Riskante Liebe
Kopf wieder gehoben, seine Augen blitzten mich fröhlich an und seine Mundwinkel waren nach oben gezogen, was ihm ein sehr anziehendes Aussehen gab. Unwillkürlich hoben sich meine Mundwinkel ebenfalls. Schlagartig fühlte ich mich besser. Dieses Lachen schien ansteckend zu sein.
»Weißt du eigentlich, dass deine Augen dunkelblau werden, wenn du wütend bist? Ich dachte, du fällst mich gleich an und kratzt mir die Augen aus. Mir ist angst und bange vor dir geworden.«
Da er bei diesen Worten immer noch lächelte, blickte ich ihn ungläubig und verwirrt an. Ich war gewohnt, dass jeder genau das meinte und empfand, was er sagte. Aber seine Worte, er habe Angst vor mir gehabt und der fröhliche Ausdruck in seinem Gesicht passten überhaupt nicht zueinander. Er begriff rasch und erklärte:
»Das darfst du nicht wörtlich nehmen. Es war ein Witz. Etwas zum Lachen. Man sagt oder tut etwas Seltsames, etwas Lustiges, um den anderen zum Lachen zu bringen. Das nennt sich Neckerei. Und ich sehe dich gerne lächeln.«
Ich war erleichtert und freute mich insgeheim, obwohl ich immer noch nicht ganz verstand, was an meiner Wut zum Lachen gewesen war. Er hob beide Hände, eine Bewegung, die ich sofort als Beschwichtigung und Entschuldigung erkannte. Wenn Seratta an einer von uns ihren Zorn ausließ, nahm diese genau dieselbe Haltung ein, in der Hoffnung, die tobende Anführerin möge sich beruhigen. Manchmal zeigte diese Geste Wirkung, aber es war auch schon vorgekommen, dass Seratta noch bösartiger wurde. Ich fühlte mich sofort besänftigt von seinen folgenden Worten.
»Veeria, es tut mir sehr lei d, dass ich dich beleidigt habe und du hast völlig recht, mich anzufauchen wie eine Wildkatze. Ich danke dir für deine Hilfe. Aber du musst mir unbedingt erklären, was es mit deinem Dorf und dessen männerhassender Anführerin auf sich hat. Ich habe übrigens versäumt, mich dir vorzustellen. Ich heiße Drake McKenna, komme aus San Francisco, bin mit dem Hubschrauber über der Bucht von einem Sturm erwischt worden und damit weit vom Kurs abgeraten. Der Motor meines Helikopters hat ausgesetzt und ich musste hier notlanden.«
Wieder verstand ich nur die Hälfte dessen, was er meinte, aber diesmal machte ihn mein ratloser Blick nicht zornig. Er erklärte mir in einfachen, für mich verständlichen Worten noch einmal, dass er der Führer dieses Fluggerätes war, ein sehr guter sogar, durch einen unerwarteten Sturm geflogen war, der seinen Hubschrauber oder Heli, wie er ihn nannte, beschädigt hatte und er aus diesem Grund hier vom Himmel gestürzt war. Ich erschrak und verspürte so etwas wie einen Messerstich in meiner Magengrube, als er hinzusetzte, er müsse unbedingt aufstehen und das Fluggerät in Ordnung bringen, um so bald wie möglich an den Ort, wo er herkam, nach San Francisco – ein seltsamer Name – zurückzukehren.
Ich ertappte mich bei dem innigen Wunsch, es möge ihm nicht gelingen, sein Fluggerät jemals wieder in Gang zu setzen. Gleich darauf schalt ich mich selbst für meine unausgegorenen Gedanken. Wenn er hierblieb, lief er früher oder später Gefahr, en tdeckt zu werden und als gefangener Arbeiter in unserem Gatter zu enden. Und genau wie bei dem Hirsch mit dem prächtigen Geweih, den ich vor einige Tagen direkt vor meinem Bogen gehabt hatte und laufen ließ, weil er so stolz und schön anzusehen war, packte mich bei dem Gedanken, Drake könne eingesperrt, gequält oder gar getötet werden, ein heftiges Bedauern und Entsetzen. Um seinetwillen musste ich ihm wünschen, dass es ihm gelänge, hier weg zu kommen. Ich musste ihm dabei helfen.
FÜNF
Mühsam stützte er sich mit einer Hand auf den Stock, den ich für ihn gesucht und zurechtgeschnitten hatte, während ich ihm auf der anderen Seite Halt gab. Schweißperlen rannen ihm von der Stirn über sein Gesicht und verrieten, dass er nach wie vor Schmerzen hatte und noch schwach war, obwohl er mir gegenüber ständig versicherte, sein Kopf sei wieder in Ordnung.
Wir hatten den gesamten gestrigen Tag an unserem Lagerplatz verbracht. Ich vernachlässigte all meine Pflichten und hatte kein einziges Tier erlegt. Um ihn dazu zu bringen, sich wenigstens noch diesen einen Tag auszuruhen, war ich neben ihm am Feuer sitzengeblieben. Ich vermutete, dass er – wäre ich für längere Zeit zum Jagen gegangen – irgendwann doch versucht hätte, aufzustehen, wusste aber, dass dies gefährlich war. Die Beinwunde könnte sich entzünden, sein Knöchel brauchte Ruhe und
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