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Riskante Nächte

Riskante Nächte

Titel: Riskante Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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gerührt.
    »Frauen, die gezwungen sind, sich feilzubieten.«
    »Wie können Sie es wagen, zu unterstellen, ich wäre eine gemeine Hure? Für wen halten Sie sich denn?«
    Die Worte kamen zischend. Doch auch der wutschäumende Ton konnte nicht verhehlen, dass es die Stimme einer gebildeten Frau aus gutem Hause war.
    »Es tut mir leid«, sagte Louisa gekränkt. »Ich wollte Sie nicht beleidigen.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte die Frau sich um und stürmte mit wallendem schwarzen Samtmantel in die Nacht davon.
    Louisa schaute ihr hinterher, bis die Dunkelheit sie verschluckt hatte. Dann kehrte sie in das Stadthaus zurück, schloss die Tür und verriegelte sie.
    Sie warf den Umschlag achtlos auf den Konsoltisch und stieg die Treppe hinauf. Die Worte der Frau hallten noch in ihren Ohren wider. Für wen halten Sie sich denn?
    Es lag nicht daran, dass die Witwe die gleichen Worte benutzt hatte wie Lord Gavin in jener schicksalhaften Nacht im letzten Jahr. Die Wendung war gebräuchlich. Für wen halten Sie sich denn? Leute sagten das immerzu. Was ihr eine Gänsehaut verursacht hatte, war der blanke Zorn in der Stimme der Frau. Es war, als hasse sie mich. Aber wie kann das sein? Ich bin sicher, ich bin ihr noch nie zuvor in meinem Leben begegnet.

23
    Louisa Bryce hatte sie für eine Dirne gehalten. Glühender Zorn verzehrte sie. Am liebsten wäre sie stehenden Fußes zum Arden Square zurückgekehrt und hätte das dumme Weib umgebracht. Doch nach und nach errang der gesunde Menschenverstand die Oberhand. Sie atmete tiefer durch. Die kochende Wut verebbte. Sie würde noch Gelegenheit haben, sich Louisa Bryce vorzunehmen.
    Eiligen Schrittes begab sie sich zu einer Straße, in der sie eine Droschke finden konnte. Wie immer weckte die Nacht Erinnerungen.
     
    Die Wirkung des Chloroforms ließ langsam nach und machte einem Gefühl der Orientierungslosigkeit Platz. Übelkeit schnürte ihr die Kehle zu. Vage fühlte sie Bewegungen, ein Schaukeln. Zuerst begriff sie nicht. Dann dämmerte ihr, dass sie von einem Mann getragen wurde. Sie hatte nicht die Kraft, sich zu wehren. Vielleicht war es auch besser so. Ein verschwommener Instinkt sagte ihr, dass es sicherer wäre, sich schlaff und leblos zu stellen.
    Dennoch konnte sie nicht widerstehen, die Augen einen Spalt zu öffnen. Umsonst. Sie konnte nichts sehen. Sie hatte ein dickes Tuch vor dem Gesicht. Eine Plane, schien es ihr. Schlagartig wurde sie sich bewusst, dass ihr gesamter Körper in steifes Leinen eingewickelt war. Sie konnte sich nicht rühren, selbst wenn sie gewollt hätte.
    Trotz der Plane vor ihrem Gesicht roch sie die Feuchtigkeit des Nebels und des Flusses. Panik packte sie.
    Der Mann, der sie trug, ächzte vor Anstrengung. Sie wollte schreien, doch sie bekam keinen Laut heraus.
    Im nächsten Moment fiel sie, stürzte hilflos in die Tiefe. Das Aufschlagen auf dem Wasser war wie der Aufprall auf eine Steinmauer, dem Schutz, den die Plane ihr bot, zum Trotz.
    Sie fühlte eisige Kälte, die ihr bis ins Mark drang, während sie in den Fluten versank. Die Plane, in die sie eingewickelt war, war offenbar nicht gut verschnürt. Sie spürte, wie sich die Stoffbahn löste …
     
    Erst viel später verstand sie, warum Elwin sie nicht an Händen und Füßen gefesselt hatte, bevor er sie von der Brücke warf. Er wollte alle Welt glauben machen, sie hätte Selbstmord begangen. Die Scharade wäre nicht geglückt, hätte man sie mit Fesseln um Handgelenke und Fußknöchel aus dem Fluss gezogen.
    Das Glück war ihr in jener Nacht hold gewesen. Ohne dass Elwin es ahnte, hatte es einen Zeugen für seine Tat gegeben. Ein Verrückter, der in einem windschiefen Verschlag am Themseufer hauste, hatte beobachtet, wie das schwere Bündel ins Wasser fiel. Neugierig war er mit seinem Boot zu der Stelle gerudert, um zu sehen, ob es etwas von Wert zu bergen gab.
    Es war ihr gelungen, sich an die Oberfläche zu kämpfen. Sie schickte ein stummes Dankgebet gen Himmel, dass sie in ihrer Jugend Schwimmen gelernt hatte. Nur wenige Frauen erwarben je diese Fertigkeit. Trotzdem wäre sie höchstwahrscheinlich ertrunken, wenn sie nicht ihr Nachthemd getragen hätte. Sie hatte geschlafen, als er sie mit dem Chloroform betäubt hatte. Wäre sie in eines ihrer schicken Kleider gekleidet gewesen, als sie ins Wasser fiel, dann hätte das Gewicht der Röcke und des Korsetts sie auf den Grund gezogen.
    Das Erste, was sie sah, als sie an die Oberfläche kam, war ein kleines Ruderboot. Jemand streckte ihr ein

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