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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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sollten.

10
    Die Gruppe, die sich am folgenden Vormittag um den alten Ahorntisch im Steuerhaus der »Griffin« versammelt hatte, war in einer ganz der anderen Stimmung als die euphorische Menge, die drei Abende zuvor rings um das Schiff in spontane Hochrufe ausgebrochen war. Als Hatch zu dem von Neidelman einberufenen Treffen kam, schienen ihm alle Anwesenden bedrückt, ja teilweise sogar demoralisiert zu sein. Der Unfall steckte allen noch in den Knochen.
    Hatch schaute sich in der Kommandozentrale von Neidelmans Boot um. Die in elegantem Schwung rund um das Steuerhaus laufenden Fenster gestatteten einen ungehinderten Blick auf die Insel, das Meer und das Festland. Man hatte das aus brasilianischem Rosenholz und Messing bestehende Steuerhaus mit seiner reich verzierten Intarsiendecke liebevoll restauriert. Neben der Kompaßsäule, die aus einem schwarzen Tropenholz gefertigt war, stand in einem Glaskasten ein Navigationsinstrument, das wie ein holländischer Sextant aus dem achtzehnten Jahrhundert aussah. Zu beiden Seiten davon befanden sich, diskret in Rosenholzschränkchen eingebaut, zwei Reihen hochmoderner elektronischer Navigationshilfen. Hatch erkannte einen Radar-und einen Loranschirm sowie ein Gerät zur Satellitennavigation. An der Rückwand des Steuerhauses gab es noch weitere elektronische Apparate, deren Zweck Hatch allerdings nicht kannte. Zwischen ihnen befand sich eine niedrige Holztür, die zu Neidelmans Privaträumen führte und aus der er jetzt jeden Moment herauskommen mußte. Über der Tür hing an einem Nagel ein altes Hufeisen, und ein Messingschild verkündete in dezenten, aber gut lesbaren Lettern: privat. Die einzigen Geräusche im Steuerhaus waren das Knarzen der Takelage und das leise Klatschen der Wellen an den Bootsrumpf.
    Hatch nahm am Tisch Platz und betrachtete die Personen, die bereits dort saßen. Einige von ihnen hatte er schon kennengelernt, andere hingegen sah er heute zum erstenmal. Lyle Streeter, der Vorarbeiter, übersah Hatch geflissentlich, obwohl dieser ihn zur Begrüßung freundlich anlächelte. Offenbar war er ein Mann, der eine Zurechtweisung nur schwer ertragen konnte. Hatch nahm sich vor, mit ihm in Zukunft vorsichtiger umzugehen. Obwohl jeder junge Assistenzarzt wußte, daß Schreien, Brüllen und Fluchen bei einem Notfall etwas ganz Normales waren, schien das offenbar dem Rest der Menschheit nicht ganz so geläufig.
    Hatch hörte ein Geräusch von unten, und kurz darauf stand Kapitän Neidelman mit gebückter Haltung in der Tür. Während er ans Kopfende des Tisches ging und sich mit beiden Händen aufstützte, richteten sich aller Augen auf ihn. Neidelman blickte den Anwesenden reihum ins Gesicht, und Hatch hatte den Eindruck, als würde allein die Anwesenheit des Kapitäns ihre Spannung lösen und ihnen frische Kraft geben. Als Neidelmans Blick bei Ihm angelangt war, fragte er: »Wie geht es Ken?«
    »Sein Zustand ist ernst, aber stabil. Es besteht zwar noch die Gefahr, daß es zu Embolien kommen könnte, aber er steht unter ständiger ärztlicher Aufsicht. Sie wissen ja vermutlich schon, daß man seine Beine nicht mehr bergen konnte.«
    »Ja, das Ist mir bekannt. Ich möchte mich trotzdem bei Ihnen bedanken, daß Sie ihm das Leben gerettet haben, Dr. Hatch.« »Ohne die Hilfe von Mr. Streeter und seinen Leuten wäre mir das nicht gelungen.«
    Neidelman nickte und schwieg. Nachdem er die Stille eine Welle auf die Anwesenden hatte wirken lassen, fuhr er mit ruhiger und sicherer Stimme fort: »Der Vermessungstrupp hat sich strikt an meine Befehle gehalten und bei seiner Arbeit alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen, die ich für notwendig erachtet hatte. Wenn jemanden bei diesem Unfall die Schuld trifft, dann mich allein. Als Konsequenz aus diesem Vorfall haben wir die Richtlinien für die Sicherheit der Teams komplett überarbeitet. Man kann traurig über diesen bedauerlichen Unfall sein, und man kann Mitgefühl für Ken und seine Familie haben, aber eines dürfen wir jetzt nicht tun: uns gegenseitig Vorwürfe machen.«
    Neidelman verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Tag für Tag«, fuhr er deutlich vernehmbar fort, »gehen wir große Risiken ein. Und zwar alle von uns. Schon morgen kann einer von Ihnen ebenso seine Beine verlieren wie ich selber auch. Wenn es so einfach wäre, einen Zwei-Milliarden-Dollar-Schatz aus seinem Unterwasserversteck zu bergen, dann hätten das andere schon längst geschafft. Und zwar vor über hundert Jahren. Wir sind also genau

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