Ripley Under Water
wie sonst bei seiner Frau, aber wahrscheinlich würde sie an den Apparat gehen, falls es bei ihm klingelte.
Héloïse war in ihrem Zimmer am Auspacken. Tom fielen ein paar Baumwollblusen auf, die er noch nicht kannte.
» Tomme, gefällt dir das?« Sie hielt einen Rock an die Taille, längs gestreift in Lila, Grün und Rot.
»Auffallend anders«, sagte Tom.
»Genau! Deshalb ja. Und dieser Gürtel? Dann hab ich noch etwas für Madame Annette. Kann ich –«
»Chérie«, unterbrach Tom sie, »ich muß dir etwas sagen. Ist ziemlich unangenehm.« Jetzt hörte sie aufmerksam zu. »Du erinnerst dich doch an die Pritchards…«
»Ach, die Prichards«, wiederholte sie, als finde sie die beiden langweiliger oder häßlicher als sonstwen auf der Welt.
»Sie…« Tom tat es weh, das laut zu sagen, obwohl Héloïse die Pritchards nicht ausstehen konnte, wie er wußte. »Sie hatten einen Unfall – oder haben Selbstmord begangen. Keine Ahnung, was es war, aber die Polizei weiß es vermutlich.«
»Sie sind tot ?« staunte Héloïse mit offenem Mund.
»Agnès Grais hat es mir heute morgen erzählt. Am Telefon. Man hat sie in diesem Gartenteich gefunden – weißt du noch? Wir haben ihn gesehen, als wir uns das Haus anschauten.«
»Ach ja, ich erinnere mich.« Sie stand da, den braunen Gürtel in den Händen.
»Kann sein, daß sie ausgerutscht sind, oder daß einer den anderen hineingezogen hat. Ich weiß auch nicht. Und der Grund ist schlammig – de la boue. Womöglich kommt man da schwer wieder raus.« Bei den Worten verzog Tom das Gesicht, als hätte er Mitleid mit den Pritchards, dabei war es das schiere Grauen jenes Ertrinkens im Schlamm: unter den Füßen nichts als weicher Matsch, der Schlamm in den Schuhen. Die Vorstellung, zu ertrinken, war ihm zuwider. Tom sprach weiter, berichtete Héloïse von den zwei Jungen, die Tombolatickets verkaufen wollten und zu Tode erschrocken zu den Grais’ gerannt waren, mit der Nachricht, sie hätten zwei Leichen im Teich entdeckt.
»Sacrebleu!« flüsterte Héloïse. Sie sank auf die Bettkante. »Und Agnès hat die Polizei gerufen?«
»Bestimmt. Und dann – keine Ahnung, woher sie das weiß, oder ich hab’s vergessen – hat die Polizei unter den Pritchards ein Gerippe gefunden. Menschenknochen.«
»Quoi?!« Vor Entsetzen stockte ihr der Atem. »Knochen?«
»Seltsam waren die, eigenartig. Die Pritchards, meine ich.« Nun setzte sich auch Tom in einen Sessel. »All das ist nur ein paar Stunden her, chérie. Wir werden später wohl mehr erfahren. Aber ich wollte es dir sagen, bevor Agnès oder jemand anders das tut.«
»Ich sollte sie anrufen. Die Grais’ sind so dicht dran! Aber dieses Gerippe… Ich frage mich: Was hatten sie damit vor?«
Tom schüttelte den Kopf, stand auf: »Und was wird man sonst noch in dem Haus finden? Folterwerkzeuge? Ketten? Die zwei gehören in den Krafft-Ebing! Vielleicht findet die Polizei noch mehr Knochen.«
»Wie schrecklich – von Leuten, die sie ermordet haben?«
»Wer weiß?« Das wußte Tom wirklich nicht; er hielt es für möglich, daß sich unter Pritchards Schätzen Menschenknochen finden würden, die er irgendwo ausgegraben hatte – oder die womöglich jemandem gehörten, den er um die Ecke gebracht hatte. Pritchard war ein guter Lügner. »Vergiß nicht, David Pritchard hat es Spaß gemacht, seine Frau zu schlagen. Andere Frauen vielleicht auch.«
»Tomme!« Héloïse schlug die Hände vors Gesicht.
Er ging zu ihr, zog sie an sich, die Arme um ihre Taille gelegt. »Das hätte ich nicht sagen sollen. Doch möglich ist es, mehr nicht.«
Sie klammerte sich an ihn. »Ich dachte, dieser Nachmittag könnte… uns gehören. Aber nicht mit dieser schrecklichen Geschichte!«
»Uns bleibt ja noch die Nacht, und später alle Zeit der Welt. Ich weiß, du willst mit Agnès sprechen, Liebes. Danach rufe ich Jeff an.« Tom löste sich von ihr. »Hast du ihn nicht einmal in London getroffen? Ein bißchen größer als Ed, ebenfalls blond?« Er wollte sie jetzt nicht daran erinnern, daß Jeff und Ed die Galerie Buckmaster begründet hatten, genau wie er selbst, denn dann würde sie an Bernard Tufts denken – Héloïse war nie mit ihm warm geworden, weil Bernard unübersehbar verrückt und absonderlich gewesen war.
»Den Namen kenne ich. Ruf du zuerst an. Agnès wird mehr wissen, wenn ich ein bißchen warte.«
»Stimmt.« Tom lachte. »Übrigens: Madame Annette hat das mit dem Teich natürlich heute morgen schon erfahren, von ihrer
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