Ripley Under Ground
drei Jahre alt«, sagte Murchison und drehte sein Bild herum, damit alle es sehen konnten. »Ich habe die Unterschrift und das Datum in Amerika analysieren lassen. Sie sehen, so viel Mühe habe ich mir immerhin gemacht.« Er lächelte.
»Ich verstehe nicht ganz, wo die Schwierigkeit liegt«, sagte Tom. »Ich habe es in Mexiko gemalt, und wenn das Datum in meiner Schrift darauf steht, dann stimmt es auch.«
Murchison blickte Jeff an. »Mr. Constant, Sie sagten, Sie hätten ›Die Uhr‹ in einer Sendung zusammen mit zwei anderen Bildern erhalten?«
»Ja. Mir fällt gerade ein – die beiden andern sind auch hier, es sind Leihgaben der Londoner Eigentümer. Das eine ist ›Die gelbe Scheune‹ und das andere – weißt du noch das andere, Ed?«
»Ich glaube, es war ›Vogelperspektive‹, nicht?«
An Jeffs Kopfnicken erkannte Tom, daß das stimmte. Oder Jeff war ein guter Schauspieler.
»Ja, das war´s«, sagte Jeff.
»Die haben eine andere Technik. Da ist auch Purpur drin, aber das ist eine Mischung aus verschiedenen Farben. Die beiden, die Sie eben erwähnten, sind echt. Jedenfalls sind sie echte spätere Bilder.«
Hier irrte Murchison: auch diese Bilder waren Fälschungen. Tom kratzte sich sehr vorsichtig den Bart. Er behielt seine gelassene und leicht belustigte Miene bei.
Murchison blickte von Jeff zu Tom. »Sie halten mich sicher für anmaßend. Aber Derwatt, ich will Ihnen sagen: Ihre Bilder sind gefälscht. Ich gehe sogar noch weiter und wette jede Summe mit Ihnen, daß ›Die Uhr‹ nicht von Ihnen stammt.«
»Aber Mr. Murchison«, sagte Jeff, »das läßt sich doch sehr leicht beweisen mit –«
»Mit einer Empfangsbestätigung für eine bestimmte Anzahl Bilder in einem bestimmten Jahr? Bilder aus Mexiko, die vielleicht noch nicht mal benannt sind? Wenn Derwatt ihnen gar keinen Namen gibt?«
»Die Galerie Buckmaster ist der einzig berechtigte Händler für Derwatts Werke. Und das Bild haben Sie von uns gekauft.«
»Das weiß ich. Und ich beschuldige weder Sie noch – Derwatt. Ich sage nur: ich halte dieses Bild nicht für einen Derwatt. Was da geschehen ist, kann ich Ihnen auch nicht sagen.« Murchison blickte von einem zum andern, etwas verlegen von der eigenen Vehemenz, aber vollkommen überzeugt und sicher. »Nach meiner Theorie ist es ausgeschlossen, daß ein Maler jemals zu einer früheren Farbe oder Farbkombination zurückkehrt, wenn er einmal umgeschwenkt ist zu so einer subtilen und doch so gravierenden Farbe, wie es das Lavendelblau in allen Gemälden von Derwatt ist. Habe ich recht, Derwatt?«
Tom seufzte und fuhr sich mit dem Zeigefinger über den Schnurrbart. »Ich weiß es nicht. Sie sind sicher mehr Theoretiker als ich, glaube ich.«
Pause. Dann fragte Jeff:
»Mr. Murchison, was sollen wir jetzt also tun? Was möchten Sie? Daß wir Ihnen das Geld zurückerstatten? Dazu sind wir gern bereit. Derwatt hat das Bild soeben – soeben verifiziert, und offen gesagt: heute ist es mehr wert als zehntausend Dollar.«
Tom hoffte, Murchison werde auf den Vorschlag eingehen, aber dazu war er nicht der Mann. Murchison ließ sich Zeit, schob die Hände in die Hosentaschen und betrachtete Jeff. »Danke schön, aber an dem Geld liegt mir nicht so viel wie an meiner Theorie. An meinem Urteil. Ich bin jetzt in London, wo es sicher ebenso gute Kenner von Gemälden gibt wie sonst irgendwo in der Welt, vielleicht sogar die besten, und deshalb werde ich ›Die Uhr‹ einem Fachmann zur Prüfung übergeben, der sie mit einigen – ganz einwandfreien Derwatts vergleichen wird.«
»Schön«, sagte Tom bereitwillig.
»Vielen Dank, daß ich Sie aufsuchen durfte, Derwatt. Hat mich sehr gefreut.« Murchison streckte ihm die Hand entgegen, die Tom herzlich drückte.
»Mich ebenfalls, Mr. Murchison.«
Er half beim Einpacken des Bildes und holte noch Bindfaden herbei, weil der alte zerschnitten war und nicht mehr reichte.
»Kann ich Sie über die Galerie hier erreichen?« fragte der Amerikaner Tom. »Morgen vielleicht?«
»O ja – hier wissen sie sicher, wo ich bin.«
Als Murchison gegangen war, stießen Jeff und Ed einen tiefen Seufzer aus.
»Also: wie ernsthaft ist die Sache?« fragte Tom.
Jeff verstand mehr von Bildern. Er sprach zuerst, mit einiger Mühe. »Wenn er einen Experten hinzuzieht, wird es bedenklich, glaube ich. Und das wird er tun. Er kann recht haben mit dem Rotblau. Es kann ein Anfang sein, der zu Schlimmerem führt.«
Tom sagte: »Jeff, können wir nicht wieder in dein Atelier gehen? Kannst du mich aus der
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