Riptide - Mörderische Flut
über die Armlehne seines Stuhles gelegt hatte und sich mit gelangweiltem Gesichtsausdruck die Fingernägel säuberte -»haben wir Kerry Wopner, unseren Computerexperten. Kerry ist Programmierer und ein hochkarätiger Spezialist für Netzwerkdesign und Kryptoanalyse.« Seine nächsten Worte richtete Neidelman direkt an die beiden soeben vorgestellten Männer. »Ich brauche ja wohl nicht mehr extra zu betonen, was für eine überragende Bedeutung die Entschlüsselung der zweiten Hälfte von Macallans Tagebuch gerade im Licht der jüngsten Tragödie für uns hat. Wir müssen dem Mann endlich alle seine Geheimnisse entreißen.«
Dann fuhr Neidelman mit der Vorstellung seiner Mitarbeiter fort. »Lyle Streeter, unseren Vorarbeiter, haben Sie ja schon gestern kennengelernt. Er hat mit mir auf dem Mekong gekämpft und ist seitdem nicht von meiner Seite gewichen. Und hier« -er deutete auf eine kleine, streng und verbiestert wirkende und betont praktisch gekleidete. Frau -»ist Sandra Magnusen, Thalassas Chefingenieurin, die gleichzeitig eine Spezialistin für Radar und Sonar ist. Am Ende des Tisches haben wir schließlich Roger Rankin, unseren Geologen.« Neidelman deutete auf einen zotteligen Bären von einem Mann, dem der Stuhl, auf dem er gerade saß, um zwei Nummern zu klein zu sein schien. Er sah Hatch in die Augen, und sein brauner Vollbart teilte sich zu einem spontanen Grinsen, während er sich mit zwei Fingern grüßend an die Stirn tippte.
»Dr. Bonterre, unsere Archäologin und Leiterin des Taucherteams, hat sich verspätet und wird erst am Abend hier eintreffen«, fuhr Neidelman fort. »Das wäre von meiner Seite her alles. Falls es keine weiteren Fragen gibt, möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. Wir treffen uns hier wieder morgen früh.«
Als die Gruppe auseinanderging, kam Neidelman um den Tisch herum auf Hatch zu. »Ich habe eine Arbeitsgruppe auf der Insel gelassen, die die Vermessungsarbeiten abschließen und das Basislager fertigbauen soll. Ihre Praxis dürfte also gegen Abend einsatzbereit sein.«
»Freut mich zu hören«, sagte Hatch.
»Wenn Sie sich etwas näher mit unserem Projekt vertraut machen wollen, wäre heute nachmittag der richtige Zeitpunkt dafür. Wollen Sie vielleicht um vierzehn Uhr hinüber auf die ›Cerberus‹ kommen?« Ein dünnes Lächeln spielte um seine Lippen. »Ab morgen könnte es nämlich ein wenig hektisch werden.«
11
Schlag zwei Uhr nachmittags glitt die »Plain Jane« langsam durch das stille Wasser. Sie löste sich aus dem Dunst rings um Ragged Island und nahm Kurs auf die weißen Umrisse der »Cerberus«, die außerhalb des Nebels vor Anker lag. Bewundernd betrachtete Hatch ihren langgestreckten eleganten Rumpf und sah, daß an der Einstiegsluke knapp oberhalb der Wasserlinie bereits die schlanke Gestalt von Neidelman auf seine Ankunft wartete.
Hatch drosselte den Motor und ging an dem großen Schiff längsseits. Im Schatten der »Cerberus« war es still und kühl. »Ein hübsches Boot haben Sie da«, rief Hatch, als er neben dem Kapitän zum Stillstand kam. Im Vergleich zur »Cerberus« wirkte die »Plain Jane« wie eine Nußschale.
»Es ist das größte der Thalassa-Flotte«, antwortete Neidelman.
»Aber eigentlich ist es eher ein schwimmendes Forschungslabor. Schließlich können wir nicht unsere gesamte Ausrüstung auf die Insel bringen. Schwere Geräte wie die Elektronenmikroskope und die C-14-Partikelbeschleuniger müssen hier an Bord bleiben.«
»Und wozu brauchen Sie die Harpunenkanone am Bug?« fragte Hatch. »Schießen Sie sich damit ab und zu einen Blauwal für die Mannschaftskombüse?«
Neidelman grinste. »Die Kanone, mein Freund, ist ein Relikt aus der Vergangenheit dieses Schiffes. Kurz nachdem es auf einer norwegischen Werft als hypermoderner Walfänger vorn Stapel gelaufen war, trat das internationale Walfangmoratorium in Kraft, und das Schiff war, noch bevor es vollständig ausgerüstet war, für seinen ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr zu gebrauchen. Wir konnten es zu einem extrem günstigen Preis erwerben. Das meiste von der Walfanggerätschaft haben wir entfernen lassen, aber irgendwie sind wir nie dazu gekommen, auch die Harpunenkanone abzuschrauben.« Neidelman deutete über seine Schulter nach hinten. »Aber jetzt kommen Sie doch an Bord, damit ich Ihnen zeigen kann, was meine Leute hier so alles zu tun haben.«
Hatch machte die »Plain Jane« an der »Cerberus« fest und balancierte dann über eine
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