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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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nämlich ein paar Mädchen aus der Stadt vermißt, und die Bevölkerung wird langsam unruhig.« Erst jetzt fiel sein Blick auf den mit grüner Plane abgedeckten Haufen auf dem Tisch. »Hoppla! Was haben wir denn da?«
    »Piratenskelette«, antwortete Hatch grinsend. »Sie wollten doch ein Geschenk, nicht wahr? Nun denn: Alles Gute zum Geburtstag, Herr Professor!«
    Professor Horns Augen leuchteten erfreut auf, während er unaufgefordert ins Zimmer trat. »Wunderbar!« rief er aus. »Wie ich sehe, war mein Verdacht wohlbegründet. Wo hast du die Skelette denn her?«
    »Die Archäologin von Thalassa hat vor ein paar Tagen das Piratenlager auf Ragged Island entdeckt«, erwiderte Hatch und geleitete den alten Mann hinüber zum Tisch. »Dort hat sie auch ein Massengrab gefunden, und ich habe mir ein paar Knochen daraus mitgenommen und versuche nun, die Todesursache der dort Begrabenen herauszufinden.«
    Der Professor zog die struppigen Augenbrauen hoch. Hatch schlug die Plane zurück, und sein Gast beugte sich interessiert über die Knochen. Er betrachtete sie eingehend und drehte den einen oder anderen mit der Spitze seines Stockes um.
    »Ich glaube, ich weiß jetzt, woran die beiden gestorben sind«, verkündete Hatch.
    Der Professor hob die Hand. »Psst. Sag nichts. Laß mich selbst mein Glück versuchen.«
    Hatch lächelte. Er erinnerte sich noch an die Vorliebe des Professors für wissenschaftliches Rätselraten. Dieses Spiel hatten die beiden früher ganze Nachmittage lang gespielt; Hatch hatte bei Dr. Horn bizarre Fundstücke identifizieren oder knifflige naturkundliche Fragen lösen müssen.
    Dr. Horn nahm Blackbeards Schädel, drehte ihn um und besah sich den einzigen Zahn im Oberkiefer. »Ostasiatisch«, konstatierte er, während er den Totenkopf wieder auf den Tisch legte.
    »Sehr gut.«
    »Nicht allzu überraschend«, entgegnete der Professor. »Piraten waren die ersten Arbeitgeber, die keine Rassenschranken kannten. Ich könnte mir vorstellen, daß dieser Bursche hier aus Burma oder Borneo kam. Vielleicht war er auch ein Laskar.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Hatch.
    »Wie rasch man doch vergißt«, murmelte der Professor und ging um den Tisch mit den Skeletten herum. Das Funkeln in seinen kleinen Augen erinnerte Hatch an eine Katze, die einer Maus nachstellt. Schließlich nahm er den Oberschenkelknochen in die Hand, den Hatch gerade zerbrochen hatte. »Osteoporose«, erklärte er und warf Hatch einen kurzen Blick zu.
    Hatch lächelte und schwieg.
    Dr. Horn griff sich einen Unterkiefer. »Von Zahnseide haben diese Piraten wohl nicht allzuviel gehalten«, sagte er, während er die Zähne untersuchte. Dann strich er sich nachdenklich übers Gesicht. »Alle Anzeichen deuten auf Skorbut hin«, meinte er dann.
    Ohne es zu wollen, machte Hatch ein langes Gesicht. »Sie haben das sehr viel schneller herausgefunden als ich.« »Skorbut war auf den Segelschiffen früherer Zeiten weit verbreitet«, erklärte der Professor. »Tut mir leid, aber das dürfte ja allgemein bekannt sein.«
    »Na schön, vielleicht lag es ja wirklich auf der Hand«, murmelte Hatch ein wenig niedergeschlagen.
    Der Professor warf ihm einen scharfen Blick zu, sagte aber nichts.
    »Nun kommen Sie schon mit ins Wohnzimmer«, sagte Hatch. »Ich bringe Ihnen eine Tasse Kaffee.«
    Als er ein paar Minuten später mit einem Tablett aus der Küche zurückkehrte, hatte sich der Professor in einem Sessel niedergelassen und blätterte gerade in einem der alten Kriminalromane herum, die Hatchs Mutter so geliebt hatte. Sie hatte etwa dreißig Stück im Regal stehen gehabt und immer erzählt, daß diese ihr voll und ganz genügten. Wenn sie nämlich mit dem letzten zu Ende sei, hätte sie den Inhalt des ersten wieder vergessen und könne ihn dann ein weiteres Mal lesen. Als Hatch den Professor, der ihn durch seine Kindheit und Jugend begleitet hatte, so im Wohnzimmer sitzen und in einem Buch seiner Mutter blättern sah, überkam ihn auf einmal bittersüße Wehmut. Heftiger als beabsichtigt stellte er das Tablett auf dem kleinen Couchtisch ab und reichte dem Professor seine Tasse. Dann saßen die beiden eine Weile schweigend da und tranken ihren Kaffee.
    »Malin«, sagte der alte Mann schließlich, nachdem er sich geräuspert hatte, »ich möchte mich bei dir entschuldigen.«
    »Aber nicht doch«, erwiderte Hatch. »Ich finde es gut, daß Sie so offen zu mir waren.«
    »Zum Teufel mit der Offenheit. Ich habe neulich vorschnell geurteilt. Ich denke zwar noch

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