Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Titel: Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hollow Skai
Vom Netzwerk:
Compilations mit den geilsten NDW ODER Pappnasen-Hits freigegeben. Rios Erben konnten von den Tantiemen und Lizenzen zumindest doch das Rio-Reiser-Archiv in Berlin und das Rio Reiser Haus in Fresenhagen unterhalten.
    In Hanno Brühls Dokumentarfilm Orte des Glücks war Rio einst zu sehen, wie er in der Badewanne saß und in der Bibel las. Als die Bremer Shakespeare Company das Stück Rio Reiser – Der Kampf ums Paradies aufführen wollte, um »die Widersprüche zwischen politischem Anspruch, individuellem Glücksanspruch und dem als Musiker« nachfühlbar und befragbar zu machen, protestierten Rios Brüder und Musiker der Scherben jedoch während der Proben, um »eine realitätsnähere Darstellung« ihrer Lebensweise durchzusetzen. Rios Homosexualität spielte dabei allerdings nicht, wie kolportiert wurde, eine Rolle; kritisiert wurde vielmehr, dass Rio als Fixer dargestellt wurde – der er nie war – und in der Badewanne dahinsiechte.
    Aus der Auseinandersetzung mit diesem Stück entwickelten Jens Hasselmann und Sebastian Mirow später die Nahaufnahme Stiller Raum ; Hasselmann spielte zudem Lanrue in Heiner Kondschaks König von Deutschland – für immer und dich , das mit großem Erfolg am Landestheater Württemberg-Hohenzollern in Tübingen lief.
    Franz Wittenbrink und Frank Castorf inszenierten im Schauspielhaus Hannover Brüder zur Sonne zur Freiheit , einen »Arbeiterliederabend ohne Verdi«, aber mit Liedern von Rio. Anlässlich eines Gastspiels im Rahmen der Ruhrfestspiele wies Castorf darauf hin, »dass alle Welt jetzt wieder den Rio Reiser von Macht kaputt, was euch kaputt macht entdeckt, nicht mehr nur den Rio Reiser von Junimond . Vielleicht ist es nur eine revolutionäre Phrase wie ein Che-Guevara-T-Shirt, aber dass man überhaupt wieder anders denken will, dass man eine andere Wildheit versucht für sich zu forcieren, das ist mir nicht unsympathisch. Diese Dekadenz, in der wir im Theater wohl versorgt leben, die kotzt einen irgendwann so an, dass man wieder an das Schwarzbrot will.«
    Die »überraschende Erkenntnis«, dass Georg Büchner und Rio Reiser »sich derart blendend verstehen«, versöhnte hingegen das Hamburger Abendblatt mit dem »Überangebot an Pathos«, das die Theatertruppe Elfen im Park 2004 an den Tag gelegt hatte, als sie ihr Gartenmusical Leonce und Lena im Hamburger Wohlerspark mit Songs von Rio Reiser unterbrach.
    Ebenfalls in Hamburg, aber im Schauspielhaus, sang Jan Plewka, begleitet von der Schwarz-Roten Heilsarmee, Rios Lieder. »Er hat das so wunderbar gemacht, so zärtlich und ehrlich und fröhlich und herzlich, dass man ihn nach dem Konzert hätte umarmen mögen«, begeisterte sich Jan Oberländer nach einem Gastspiel im Berliner Festspielhaus. »An Reisers Traum von einer neuen Welt, in der niemand Macht hat und alles allen gehört«, mochte Oberländer nicht mehr so recht glauben. Mit Rios Liebesliedern habe der ehemalige Sänger der Deutsch-Rock-Band Selig aber sein Vorbild erreicht – »mit dem Herz auf der Zunge«.
    Das konnte man von dem Kinofilm Der Traum ist aus oder Die Erben der Scherben leider nicht sagen. Regisseur Christoph Schuch stellte darin zwar aktuellen Rock-Bands die Frage, »was am Beginn des 21. Jahrhunderts von ihrem Engagement für eine klassenlose Gesellschaft und den Ideen von 1968 übrig geblieben« sei, die meisten konnten sie aber nicht beantworten, weil sie zum Teil mit Rios Werk auch nicht sonderlich vertraut waren.
    In der Musikzeitschrift Sounds waren die Scherben einst als »Sloganmaschine der linken Bewegungen« bezeichnet worden. In Gregor Schnitzlers Komödie Was tun, wenn’s brennt über sechs ehemalige Kreuzberger Hausbesetzer tauchten ihre Parolen Keine Macht für Niemand und Macht kaputt, was euch kaputt macht nun als Grafitti an Hauswänden auf. Die Anfangsszene von Volker Schlöndorffs Terroristen-Epos Die Stille nach dem Schuss zeigte ein Scherben-Cover neben einer Marx-Büste, einem Hendrix-Poster und einem Brecht-Gedicht. In Hans-Christian Schmids Porträt 23 des Computerhackers Karl Koch hört der den Rauch-Haus-Song ; bei der Beerdigung des echten Karl Koch wurde hingegen Wenn die Nacht am tiefsten auf einem mitgebrachten Kassettenrekorder abgespielt. Und in Fatih Akins wunderbarem Kinofilm Solino durfte natürlich ein Scherben-Song ebenfalls nicht fehlen – Ich will nicht werden, was mein Alter ist .
    Wie tief Rios »Allerweltsparolen« mittlerweile im Alltagsbewusstsein verankert sind, zeigte sich Anfang Oktober 2004,

Weitere Kostenlose Bücher