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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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wieder runter, und bald war ich eingeschlafen – komplett angezogen. Dieses Deutschland machte mich echt fertig.
    Der Samstag und der Sonntag vergingen wie im Flug. Ich fand mich damit ab, vorerst aus dem Koffer zu leben, und nachdem auch ich Signor Colluti trotz mehrerer hartnäckiger Versuche nicht erreicht hatte, wollte ich es mir erst mal gutgehen lasen. Zunächst versicherte ich meinen Eltern mehr oder minder glaubhaft, dass alles in bester Ordnung sei, dann lackierte ich mir die Fingernägel, machte ein Fußbad und gönnte mir eine Gesichtsmaske, bis ich das Gefühl hatte, mit mir im Reinen zu sein und meine Mitte wiedergefunden zu haben. Danach sah ich mir München an, stattete dem Tierpark in Hellabrunn einen Besuch ab, war abends mit Beate, Isabelle und ihrem Freund Paul im Kino und danach noch etwas trinken. Eigentlich hätte auch Otto uns begleiten sollen, und die beiden Mädels hatten mich mit den vielen Geschichten über ihren Mitbewohner, ein echtes Münchner Original, wie sie immer wieder gerne betonten, auch schon ganz neugierig gemacht. Aber leider hatte er andere Pläne, und so mussten wir unsere erste Begegnung auf später verschieben. Wenn ich doch bloß geahnt hätte, unter welchen Umständen ich ihn kennenlernen sollte, ich hätte alles dafür getan, ihn jetzt schon zu treffen.
    Der Abend war lang und feuchtfröhlich, und während Paul sich noch mit ein paar Freunden zum Kickern traf, zogen wir um die Häuser. Wir hatten einen Heidenspaß dabei, uns auszumalen, was die Typen, die in den Kneipen alleine an der Bar saßen und in ihr Bierglas starrten, wohl von Beruf sein mochten. Wir dachten uns immer absurdere Jobs aus, gackerten wie pubertäre Hühner und torkelten im Morgengrauen eingehakt nach Hause. Begeistert von meinem Leben in Freiheit, schrieb ich Vale noch eine SMS, dann fiel ich ins Bett und wandelte binnen Sekunden in der Welt der Träume.
    Prompt verschlief ich den halben Sonntag und kroch erst gegen drei Uhr nachmittags aus den Federn. Friedrich und ich gingen uns großräumig aus dem Weg, weshalb es zu keinen weiteren unschönen Zusammenstößen kam. Vorerst jedenfalls.
    Keine Stunde später kamen die M&Ms aus ihrem verlängerten Wochenende zurück und begrüßten mich mit großem Hallo. Was die beiden anging, hatte Beate wahrlich nicht zu viel versprochen, denn sie waren so herzlich und nett, dass ich mich gleich wohl fühlte und mein ungutes Gefühl wegen Friedrich im Nu von mir abfiel. Wir setzten uns um den großen, runden Glastisch in der Küche, um den fünf schwarze Schwingstühle mit Chromfüßen standen, und hielten eine Lagebesprechung ab. Ich spendierte eine Runde Baci Perugina, und wir hatten einen Heidenspaß dabei, uns die Lebensweisheiten auf den transparenten Zetteln in den verschiedenen Sprachen vorzulesen.
    »Un bacio proibito brucia più del fuoco« , zitierte ich meinen Text.
    Marcus riss mir den Zettel aus der Hand. »Lass mal sehen. Ein verbotener Kuss brennt heißer als das Feuer. Klingt gut.« Er warf Mike ein vielsagendes Grinsen zu.
    »Ein schöner Gedanke«, sagte ich.
    Die beiden nickten nur.
    »Du kannst erst mal hierbleiben, bis du was anderes gefunden hast«, verkündete Mike irgendwann freudig, nachdem wir noch eine ganze Weile über Gott und die Welt geredet hatten, und fuhr sich mit der linken Hand durch die blonden, kinnlangen Haare. Er hatte stahlgraue Augen, eine große, geschwungene Nase, war extrem muskulös und mindestens eins fünfundachtzig groß, eigentlich genau mein Typ Mann. Auch sein auffälliger Kleidungsstil gefiel mir, und sein Lachen war geradezu ansteckend.
    »Ja«, bestätigte Marcus, als er meinen ungläubigen Blick bemerkte. »Wir haben in der Zwischenzeit mit Jan telefoniert, und er meinte, wenn du nett bist, dürftest du selbstverständlich bleiben. Die Entscheidung hat er großzügigerweise uns überlassen.« Er war eher der Stillere von den beiden, wenngleich nicht weniger sympathisch, und optisch genau das Gegenteil von Mike: klein, schmal und in der schlichten Jeans und dem blauen T-Shirt ein bisschen blass und unscheinbar.
    »Das ist ja super«, sagte ich spontan, und meine Auszugspläne von vor zwei Tagen waren passé, denn die beiden wogen Friedrich mehrfach auf. Lässig waren die Jungs ja schon, das musste man ihnen lassen. Ich würde nicht einfach jemanden, den ich gar nicht kenne, von wem anders, auch wenn ich denjenigen gut kenne, in meinem WG-Zimmer einquartieren lassen – vorausgesetzt, ich hätte überhaupt

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