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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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sie hatten nur einen sehr eigenen Begriff von dem Respekt, mit dem sie behandelt zu werden wünschten. Das Thema erwies sich als nicht sehr ergiebig, denn ein gewisses Maß an Respekt verlangte jede Frau, und obwohl Tom Heloises Art sehr gut kannte, war er unfähig, sie in Worten auszudrücken.
Das Telefon klingelte, und Tom sagte: »Entschuldigen Sie, aber ich möchte oben in meinem Zimmer sprechen.« Er lief die Treppe hinauf. Sollte Murchison doch annehmen, es sei Heloise, und er wolle allein mit ihr reden.
»Hallo?« fragte er. »Edoardo? Wie geht es Ihnen? Da habe ich ja Glück, daß ich Sie erreicht habe . . . ja, hat mir jemand erzählt. Ein gemeinsamer Freund in Paris rief mich heute an und sagte, Sie seien in Mailand . . . Wie ist es, können Sie mich besuchen? Sie wissen doch, Sie haben es versprochen.«
Der Graf war ein Bonvivant, der sich jederzeit gern vom Geschäft (Export-Import) ablenken ließ. Einen Augenblick zögerte er, dann stimmte er begeistert zu und versprach, seine Pläne zu ändern und nach Villeperce zu kommen. »Aber heute abend nicht mehr. Morgen. Paßt Ihnen das?«
Das war Tom durchaus früh genug; er übersah noch nicht, was für Probleme ihm Murchison noch stellen würde. »Ja, es ginge auch Freitag . . .«
»Donnerstag«, sagte der Graf bestimmt, der nicht verstand, worum es ging.
»Gut, Donnerstag. Ich werde Sie in Orly abholen. Um welche Zeit?«
»Die Maschine kommt um – Moment bitte.« Der Graf brauchte einige Zeit zum Nachsehen, nahm dann den Hörer wieder auf und sagte: »Um fünf Uhr fünfzehn kommen wir an. Flug Nummer drei-null-sechs Alitalia.«
Tom notierte. »Gut, ich komme hin. Ich freue mich sehr auf Sie, Edoardo.«
Dann ging Tom wieder hinunter zu Murchison. Sie nannten einander jetzt Tom, obwohl Murchison, wie er sagte, von seiner Frau Tommy genannt wurde. Er war Ingenieur für Maschinenbau in einem Werk für Rohrleitungen mit dem Hauptsitz in New York. Murchison war einer der Direktoren.
Sie machten einen Gang durch Toms Hintergarten, der in den Wald überging. Tom fand Gefallen an Murchison. Es mußte doch möglich sein, ihn zu überzeugen, ihn umzustimmen! Was sollte er bloß tun?
Beim Essen erzählte Murchison von irgendeiner völlig neuen Methode in seiner Firma, Rohrleitungstransport von verpackten Waren, und zwar alles und jedes in Behältern von Konservendosenformat, und Tom überlegte indessen, ob er Jeff und Ed anweisen sollte, von irgendeiner mexikanischen Speditionsfirma ein paar Briefbogen zu besorgen, auf denen man Derwatts Bilder anführen konnte. Wie lange konnte so was dauern? Ed war Journalist, der müßte doch so eine bürotechnische Aufgabe ausführen können; die Bogen mußte man auf den Fußboden legen, und dann müßten Leonard und Jeff ein paarmal darauf herumgehen, damit sie fünf oder sechs Jahre alt aussahen. Das müßte doch gehen? – Das Essen war ausgezeichnet, und Murchison lobte – in ganz annehmbarem Französisch – Mme. Annettes mousse und auch den Brie.
»Wir wollen den Kaffee drüben im Wohnzimmer trinken«, sagte Tom zu Mme. Annette. »Und würden Sie uns auch den Brandy bringen?«
Im Wohnzimmer war das Feuer angezündet. Tom und Murchison nahmen auf dem großen gelben Sofa Platz.
»Eigentlich komisch«, begann Tom, »aber ich habe den ›Mann im Sessel‹ genauso gern wie ›Die Roten Stühle‹. Wenn es überhaupt eine Fälschung ist. Merkwürdig, was?« Noch immer redete Tom mit dem mittelwestlichen Akzent. »Sie sehen, das Bild hat den Ehrenplatz hier im Haus.«
»Nun – Sie wußten ja auch nicht, daß es gefälscht ist!« Murchison lachte gutgelaunt. »Es wäre wirklich sehr, sehr interessant zu wissen, wer hier fälscht.«
Tom streckte die Beine lang aus und stieß den Rauch aus seiner Zigarre. Jetzt kam seine letzte und beste Karte. »Wäre es nicht ein tolles Stück, wenn sämtliche Derwatts in der Galerie Buckmaster, die wir gestern gesehen haben, von einem Fälscher stammten? Das heißt mit anderen Worten: von einem Mann, der ebenso gut ist wie Derwatt?«
Murchison lächelte. »Und Derwatt – was macht der so lange? Läßt sich alles gefallen und rührt sich nicht? Nein, seien Sie nicht kindisch, Tom. Derwatt war ganz so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Bißchen altmodisch und sehr reserviert.«
»Haben Sie mal daran gedacht, Fälschungen zu sammeln? In Italien kenne ich einen Mann, der sie sammelt. Erst war es nur ein Hobby, und jetzt verkauft er sie zu ganz anständigen Preisen an andere Sammler.«
»O ja, davon

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