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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Noëlle die Männer gerne verspeist.
    »Morgen, Tom.« Lächelnd kam Ed die Treppe herunter, die Wangen gerötet, wie öfter bei ihm ohne erkennbaren Grund – Tom war das aufgefallen, er sah darin eine englische Eigenart.
    »Morgen, Ed«, erwiderte er. »Noch ein schöner Tag! Wir haben Glück.« Tom zeigte auf den Tisch in der Eßnische, der für zwei gedeckt war, übers Eck und doch so, daß sie bequem sitzen konnten. »Stört dich die Sonne? Ich kann den Vorhang zuziehen.«
    »Ich mag das«, sagte Ed.
    Madame Annette brachte Orangensaft, warme Croissants und frischen Kaffee.
    »Ein gekochtes Ei vielleicht, Ed?« fragte Tom. »Oder pochiert? Ich denke, in diesem Haus bekommen wir alles hin.«
    Ed lächelte. »Danke, kein Ei. Ich weiß, wieso du so gut gelaunt bist: Héloïse ist in Paris, sie kommt dann wohl heute nach Hause.«
    Tom grinste breit: »Hoffentlich. Wahrscheinlich. Wenn nicht in Paris etwas ganz Verlockendes läuft. Wüßte nicht, was, nicht mal eine gute Varietéshow – die mag sie, und Noëlle auch. Ich glaube, Héloïse wird jeden Moment anrufen. Ach, heute morgen kam eine Karte von ihr. Aus Marrakesch, hat zehn Tage gebraucht!« Tom lachte. »Probier die Orangenmarmelade. Madame Annette macht sie selber.«
    »Danke. – Der Briefträger – kommt der vor jenem Haus zuerst hierher?« fragte Ed kaum hörbar.
    »Das weiß ich nicht, ehrlich gesagt. Zuerst hierher, nehme ich an. Vom Zentrum nach außen. Keine Ahnung.« Tom sah sein besorgtes Gesicht. »Ich dachte, wir könnten heute vormittag, sobald wir von Héloïse gehört haben, nach Moret-sur-Loing fahren. Hübsche Kleinstadt.« Tom verstummte. Er hatte eigentlich noch sagen wollen, dort wolle er den Ring in den Fluß werfen. Doch lieber nicht: Je weniger Ed auf der Seele lag, was ihm angst machte, desto besser.
    Danach schlenderten sie über den Rasen vor den Flügelfenstern. Amseln pickten nach Futter, zeigten kaum Argwohn; ein Rotkehlchen musterte sie unverwandt, eine schwarze Krähe flog über sie hinweg. Bei ihrem häßlichen Schrei verzog Tom das Gesicht, wie bei mißtönender Musik.
    »Kraa-kraa-kraa!« ahmte er sie nach. »Manchmal nur zweimal Kraa, das ist noch schlimmer – ich warte auf das dritte Mal wie auf den berühmten zweiten Schuh, der fallen muß . Apropos –«
    Im Haus klingelte das Telefon, sie hörten es gerade noch.
    »Wahrscheinlich Héloïse. Du entschuldigst mich.« Tom lief ins Haus und sagte: »Schon in Ordnung, Madame Annette – ich gehe dran.«
    »Hallo, Tom! Hier ist Jeff. Wollte nur mal hören, wie die Lage ist.«
    »Nett von dir, Jeff. Die Lage – nun ja…« Ed kam leise durch die Flügeltür ins Wohnzimmer. »Bislang eher ruhig.« Er zwinkerte Ed nachdrücklich zu und verkniff sich ein Grinsen. »Gibt nichts Aufregendes zu berichten. Willst du kurz mit Ed sprechen?«
    »Wenn er in der Nähe ist, ja. Doch vorher noch eins: Vergiß nicht, ich bin bereit, jederzeit rüberzufliegen. Ich hoffe, du würdest nicht zögern und dich bei mir melden.«
    »Danke, Jeff. Ich weiß das zu schätzen. Also, ich gebe dich weiter.« Tom legte den Hörer auf den Tisch in der Diele. »Wir sind die ganze Zeit zu Hause gewesen – nichts ist passiert«, flüsterte er Ed im Vorbeigehen zu. Und: »Ist besser so«, als der andere zum Hörer griff.
    Tom schlenderte am gelben Sofa vorbei zu den hohen Flügelfenstern und blieb stehen, fast außer Hörweite. Dennoch vernahm er, wie Ed sagte: »Im Westen nichts Neues« – an der Ripley-Front sei alles ruhig, das Haus sei schön, das Wetter auch.
    Tom sprach mit Madame Annette über das Mittagessen: Anscheinend werde Madame Héloïse nicht rechtzeitig eintreffen, also wären es nur Monsieur Banbury und er. Er wollte gleich Madame Héloïse anrufen, im Pariser Apartment von Madame Hassler, und fragen, wie ihre Pläne aussähen.
    In diesem Moment klingelte das Telefon.
    »Das muß Madame Héloïse sein!« rief Tom und ging an den Apparat. »Hallo?«
    »’allô, Tomme!« Agnès Grais’ vertraute Stimme. »Wissen Sie schon das Neueste?«
    »Nein. Was ist passiert?« Tom sah, daß Ed aufhorchte.
    » Les Prichards – man hat sie heute morgen tot aufgefunden. Im Gartenteich!«
    »Tot?«
    »Anscheinend ertrunken. Heute morgen – na ja, hat uns ziemlich mitgenommen! Sie kennen Robert, den Jungen der Leferres?«
    »Bedaure, nein.«
    »Er geht auf dieselbe Schule wie Edouard. Na, also, Robert kam heute morgen vorbei, er hat Tickets für eine Tombola verkauft – er und sein Freund, wie der

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