Riskante Enthüllung (German Edition)
Grabräubern machten.
Rätselhaft blieb stets, warum die schon in vorchristlicher Zeit geplünderten Gräber später wieder hermetisch verschlossen wu r den, als wollten die Erbauer für reichlich Spannung und Aufregung bei ihren Nachkommen sorgen, die im Schweiße ihres Angesichts monatelang mit deren Öffnung beschäftigt waren. Man vermutete die damaligen Priester wollten retten, was zu retten war und den Zorn des Versto r benen besänftigen, indem man so tat, als wäre nichts geschehen, selbst wenn er von nun an als armer Schlucker seine Reise durchs Jenseits fortführen musste. So manche Mumie hatte sich allerdings aus dem Staub gemacht obwohl ihre Reicht ü mer noch in der Gruft lagen. Das gehörte ebenfalls zu den Rätseln, vor die diese Kultur uns immer wieder stellte.
James fegte mit dem Fuß den Sand vom Boden und erforschte das darunter liegende Muster. Zum Vorschein kamen Teile eines riesigen Gemäldes, dessen vielfältige Farben im Strahl der Lampe nach über dreitausend Jahren zu neuem Leben erwachten. Es herrschte ein tiefes Blau vor, die Farbe der Götter, dessen Intensität mir einen e r staunten Laut entlockte. Goldene Ornamente in einer für Ägypten unüblichen Form umsäumten das Bild an den Rändern. In der Mitte kreuzten sich die Vogelschwingen, die be i spielsweise auch auf der Rückseite des Sarkophags von Tutenchamun zu sehen sind. Auf vi e len Darstellungen des alten Ägyptens findet man dieses Symbol. Ich zeigte es James und begann zu e r klären, wobei ich keine Rücksicht darauf nahm, ob er es überhaupt hören wollte.
„Ich nehme an es ist dasselbe X-Symbol, das die Urkräfte des Un i versums symbolisiert und im Christentum zu einem Kreuz wurde. In der Mitte liegt der Punkt der größten Zusammenzi e hung, die sich nach außen ausdehnt und somit als schöpferische Kraft wirksam wird.“
„Die schöpferische Kraft des Universums?“
Ich nickte und James schritt vorsichtig über das Bild, wobei der Sand unter seinen Gummisohlen knirschte. Diese Aussage konnte ihm nicht neu sein, denn er kannte den Glauben der Ägypter ebe n so gut wie ich. Allein die Art meiner Auslegung war es, die ihn immer wieder zum Widerspruch reizte. Doch im Moment war er nicht zum Streiten aufgelegt.
Die Darstellung war in ihrer Gesamtheit noch nicht zu erkennen, aber ich nahm an, es handelte sich um einen wunderschönen Ort, an dem jedermann glücklich war, denn es strahlte eine enorme Harm o nie aus. Das Paradies? Das goldene Zeitalter? Etwas in dieser Art musste es sein und ich sprach es aus. James nickte g e dankenverloren.
„Höchstwahrscheinlich.“
Die abergläubischen Arbeiter trauten sich nicht in den Raum, ganz abgesehen davon, dass James ab jetzt niemanden mehr das Gemälde auf dem Fußboden betreten lassen würde. Er schickte die verängsti g ten Männer in die Pause. Ich studierte weiterhin das Bild und fand immer mehr Hinweise für ein Abbild des Paradieses. Nach einer We i le schlug James eine Pause vor und ich willigte ein, obwohl ich am liebsten noch stundenlang weiter gearbeitet hätte. Doch es wu r de Zeit , meinem Körper das nötige Wasser zu gönnen, denn meine Flasche war längst leer. Meine Zunge klebte am Ga u men, Rücken und Nacken schmerzten, verspannt von der anstre n genden Kopfhaltung in der ich das Bild studiert hatte.
Gemeinsam schlenderten wir zum Küchenzelt und labten uns an dem gekühlten Nass. James war schweigsam, was ich bedauernd hinnahm, denn man fand nicht alle Tage ein derart gut erhaltenes G e mälde, und ich hätte mich gern mit ihm darüber ausgetauscht.
Es war schon fast Mittag und die Hitze setzte mir zu und brem s te meinen A r beitseifer. Nach der anstrengenden Nacht wollte ich mich anschließend etwas in meinem Zelt ausruhen. James war jedoch wie besessen und ging nach kurzer Zeit wieder zurück, um die Neuen t deckung fotografisch festzuhalten. Ich sah ihm hinterher, als er als Einziger trotz Mittagshitze über den Platz ging, bis er hinter der Absperrung auf dem Weg zur steilen Treppe aus meinem Blickfeld ve r schwand. In der Ferne flimmerte die Hitze über dem Sand der Wüste, die Meier immer den größten Sandkasten der Welt für erwachsene Kinder nannte, wenn ich fasziniert über sie sprach.
In meinem Zelt rannte ich gegen eine Wand aus stickiger Luft. Ich ließ die Vorder- und Rückseite des Zeltes offen und den Wind durchblasen. Es wunde r te mich, dass Tommy sein Zelt immer dicht verschlossen hielt. Die stickige Luft würde mir den Verstand
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