Risotto Mit Otto
eines. »Meint ihr denn, das wird teuer für mich?«, fragte ich dann, denn mir fiel ein, dass ich sicher Miete bezahlen musste.
»Kaum«, Mike winkte ab. »Als er gehört hat, dass du Italienerin bist, war die Sache so gut wie geritzt. Du lädst ihn einfach auf eine Pizza ein, wenn er wieder da ist, oder kochst ihm was Leckeres aus deiner Heimat, dann ist er glücklich. An Jan ist ein echter Italiener verlorengegangen.«
Bei mir schrillten alle Alarmglocken, denn Deutschen, die sich italienischer vorkommen als jeder Sizilianer, bin ich in Riccione zur Genüge begegnet, und ich habe mir meine ganz eigene Meinung über diesen Menschenschlag gebildet. Aber mir sollte es recht sein. Ich wollte vorerst hierbleiben, und wenn es auf Kosten eines Pseudo-Italieners war, dann sollte es mir recht sein. Schließlich war mir das Hemd näher als der Knopf – oder wie hieß dieses deutsche Sprichwort gleich noch mal?
Jetzt musste ich mich nur noch mit Signor Colluti gegen meine Eltern verbrüdern, dann war alles in Butter. Ich nahm mir vor, ihn gleich noch mal anzurufen oder in den nächsten Tagen bei ihm vorbeizufahren. Aber auch das würde ich hinbekommen, das wäre doch gelacht, bei dem Lauf, den ich gerade hatte.
Marcus hatte in der Zwischenzeit eine Flasche Prosecco – den echten aus Valdobbiadene, wie ich anerkennend feststellte – aus dem Kühlschrank genommen und sie zusammen mit vier Sektgläsern auf den Tisch gestellt. »Ich hole nur schnell Friedrich, dann können wir auf unsere attraktive und nette neue Mitbewohnerin anstoßen«, sagte er.
Als der Name des Superspießers fiel, wurde mir kurz ganz anders, aber dann beschloss ich, dem Feind ins Auge zu blicken, und prostete ihm fröhlich zu, als er hinter Marcus zur Tür hereinkam.
Zwar fiel ihm schier das Lachen aus dem Gesicht, als ihm klarwurde, was der Anlass für den unverhofften Alkoholausschank war, doch er hatte sich sofort wieder im Griff und schien die Entscheidung der beiden M&Ms nicht anfechten zu wollen.
»Stößchen«, sagte Mike und prostete mir zu.
»Auf dich, Süße«, meinte Marcus und strahlte mich an.
Friedrich sagte gar nichts, sondern trank sein Glas in einem Zug leer und verschwand wieder.
»Was ist denn mit dem heute los, Liebchen?«, fragte Mike und starrte auf die Küchentür, durch die sein Cousin verschwunden war.
»Womöglich ist er nicht ganz so italien- oder vielmehr italienerinnenbegeistert wie Jan«, mutmaßte ich und hielt mich ansonsten bedeckt. Ich würde den Teufel tun und von meinen Zusammenstößen mit dem Wassertropfenzähler berichten.
»Ach, wer weiß, was er wieder hat. Den darf man nicht immer ernst nehmen«, meinte Marcus und schenkte uns allen nach.
Da ich mir an dem lustigen Abend mit Beate und Isabelle gestern vorgenommen hatte, überhaupt nichts und niemanden mehr ernst zu nehmen, außer meine eigenen Ansprüche und Erwartungen vielleicht, passte dieser Vorschlag hervorragend in mein neues Lebenskonzept.
Zufrieden hob ich mein Glas. »Wie war das noch? Sößchen!«
3.
»Splendida giornata«
Den nächsten Vormittag verbrachte ich damit, meine Koffer, Taschen und die vielen Tüten von mamma auszuräumen und mich in dem kleinen Zimmer so gut wie möglich einzurichten. Voller Elan stapelte ich die Klamotten auf dem Bett und überlegte, ob ich sie besser nach Farben oder nach Designerlabels sortieren sollte, und öffnete mit Schwung die Schranktür.
Aiuto, durchfuhr es mich, denn es war nicht mal ein halber Kleiderbügel frei, und das Brett über der Kleiderstange bog sich förmlich unter der Last an Hosen, T-Shirts und Pullis, die darauf gestapelt waren. Der Typ hatte ja mehr Jeans als ich, und das wollte durchaus etwas heißen. Ich war beeindruckt. War Jan nicht für sechs Wochen unterwegs? Hatte er etwa nichts zum Anziehen dabei? Ohne lange zu zögern, nahm ich die Stapel heraus und legte sie auf den Boden, um meinen Sachen Zugang zu dem Raumwunder von einem Kleiderschrank zu verschaffen. Sie machten sich wider Erwarten recht gut darin, und das Brett sah nun auch nicht mehr ganz so mitgenommen aus. »Danke«, schien es leise zu flüstern.
Ich überlegte kurz, Jans Klamotten in einem der Altkleiderbeutel, die im Treppenhaus mit der Bitte um eine Spende für Afghanistan lagen, für einen guten Zweck zu opfern, doch dann erwog ich die Konsequenzen und entschloss mich dagegen. Schließlich fand ich es echt klasse von ihm, dass er mich hier wohnen ließ, ohne mich zu kennen. Einem Geistesblitz folgend,
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