Riskante Versuchung
Na ja, wir haben sowohl Ian Davis als auch Ihren Nachbarn zur Befragung hier gehabt. Die Fingerabdrücke des Killers sind mit keinem der beiden identisch. Es läuft also doch alles auf Carpenter hinaus …“
Auf einmal übernahm eine Frau das Reden. „Jess, ich glaube, Sie wissen, wo Rob sich aufhält. Kindchen, es ist wirklich wichtig, dass wir uns unterhalten, und zwar so bald wie möglich. Bitte rufen Sie uns an.“ Sie nannte die Nummer.
Dann war ein Klicken zu hören, und die Verbindung war unterbrochen. Der Anrufbeantworter piepte wieder, danach war er still.
Rob betrachtete das Telefon.
Da stimmte etwas nicht. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.
Was hatte Jess über die Beweise gesagt, die die Polizei angeblich gegen ihn in der Hand hatte? Blut im Kofferraum seines Wagens und ein paar Stofffasern. Genau. Und Fingerabdrücke. Wer immer auch der Mörder sein mochte, er war in Robs Wohnung gewesen.
Jess meinte, man habe sechs verschiedene Abdrücke gefunden und einer davon sei identisch mit denen des Mörders. Kelseys Fingerabdrücke, Jess‘ und noch vier weitere: seine, Ians, Stanfords.
Und Franks.
Um Himmels willen.
Frank .
Kelsey schlief bereits, deshalb borgte Jess sich einen Regenschirm von Doris und trug ihre Tochter behutsam zum Wagen. Sie setzte Kelsey auf den Rücksitz, schaffte es irgendwie, sie anzuschnallen, und ließ sie anschließend schlaff zur Seite rutschen, bis sie quer auf dem Sitz lag. Sacht deckte Jess sie zu. Der Regen, der unterdessen auf Jess‘ Rücken und Beine prasselte, war kalt.
In der Nähe zuckte ein Blitz, und beinah simultan krachte ein Donner. Jess rannte schnell zum Haus, um den Schirm zurückzugeben.
Der Regen war jetzt noch dichter und wurde von heftigen Windböen gepeitscht, sodass es manchmal schien, als fielen die Tropfen waagerecht, direkt in ihr Gesicht. Als sie endlich im Wagen saß, war sie vollkommen durchnässt. Einen Moment lang saß sie einfach nur da und ließ das Wasser von sich abtropfen.
Dann startete sie den Motor und fuhr nach Hause.
Rob legte den Hörer auf. Besetzt. Jess‘ Leitung war besetzt.
Rasch wählte er eine andere Nummer.
„Ja, hallo. Schicken Sie ein Taxi in die Midnight Pass Road 2786“, sagte er.
„Tut mir leid, Sir“, antwortete eine nasale Stimme. „Sämtliche unserer Taxis sind momentan ausgebucht. Wir könnten in, sagen wir, neunzig Minuten jemanden schicken …“
Rob fluchte. „Bitte, es handelt sich um einen Notfall - es geht um Leben und Tod!“
„Wenn es sich um einen Notfall handelt, rufen Sie die Polizei“, schlug der Mann am anderen Ende der Leitung ruhig vor.
Rob legte auf.
Die Polizei anrufen.
Wenn man ihn ins Gefängnis sperrte, war er ein toter Mann. Allerdings würde er sein Leben sofort für das von Jess geben.
Erneut donnerte es, und er drückte schnell die Wiedergabetaste des Anrufbeantworters, dann auf Vorspulen, bis zu der Stelle, an der die Frau die Telefonnummer genannt hatte.
Er tippte die Nummer ins Telefon.
Ein Mann meldete sich, er klang müde. „Ja.“
Rob hatte einen trockenen Mund. „Spreche ich mit Parker Elliot?“
„Ja, wer ist denn da?“ Die Stimme klang schon schärfer und wacher.
„Hören Sie, ich brauche Ihre Hilfe. Jess steckt in Schwierigkeiten. Sie ist auf dem Rückweg zu ihrem Haus, und dort hält sich der Killer auf, nur weiß sie nicht, dass dieser Mann der Mörder ist und …“
„Wer spricht da?“
Er schloss die Augen. „Rob Carpenter.“
Sofort vernahm er die entstehende Hektik am anderen Ende der Leitung. Es gab ein Klicken, und dann meldete sich die Stimme einer Frau. Es war die gleiche, die einen Teil der Nachricht auf Jess‘ Anrufbeantworter gesprochen hatte.
„Rob? Mein Name ist Selma …“
„Bitte, Sie müssen mir helfen. Er wird sie umbringen …“
„Wer wird sie umbringen?“
„Frank Madsen. Er ist in ihrem Wohnzimmer. Bitte sorgen Sie dafür, dass sie nicht ihr Haus betritt.“
Elliot war wieder zu hören. „Wo sind Sie?“
„Das spielt doch keine Rolle, oder?“
„Rob.“ Selmas Stimme klang beruhigend. „Wir können Ihnen helfen, mein Lieber. Sie müssen uns nur sagen, wo Sie sind.“
Sie glaubten ihm nicht. Panik stieg in ihm auf. „Hören Sie - Jess glaubt, ihr Exmann sei der Mörder, aber er ist es nicht. Stanford ist es nicht, und ich bin es auch nicht. Bleibt also nur noch Frank. Außerdem …“ Er verstummte und starrte das Telefon an. Er hatte ihnen gerade seinen Aufenthaltsort verraten. Elliot würde nicht
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