Risotto Mit Otto
muss doch an die Uni. Die Semesterferien beginnen erst Ende Juli«, protestierte ich energisch. »Ich kann jetzt unmöglich zurück nach Riccione kommen. Auf gar keinen Fall!«
»Das ist mir egal. Ich trage die Verantwortung für dich und werde nicht länger zulassen, dass du Dinge tust, von denen ich nichts weiß. Und damit bas…«
»…ta«, ergänzte ich, denn mein leerer Akku hatte dem Gespräch vorschnell ein Ende bereitet.
Ich war stinkwütend. Auf Signor Colluti, der seine Drohung wahrgemacht und mich tatsächlich bei meinen Eltern verpfiffen hatte. Stinkwütend. Auf ihn. Damit ich nicht auf mich und meine grenzenlose Blödheit wütend sein musste. Wie hatte ich nur annehmen können, dass die Sache zu meinen Gunsten ausging? Warum hätte er mich decken sollen? Das alles war schon viel zu lange gutgegangen. Nichtsdestotrotz war der ach so seriöse Herr, dem mein Vater nach wie vor vertraute, nichts weiter als ein hinterlistiger, kleiner Betrüger.
Wild entschlossen, ihn zur Rede zur stellen und ihn diesmal nicht davonkommen zu lassen, selbst wenn er mir seinen dämlichen Mafioso auf den Hals hetzte, eilte ich die Straße bis zu seinem Haus entlang und klingelte Sturm. Einmal, zweimal, dreimal. Aber niemand öffnete. Je länger ich auf den Klingelknopf drückte, desto mehr meldete sich jedoch mein Verstand zu Wort, und meine Wut wich einem unguten Gefühl. Auf einmal war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, mich hier als Hobbypolizistin zu engagieren und mich womöglich in Gefahr zu begeben. Ich muss die Polizei einschalten, dachte ich, während ich alle Fenster gleichzeitig im Auge behielt, um herauszufinden, ob vielleicht doch jemand zu Hause war. Aber dazu musste ich zuerst noch mal mit babbo sprechen und ihn fragen, was Colluti, der den Zusatz »signore« im Namen meiner Meinung nach nicht länger verdient hatte, ihm überhaupt erzählt hatte. Oder herausfinden, ob meine Eltern mich tatsächlich nach Hause zurückbeordern wollten.
Selbstverständlich war mir klar, dass das Gespräch mit meinem Vater auch aus anderen Gründen noch lange nicht mit diesem basta! zu Ende war und ein Nachspiel haben würde, das mir ganz sicher nicht behagte, trotzdem blieb mir nun ein wenig mehr Zeit. Irgendwie würde es mir schon gelingen, meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich das Jahr in München nicht vorzeitig abbrechen durfte. Ich wusste nur noch nicht, wie …
Aiuto, war das alles kompliziert! Dennoch bereute ich es keine Sekunde, dass ich bei meiner Ankunft in München nicht mit dem Mafioso mitgegangen war. Sicher steckte er mit dem Alten unter einer Decke, und die beiden hatten sich das Geld geteilt. Wer wusste schon, was die beiden noch alles auf dem Kerbholz hatten. Während ich zur U-Bahn lief, wirbelten mir die Gedanken nur so durch den Kopf, und ich war nicht in der Lage, sie in geordnete Bahnen zu lenken. Am liebsten hätte ich gleich bei Otto geklingelt und ihn um Rat gebeten, doch leider war er seit unserer Aussprache kein Anlaufpunkt mehr. Außerdem musste ich endlich lernen, meine Probleme selbst zu lösen. Nun war der richtige Moment, um damit anzufangen.
In der WG angekommen, hängte ich das Telefon zum Aufladen zwar an die Steckdose, ließ es aber wohlweislich ausgeschaltet. Klar, ich musste noch mal mit babbo reden, aber nicht sofort. Daher setzte ich mich erst mal mit Marcus in die Küche und sagte nicht nein, als er mir die Hälfte von dem Gemüseauflauf anbot, den er gerade aus dem Ofen geholt hatte. Er verbrachte wie so oft die Mittagspause zu Hause, da er sich lieber schnell was kochte, statt sich wie Mike im Laden eine belegte Semmel oder irgendwelches Fastfood einzuverleiben. Was das anging, waren die beiden grundverschieden. Als ich das Telefon nach dem Essen einschaltete und sofort eine SMS einging, befürchtete ich zunächst, es sei ein entgangener Anruf von babbo, der noch nicht fertig mit mir war. Zu meiner großen Erleichterung war die Nachricht von Vale. Wenn ich allerdings gewusst hätte, dass sie sich nur meldete, um mir die nächste Hiobsbotschaft zu überbringen, hätte ich das Telefon vermutlich in Joe Kugels Katzenklo versenkt.
»Ruf mich an, wenn du das liest«, stand da, und dann noch: »SOFORT!!!«
Das klang irgendwie dringend. Hatte sie sich etwa doch von Giorgio getrennt? Oder hatte er ihr einen Heiratsantrag gemacht?
»Ciao, cara« , sagte ich keine drei Sekunden später. »Was gibt’s? Ich hoffe, du hast gute Neuigkeiten, die
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