist pervers. Das All ist feindselig.«
»Es hat weh getan!«
»Der Fels hat dich angegriffen. Du mußt lernen, paradox zu denken -paranoid. Denke so wie Nessus!«
»Ich kann nicht. Ich weiß nicht, wie er denkt! Ich verstehe ihn überhaupt nicht!« Sie blickte ihn mit tränennassem Gesicht an. »Ich verstehe dich nicht!«
Er strich mit den Daumen an ihren Schulterblättern entlang, dann an der Wirbelsäule hinunter. »Hör zu, Teela«, sagte er sanft. »Wenn ich jetzt sage, daß das Universum mein Feind ist - würdest du mich dann für verrückt halten?« Sie nickte heftig.
»Das Universum ist mein Feind«, sagte Louis Wu leise. »Das Universum haßt mich und bekämpft mich. Das Universum nimmt keine Rücksicht auf einen zweihundert Jahre alten Mann. Wie entwickelt sich eine Spezies? Durch die Evolution, nicht wahr? Die Evolution hat den Kzin mit einem vorzüglichen Gleichgewichtssinn und einem Sehvermögen für die Nacht ausgestattet. Die Evolution schenkte dem Puppetier den Fluchtreflex, der Gefahr sofort den Rücken zuzudrehen. Die Evolution schaltet den Sex beim Menschen ab, wenn er fünfzig oder sechzig Jahre alt wird. Dann ist es Schluß mit der Evolution des Menschen. Die Evolution interessiert sich nicht mehr für einen Organismus, der zu alt für die Fortpflanzung ist. Kannst du mir folgen?«
»Ja - du bist zu alt für die Fortpflanzung«, spottete sie mit Tränen in den Augen.
»Richtig. Vor ein paar Jahrhunderten knackten ein paar Biologen die Gene des Jakobskreuzkrautes und produzierten daraus ein Lebenselixier. Als Folge dieser Pioniertat bin ich jetzt zweihundert Jahre alt und immer noch gesund. Aber ich bin nicht gesund, weil das Universum mich liebt. Nein, das Universum haßt mich. Es hat schon oft versucht, mich umzubringen. Ich wünschte, ich könnte dir meine Narben zeigen.«
»Weil du zu alt bist, dich fortzupflanzen!«
»Weil du nicht weißt, wie man sich selbst schützt, Mädchen! Wir befinden uns auf unbekanntem Territorium. Wir kennen die Gesetze nicht, die auf diesem Planeten herrschen. Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Wenn du noch einmal probierst, mit bloßen Füßen auf heißer Lava spazierenzugehen, wirst du dir schlimmere Wunden holen als nur eine verbrannte Sohle! Sei vorsichtig! Verstehst du mich?«
»Nein«, rief Teela leidenschaftlich, »nein!«
Teela wusch sich in der Kabine das Gesicht, und dann trugen sie gemeinsam das Flugrad in die Luftschleuse. Eine halbe Stunde lang hatten die beiden Fremdlinge sich nicht mehr um die Menschen gekümmert. Ahnten die beiden, daß sie rein menschliche Probleme bewältigen mußten?
Zwischen zwei gewaltigen Schollen aus schwarzer Lava dehnte sich eine Furche aus eisglattem, schmutziggrauem Stoff spinwärts, bis sie sich in der Unendlichkeit verlor. Im Vordergrund lag eine riesige gläserne Kathodenröhre mit der Nase nach unten. Unter der gekrümmten Außenhaut waren Maschinen und Geräte aufgestapelt, und daneben warteten vier winzige Gestalten, die sich unendlich verloren vorkamen.
»Wie steht es mit dem Trinkwasser?« fragte Louis. »Müssen wir einen Wasservorrat mitnehmen? Ich habe weit und breit keine Süßwasserquelle entdecken können.«
»Nein.« Nessus öffnete die Heckpartie seines Flugrades und deutete auf den Wassertank mit dem Kühlextraktor, der der Luft Kondenswasser entzog.
Diese »Flugräder« waren wahre Wunderwerke eines raumsparenden Flugzeugmodelles. Abgesehen von den individuell geformten
Weitere Kostenlose Bücher