Ripley Under Water
war?«
Das Angebot nahm er an, denn er war hungrig, und nichts würde Madame davon abhalten, zur boulangerie zu gehen.
Auf dem Weg zur Küche drehte sie sich um: »Ah, Monsieur Clegg hat angerufen. Gestern, glaube ich.«
»Danke. Sollen Sie etwas ausrichten?«
»Nein, nur Grüße.«
Aha, Madame Prichard weinte also. Vermutlich eine weitere melodramatische Vorstellung, dachte Tom, womöglich nur zur eigenen Unterhaltung. Er stand auf und ging in die Küche. Als Madame Annette mit der Handtasche aus ihrem Zimmer hereinkam und die Einkaufstasche vom Haken nahm, sagte er: »Madame Annette, bitte verraten Sie niemandem, daß ich zu Hause bin. Oder war. Ich denke nämlich, ich werde heute noch wieder abreisen… Ja, leider. Kaufen Sie also nicht extra für mich ein. Später mehr davon.«
Um neun rief er das Reisebüro in Fontainebleau an und buchte einen Flug nach London, hin und zurück, erste Klasse, Rückflug offen, Abflug kurz nach eins von Roissy. Er packte einen Koffer – das Übliche plus ein paar bügelfreie Hemden.
Zu seiner Haushälterin sagte er: »Falls jemand anruft, bin ich noch mit Madame Héloïse in Marokko, ja? Außerdem komme ich zurück, bevor Sie merken, daß ich weg war. Vielleicht morgen oder übermorgen… Nein, nein, ich rufe Sie an, Madame. Morgen, ganz bestimmt.«
Tom hatte ihr gesagt, er werde nach London fliegen, doch nicht, wo er wohnen werde. Er gab ihr keine Anweisungen für den Fall, daß Héloïse anrufen sollte, schlicht in der Hoffnung, seine Frau werde sich vom marokkanischen Telefondienst abschrecken lassen und es gar nicht erst versuchen.
Dann rief er oben von seinem Schlafzimmer aus Ed Banbury an. Obwohl Madame Annette noch immer kein Englisch verstand und, wie Tom oft dachte, gegen diese Sprache immun zu sein schien, führte er manche Gespräche lieber außerhalb ihrer Hörweite. Er nannte Ed seine Ankunftszeit und sagte, er könne wahrscheinlich kurz nach drei bei ihm sein, wenn Ed das passe.
Er werde es einrichten, sagte Ed. Kein Problem.
Tom ließ sich noch einmal Eds neue Anschrift in Covent Garden bestätigen und fuhr fort: »Wir müssen uns zu Cynthia etwas einfallen lassen – wenigstens müssen wir herausfinden, was sie dieser Tage tut. Wir brauchen einen verschwiegenen Spion, eine Art V-Mann. Wirklich. Denk darüber nach. Ed, ich freue mich schon. Brauchst du irgendwas aus dem Land der Froschfresser?«
»Hmm. Na ja, eine Flasche Pernod, aus dem Duty-free?«
»Die sollst du haben. A bientôt. «
Tom trug gerade seinen leichten Koffer die Treppe hinunter, als das Telefon klingelte. Héloïse, hoffte er.
Es war Agnès Grais. » Tomme, da Sie allein sind, dachte ich mir, es wäre nett, wenn Sie heute abend zum Essen zu uns kommen könnten. Nur die Kinder sind da, und die essen ja früher.«
»Vielen Dank, Agnès, lieb von Ihnen«, antwortete er auf französisch. »Leider muß ich schon wieder abreisen… Ja, heute noch, von Roissy. Eigentlich wollte ich mir eben ein Taxi bestellen. Schade.«
»Ein Taxi wohin? Ich fahre gleich nach Fontainebleau einkaufen. Würde Ihnen das helfen?«
Genau das, was er wollte, also nahm er das Angebot an. Höchstens zehn Minuten darauf traf Agnès ein. Tom hatte noch Zeit gehabt, sich von Madame Annette zu verabschieden, als der Kombi durch das Tor rollte, das er geöffnet hatte. Dann fuhren sie los.
»Wohin geht’s diesmal?« Agnès warf ihm einen kurzen Blick zu und lächelte, als halte sie ihn für den größten Weltenbummler aller Zeiten.
»London. Geschäftlich, eine kleine Sache. – Übrigens…«
»Ja, Tomme ?«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie niemandem gegenüber erwähnen würden, daß ich über Nacht zu Hause war. Oder daß ich nach London fliege, für einen Tag oder so. Ist nicht weiter wichtig, für niemanden, aber ich finde, daß ich eigentlich bei Héloïse sein sollte, auch wenn sie Noëlle dabeihat, eine gute Freundin. Sie kennen Noëlle Hassler?«
»Ja. Habe sie zweimal getroffen, glaube ich.«
»Höchstwahrscheinlich fliege ich in ein paar Tagen zurück nach – Casablanca.« Tom gab sich gelassener: »Wußten Sie, daß die merkwürdige Madame Pritchard in letzter Zeit nahe am Wasser gebaut hat? Das hörte ich von meiner treuen Spionin, Madame Annette.«
»Sie weint? Wieso?«
»Keine Ahnung.« Er würde nicht erwähnen, daß Monsieur Pritchard offenbar gerade nicht zu Hause war: Madame Janice mußte ziemlich zurückgezogen leben, wenn Agnès die Abwesenheit des Gatten gar nicht aufgefallen war.
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