Riskante Nächte
warf einen Blick über die Schulter. Es war keine Spur von der Gestalt mit der Kapuze zu entdecken. »Ich habe vor einem Moment eine Frau gesehen, aber jetzt ist sie nicht mehr da. Wie auch immer, es ist nicht wichtig.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen das abzunehmen.« Anthony griff nach dem Paket, das sie unter den Arm geklemmt hatte. »Lady Ashton sagte, dass Sie einkaufen gegangen wären. Wie ich sehe, haben Sie ein Buch erstanden.«
»Ja.«
»Ein Sensationsroman mit verbotenen Liebschaften und dergleichen?«
»Nein.« Erbost über seine Neckerei, bedachte sie ihn mit einem bösen Blick. »Weshalb sind Sie hier?«
Er fasste sie am Arm. »Ein Mann, der einer Lady am Morgen danach keinen Besuch abstattet, verwirkt das Recht, sich Gentleman zu nennen.«
»Am Morgen danach?«, fragte sie verwirrt. Ihre Gedanken kreisten noch immer um die Frau mit der Kapuze.
Seine Lippen verzogen sich zu einem wehmütigen Lächeln. »Sie brechen mir das Herz, Louisa. Sie können doch unser Schäferstündchen im Wintergarten der Lorringtons nicht bereits vergessen haben?«
Ihr stockte der Atem. Heißes Blut schoss ihr in die Wangen.
»Oh, das«, hauchte sie mit halb erstickter Stimme.
»Machen Sie nur so weiter, meine Teuerste, und ich werde unter der Last der Demütigung im Erdboden versinken.«
»Ich muss doch bitten, Sir …«
»Gestern Abend haben Sie mich Anthony genannt. Das hat mir sehr gefallen.«
»Ich denke, wir sollten das Thema wechseln.«
»Ich versichere Ihnen, wenn es Ihre Absicht ist, mich das volle Ausmaß meines jämmerlichen Versagens gestern Abend spüren zu lassen, dann brauchen Sie kein weiteres Wort hinzuzufügen. Es ist mir bereits bewusst, welch unsäglichen Fauxpas ich begangen habe. Ich bin zum Teil heute hergekommen, um Sie um Verzeihung zu bitten.«
»Sie müssen sich nicht schuldig fühlen, Sir«, erwiderte sie brüsk. »Ich habe eingehend über den Vorfall nachgedacht, und ich sehe jetzt, dass ich einen Großteil der Schuld trage.«
»Weil Sie mich nicht gewarnt haben, dass es Ihnen in dieser speziellen Sache an Erfahrung mangelte?«
Sie blitzte ihn wütend an. »Nein, weil ich zu viel von der Sache selbst erwartet habe. Ich fürchte, ich habe den glühenden Schilderungen der Schriftsteller in den Melodramen zu viel Glauben geschenkt. All der herrliche Unsinn über süße Verzückung und erhabene Leidenschaft. Ich hätte wissen sollen, dass die Wirklichkeit da niemals heranreichen kann.«
»Meiner Meinung nach sollten Sie sich mit Ihrem Urteil diesbezüglich zurückhalten, bis Sie einige weitere Experimente durchgeführt haben.«
»Hm.«
Seine Finger schlossen sich fester um ihren Arm. »Und ich muss darauf bestehen, dass Sie diese Experimente mit mir durchführen.«
Aus irgendeinem Grund hob sein drohender Ton ihre Stimmung. War er vielleicht eifersüchtig?
»Und warum?«, fragte sie kess. »Es wäre doch sicher wissenschaftlicher, mit verschiedenen Gentlemen zu experimentieren.«
Er blieb stehen und zwang so auch Louisa, anzuhalten.
»Sie machen sich über mich lustig«, sagte Anthony ausdruckslos.
»Ja, natürlich tue ich das.«
»Tun Sie das nicht. Nicht, wenn es um dieses Thema geht.«
»Na schön.« Sie lächelte leise.
»Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre, aber ich hatte gestern Abend den Eindruck, dass Sie nichts gegen meine Küsse einzuwenden hatten.«
Sie errötete. »Nein. Jener Aspekt der Sache war sehr befriedigend.«
»Das höre ich mit Erleichterung.«
Er legte seine warme, kräftige Hand auf ihren Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie. Sein Mund war wie eine langsam wirkende, verführerische Droge für ihre Sinne. Glühende Erregung rann heiß durch ihre Adern. Sie legte ihren freien Arm um seinen Hals und gab sich den unwiderstehlichen Gefühlen hin, die das Feuerwerk ihrer Lust entzündeten. Sie lief Gefahr, nach Anthonys Küssen süchtig zu werden.
Als er sie kurz darauf wieder freigab, war sie von neuem atemlos, doch diesmal nicht vor Angst.
»Ich muss gestehen, die Schriftsteller mögen ja übertreiben, was den krönenden Höhepunkt betrifft«, verkündete sie höchst zufrieden. »Aber wenn sie vom Reiz verbotener Küsse schreiben, dann haben sie vollkommen recht.«
Anthony schenkte ihr ein rätselhaftes Lächeln. »Ich nehme das als Zeichen, dass wir Fortschritte machen.« Er fasste sie am Arm und steuerte sie eilig den Weg entlang. »Aber weitere Experimente müssen warten. Wir haben Dringenderes zu tun.«
»Unsere
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