Risikofaktor Vitaminmangel
später schon brachten es die Zeitungen. Am selben Tag erschien allerdings ebenfalls die Studie aus Nordamerika, die zeigte, dass es zu einem bedeutsamen Abfall von Schlaganfällen durch die gesetzliche Folsäureanreicherung kam. Darüber wurde jedoch in der Öffentlichkeit nicht berichtet. Es erstaunt also, wie die Dinge platziert werden. Auch überrascht, dass negative Ergebnisse immer zuerst publiziert werden und ein entsprechendes Presseecho erhalten. Für positive Ergebnisse interessiert sich dort kaum jemand, und die normalen Leser können das natürlich nicht erkennen oder wissen. Sie lesen die negativen Schlagzeilen, die auch im deutschen Ärzteblatt erscheinen und sind natürlich gutgläubig in dem Punkt.
Ja, es ist in der Tat eine allgemeine Tendenz zu beobachten, dass die Gefahr der Überdosierung der B-Vitamine immer stärker betont wird, als zum Beispiel der positive Effekt auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen …
Was natürlich blanker Unsinn ist. Überdosierungen von Vitamin B 12 sind unbekannt. Ebenfalls ist eine Überdosierung von Folsäure vollkommen untoxisch. Das einzige, was hierzu in der wissenschaftlichen Literatur vor 50 Jahren beschrieben wurde, war, dass man durch hohe Gaben von Folsäuredie Symptome eines Vitamin-B 12 -Mangels zum Verschwinden bringen kann. Das ist aber zuletzt in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts beobachtet worden, als man Folsäure noch in extremen Hochdosismengen einsetzte. Solche Dosierungen nimmt niemand. Seitdem ist auch kein Bericht mehr darüber in der wissenschaftlichen Fachliteratur erschienen. Es ist also sehr zweifelhaft, mit solchen Argumenten hausieren zu gehen und zu behaupten, B-Vitamine seien gefährlich.
Ein Überschuss an B-Vitaminen wird also über den Urin auch problemlos ausgeschieden …
Ja. Bei Vitamin B 6 kann man noch darüber diskutieren, wo die Grenze liegt. Es besteht aber für den Gesunden überhaupt gar keine Notwendigkeit, mehr als das Zwei- bis Dreifache der empfohlenen Tagesdosis Vitamin B 6 einzunehmen. Wenn man das 20-fache einnimmt, gut, dann kann man überlegen, ob es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt.
Gehören alle deutschen Professoren im Bereich der Ernährungswissenschaften der DGE – der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – an?
Ich selbst bin nicht Mitglied der DGE, werde aber als Experte bei der DGE gehört und habe verschiedene Empfehlungen z.B. für Folsäure- und Vitamin-B 12 -Referenzwerte für die DGE formuliert. Ich habe immer meine eigene Meinung vertreten und war immer so etwas wie ein Vordenker oder Querdenker. Mittlerweile ist mein Forschungsschwerpunkt aber auch bei der DGE angekommen. Manche brauchen eben etwas länger.
Der Mangel im Überfluss
Haben weite Teile der Bevölkerung wirklich einen Vitaminmangel? Wie fühlen sich typische Vitaminmangelsymptome an? Wie hoch ist der Vitaminverlust bei der Verarbeitung und Lagerung von Lebensmitteln? Warum bekommen wir weniger Vitamine als in der Evolution? Warum sind Vitaminzufuhr-Empfehlungen oft veraltet und entsprechen nicht dem Optimum zur Krankheitsprävention? Was können Sie von Vitaminen erwarten? Wann wird die Wirkung von Vitaminen überschätzt?
Mikronährstoffmangel – kein Einzelfall
Was glauben Sie: Decken Sie Ihren Minimalbedarf an Vitaminen?
Wie die Mehrheit Ihrer Mitmenschen werden Sie diese Frage mit Ja beantworten.
Wie sieht die Realität aus? Studien mit über 80 000 Teilnehmern aus Deutschland, Frankreich und den USA, in denen das Einkaufs- und Ernährungsverhalten untersucht wurde, zeigen, dass 80 % der Bevölkerung noch nicht einmal den Minimalbedarf an Vitaminen, der zur Vermeidung von Mangelerscheinungen nötig ist, mit der Nahrung zu sich nehmen.
Vielleicht gehören Sie zu den 20 %, die durch eine außergewöhnlich gesunde Ernährung diesen Minimalbedarf abdecken. Selbst dann werden Sie aber durch die Ernährung mit unseren heutigen Lebensmitteln auf keinen Fall eine optimale Vitaminzufuhr erreichen, wie sie zur Vorbeugung von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen notwendig wäre.
Was bedeutet überhaupt Minimalzufuhr? Was zeigen die Studien zum Ernährungsverhalten eigentlich? Was können Sie für sich daraus entnehmen?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt extrem niedrige tägliche Zufuhrempfehlungen (Referenzwerte) für Vitamine und Mineralstoffe zur Vermeidung von Mangelerscheinungen. Diese Mengen sollten von allen Teilen der Bevölkerung über Nahrungsmittel erreicht werden. Dieser Minimalbedarf
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