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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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plötzlich verschwunden war. »Das letztemal habe ich ihn beim Lunch gesehen«, berichtete Mme. Annette. »Danach ist er dann mit M. Tome fortgefahren.«
Offensichtlich war es ihr entfallen, daß sie nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, wie M. Murchison das Haus verließ.
»Kann ich noch etwas tun, M. Tome?« fragte Mme. Annette.
Doch es gab nichts weiter zu tun, und Mrs. Murchison hatte anscheinend auch keine Fragen mehr. Zögernd verließ Mme. Annette das Zimmer.
»Bitte sagen Sie mir: was glauben Sie, was meinem Mann passiert ist?« Mrs. Murchison blickte erst Heloise und dann Tom an.
»Wenn ich etwas sagen sollte«, meinte Tom, »ich möchte annehmen, jemand hat gewußt, daß er ein wertvolles Bild bei sich hatte. Nicht gerade enorm wertvoll, aber immerhin ein Derwatt. Vermutlich hat Ihr Mann das doch mehreren Leuten in London erzählt. Vielleicht hat jemand versucht, ihn zusammen mit dem Bild zu entführen, und dabei ist er zu weit gegangen und hat ihn getötet. Dann muß die Leiche irgendwo versteckt worden sein. Oder: er ist am Leben und wird irgendwo gefangengehalten.«
»Aber das deutet dann doch darauf hin, als habe mein Mann recht gehabt mit seiner Annahme, daß ›Die Uhr‹ eine Fälschung ist. Sie sagen ja selbst, das Bild ist nicht allzu wertvoll, vielleicht weil es nicht sehr groß ist. Vielleicht versucht jemand, die ganze Sache mit den Fälschungen zu vertuschen –?«
»Ja, aber ich glaube eben nicht, daß sein Bild gefälscht war. Und er selber hatte auch Zweifel, als er von mir fortging. Ich sagte ja schon zu Webster, ich glaube nicht, daß Tommy überhaupt noch beabsichtigte, ›Die Uhr‹ dem Londoner Experten zu zeigen. Gefragt habe ich ihn nicht, soweit ich mich entsinne. Aber ich hatte den Eindruck, er habe sich umbesonnen, nachdem er meine beiden Bilder gesehen hatte. Ich kann mich natürlich irren.«
Schweigen. Mrs. Murchison überlegte anscheinend, was sie jetzt fragen oder sagen sollte. Wichtig waren ja wohl noch die Leute von der Galerie Buckmaster, und nach denen mochte sie ihn anscheinend nicht fragen.
Draußen fuhr das Taxi vor.
»Ich danke Ihnen sehr, Mr. Ripley, und Ihnen auch, Madame«, sagte Mrs. Murchison. »Vielleicht melde ich mich noch einmal, wenn –«
»Jederzeit«, sagte Tom herzlich und führte sie hinaus zum Wagen.
Als er gleich darauf ins Wohnzimmer zurückkam, ging er langsam bis zum Sofa und ließ sich darauf fallen. Die Polizei in Melun würde Mrs. Murchison auch nichts Neues berichten können, sonst hätte man ihm das bestimmt schon erzählt. Er wußte von Heloise, daß von dort niemand angerufen hatte während seiner Abwesenheit. Wenn die Polizei Murchisons Leiche in der Loing gefunden hatte oder wo sonst das war, dann – »Du bist nervös, chéri«, sagte Heloise. »Komm, trink etwas.«
»Ja, das kann ich tun«, stimmte er zu und füllte ein Glas. Die Londoner Zeitungen, die Tom auf dem Flug gesehen hatte, hatten nichts davon erwähnt, daß Derwatt noch einmal in London aufgetaucht war. Für die Engländer war das anscheinend nicht allzu wichtig. Tom war froh darüber, denn sonst hätte Bernard, wo immer er war, gewußt, daß Tom dem Grabe entstiegen war, und das wollte er nicht. Über den Grund war er sich selber nicht klar. Es hing auf irgendeine Weise zusammen mit dem, was Tom für Bernards Schicksal hielt.
»Du, Tome, die Berthelins möchten gern, daß wir heute abend um sieben zum Aperitif zu ihnen kommen. Das würde dir guttun. Ich habe gesagt, du wärst vielleicht hier.«
Die Berthelins wohnten in einer kleinen Stadt, sieben Kilometer entfernt. »Kann ich –« Das Telefon unterbrach Tom. Er machte Heloise ein Zeichen, den Hörer abzunehmen.
»Soll ich irgend jemand sagen, daß du hier bist?«
Er freute sich über ihre Fürsorge und sagte lächelnd: »Ja. Und wahrscheinlich ist es Noëlle, die dich fragen will, was sie Dienstag anziehen soll.«
»Oui. Yes. Bonjour. Moment bitte.« Sie lächelte ihren Mann an und gab ihm den Hörer. »Ein Engländer, der versucht, Französisch zu sprechen.«
»Hallo, Tom, hier ist Jeff. Ist alles in Ordnung?«
»Tadellos.«
Bei Jeff offenbar nicht; er stotterte wieder, und er sprach hastig und leise. Tom mußte ihn bitten, lauter zu sprechen.
»Ich hab gesagt, Webster hat wieder nach Derwatt gefragt. Wo er ist, und ob er abgereist ist.«
»Was hast du gesagt?«
»Daß wir nicht wüßten, ob er noch hier ist oder nicht.«
»Hör zu, du könntest – du könntest ihm sagen, daß er dir deprimiert vorkam und vielleicht eine

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