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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Amerika, mit der Murchison noch aus London telefoniert haben mußte, vor dem Flug nach Paris und der Fahrt nach Villeperce, war Tom der letzte, der Murchison nachweislich gesehen hatte.
    Tom dachte, diese Nacht könnten ihn unangenehme Träume plagen – Träume von Murchison, wie er auf dem Kellerboden in einer Lache aus Blut und Wein zusammenbrach, oder von Bernard Tufts, wie er sich in seinen abgelaufenen Schnürstiefeln zur Kante eines Felsens bei Salzburg schleppte und verschwand. Aber nein: So launisch und unlogisch waren Träume und Unterbewußtsein, daß Tom unbeschwert schlief und am nächsten Morgen besonders frisch und munter erwachte.

5
    Nach Dusche und Rasur zog Tom sich an und ging kurz nach halb neun hinunter. Der Morgen war sonnig, doch noch nicht warm, und die Birkenblätter flirrten blinkend in der lieblichen Brise. Madame Annette war selbstverständlich schon auf und stand in der Küche; ihr kleines Kofferradio, das seinen festen Platz neben dem Brotkasten hatte, lief wegen der Nachrichten und der Pop-und-Plapper-Programme, von denen es im französischen Radio mehr als genug gab.
    » Bonjour, Madame Annette«, sagte Tom. »Ich dachte, weil Madame Hassler wahrscheinlich heute morgen abreist, wir könnten herzhaft frühstücken. Pochierte Eier?« »Poché« stand in seinem Wörterbuch, allerdings nicht nur in bezug auf Eier. » Œufs dorlotés? Wissen Sie noch, wieviel Mühe ich hatte, das zu übersetzen? Pochiert, in den kleinen Porzellanbechern mit Schraubverschluß. Ich weiß, wo sie sind.« Tom holte sie aus einem Schrank. Sie hatten sechs davon, ein Set.
    »Ah oui, M’sieur Tomme! Je me souviens. Quatre minutes.«
    »Mindestens. Doch erst frage ich die Damen, ob sie welche wollen. Ah ja, mein Kaffee! Kommt wie gerufen.« Tom wartete ein Weilchen, während Madame Annette Wasser aus ihrem allzeit bereiten Kessel in seine Filterkanne goß. Die trug er dann auf einem Tablett ins Wohnzimmer.
    Tom liebte es, einen Kaffee im Stehen zu trinken und dabei auf den Rasen hinter dem Haus zu schauen. Dabei konnte er seine Gedanken schweifen lassen und überlegen, was im Garten zu tun war.
    Ein paar Minuten später stand er bei seinen Kräutern und schnitt ein bißchen Petersilie, für den Fall, daß die pochierten Eier genehm sein sollten. Man gab etwas kleingeschnittene Petersilie mit Butter, Salz und Pfeffer in die Becher mit den rohen Eiern, schraubte die Deckel darauf und ließ die Dinger im heißen Wasserbad sachte sieden.
    » ’allô, Tomme! Schon bei der Arbeit? Guten Morgen!« Noëlle, in schwarzen Baumwollhosen, Sandalen und einem purpurroten Hemd. Ihr Englisch war nicht schlecht, doch mit ihm sprach sie fast immer französisch.
    »Morgen. Ja, Schwerstarbeit.« Er hielt ihr das Petersiliensträußchen hin. »Magst du probieren?«
    Sie nahm einen Sproß und knabberte daran. Noëlle hatte schon himmelblauen Lidschatten und hellen Lippenstift aufgelegt. » Ah, délicieux. Weißt du«, fuhr sie auf französisch fort, »gestern abend haben Héloïse und ich nach dem Essen davon geredet: Ich könnte euch in Tanger treffen, sobald ich ein paar Sachen in Paris erledigt habe. Ihr beide fliegt nächsten Freitag. Ich würde dann am Samstag nachkommen. Das heißt, wenn es dir nichts ausmacht. Für fünf Tage vielleicht…«
    »Was für eine nette Überraschung!« stimmte Tom zu. »Außerdem kennst du ja das Land. Tolle Idee, finde ich.« Er meinte es so.
    Die Damen entschieden sich für die pochierten Eier, eines für jede, und für das folgende, fröhliche Frühstück mußten sie Tee, Toast und Kaffee nachbestellen. Sie waren gerade fertig, als Madame Annette aus der Küche hereinkam und erklärte: »Monsieur Tomme, ich glaube, Sie sollten wissen, daß ein Mann auf der anderen Straßenseite steht und Fotos von Belle Ombre schießt.« Sie betonte »Belle Ombre« nahezu ehrfürchtig.
    Tom sprang auf. »Entschuldigt mich«, sagte er zu Héloïse und ihrer Freundin. Er hegte einen Verdacht, wer das sein könnte. »Danke Ihnen, Madame Annette.«
    Er ging zum Küchenfenster und sah hinaus. Ja, der stämmige David Pritchard war da am Werk. Gerade trat er gegenüber vom Haus aus dem Schatten des großen, überhängenden Baumes, den Tom so sehr mochte, in die Sonne, die Kamera vor dem Gesicht.
    »Vielleicht gefällt ihm das Haus.« Tom gab sich gelassener, als er war. Er hätte Pritchard mit Vergnügen abgeknallt, wenn er ein Gewehr im Haus gehabt hätte – und natürlich nur, wenn er damit hätte durchkommen

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