Riskante Nächte
Verbotene Liebschaften waren sehr erregend, aber sie waren auch sehr nervenaufreibend.
Es war das erste Mal, dass er gezwungen gewesen war, sich durch die Hintertür aus einem Haus zu stehlen, ging es Anthony durch den Sinn, während er die Vorderstufen seines eigenen Stadthauses hinaufstieg. Das Leben war eindeutig aufregender geworden, seit er Louisa Bryce kennengelernt hatte.
Die ungewohnte Art des Weggangs stellte eine interessante Abwechslung dar, aber der Teufel sollte ihn holen, wenn er sich bis in alle Ewigkeit durch Hintertüren und Gärten schleichen sollte. Allerdings entschädigte ihn die Erinnerung an Louisas atemlose, bebende Lust, als sie in seinen Armen zum Höhepunkt kam, für vieles, den würdelosen Abgang eingeschlossen.
Er war sich bewusst, dass er bemerkenswert guter Laune war, trotz mangelnder Fortschritte bei seinen Nachforschungen. Es war nicht nur stürmisches Liebesspiel, das seine Stimmung gehoben hatte, überlegte er. Es war Louisas inbrünstiges Beharren darauf, dass er, was immer Fiona auch zugestoßen sein mochte, keinen Grund hatte, sich schuldig zu fühlen.
Es war eine Sache, dass seine Familie ihm das beständig versicherte; sie hatten immer hinter ihm gestanden. Louisas leidenschaftliche Fürsprache war etwas gänzlich anderes. Einen Augenblick lang hatte er sich dort in ihrem sonnendurchfluteten Zimmer, noch immer trunken von ihrem köstlichen Geschmack auf seiner Zunge, sogar zu glauben erlaubt, dass es wahr wäre.
Die Tür ging auf, als er gerade seinen Schlüssel hervorholen wollte.
»Willkommen daheim, Sir«, begrüßte ihn die Haushälterin. »Es ist soeben eine Nachricht für Sie abgegeben worden.«
»Danke, Mrs. Taylor.« Anthony betrat die Diele.
Der Umschlag lag auf einem silbernen Tablett. Anthony nahm ihn und riss ihn auf. Höchst zufrieden entdeckte er Miranda Fawcetts Unterschrift unter den Zeilen.
… lade ich Sie und Mrs. Bryce ein, heute Abend um zehn Uhr meinen guten Bekannten kennenzulernen.
Clement Corvus hatte angebissen.
36
Miranda Fawcett hatte sich elegant auf ihrem goldfarbenem Sofa drapiert. Louisa fand, dass sie in ihrer exquisiten Robe aus hellblauer Seide und dunkelblauem Samt noch atemberaubender aussah als sonst. Perlen schimmerten an ihren Fingern, umschlossen ihren Hals und schmückten ihr Haar.
»Ah, da sind Sie ja, Louisa, meine Liebe.« Sie lächelte einladend und winkte Louisa mit ihrer beringten Hand heran. »Bitte nehmen Sie Platz.« Sie wandte sich an Anthony. »Wie schön, Sie wiederzusehen, Sir. Ich bin überglücklich, dass Sie heute Abend Zeit hatten. Es ist mir bewusst, wie kurzfristig die Einladung war.«
Anthony beugte sich über ihre Hand. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits. Ich freue mich schon sehr, Ihren guten Bekannten kennenzulernen.«
»Mr. Corvus ist bereits hier.« Miranda zwinkerte Anthony zu. »Er wartet in den Kulissen, wenn man es so sagen darf. Der Gute hat so viel Zeit mit mir zugebracht, dass er den Wert eines großen Auftritts schätzen gelernt hat, fürchte ich.«
Louisa nahm auf der Kante eines satinbezogenen Sessels Platz und rückte ihre Brille zurecht. »Es war sehr freundlich von Ihnen, dieses Beisammensein zu arrangieren.«
Miranda kicherte. »Ich versichere Ihnen, Mr. Corvus brannte darauf, Mr. Stalbridges Bekanntschaft zu machen, nachdem er die Unterlagen gelesen hatte, die ich ihm übergeben sollte.«
Eine Männerstimme erscholl von der Tür. »In der Tat, Sir, ich konnte es gar nicht erwarten.«
Louisa drehte den Kopf und sah einen überraschend kleinen, zierlichen Mann. Obgleich er nicht größer als sie selbst war, umgab ihn doch unverkennbar eine Aura eleganter Bedrohlichkeit. Clement Corvus wurde nicht nur seines Namens wegen der Rabe genannt, dachte sie bei sich. Sie bekam eine Gänsehaut.
Sein Haar war eindeutig einmal pechschwarz gewesen, doch nun war es leuchtend silbern. Er war glatt rasiert und trug einen vollendet maßgeschneiderten schwarzen Anzug.
Anthony neigte den Kopf und erkannte Corvus damit stumm als einen Gleichgestellten an. »Guten Abend, Sir.«
Corvus’ Augenwinkel legten sich leicht in Falten. Louisa hatte den Eindruck, dass er von Anthonys respektvollem Benehmen sehr angetan war.
»Und dies ist Mrs. Bryce, die du schon bestens als I. M. Phantom kennst«, fuhr Miranda fort. »Mrs. Bryce, Mr. Corvus.«
Corvus ging zu Louisa und gab ihr einen galanten Handkuss. »Mrs. Bryce. Ich fühle mich geehrt, Sie kennenzulernen. Ich bin ein großer
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