Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)
hervorragende Geschichte vom Studienrat Janeberg aus Västerås erzählt.
Der Studienrat Janeberg aus Västerås, ein kleiner, lebhafter Mann, steht an einem schönen Herbstmorgen an der Tafel und erläutert Skånes Wirtschaftsgeographie, als er plötzlich einen scheußlichen schwarzen Punkt an seinem Handgelenk entdeckt. Er geht nicht weg, wenn man daran herumdrückt, im Gegenteil, er tut höllisch weh und scheint irgendwie mit Flüssigkeit gefüllt zu sein.
Janeberg, der etwas hypochondrisch ist, geht in der Mittagspause zum Schularzt. Der schüttelt den Kopf. In seiner dreißigjährigen Praxis hat er so etwas noch nie gesehen. Es geht sicher wieder weg, sagt er, aber wenn du willst, kann ich dich ja ins Zentralkrankenhaus schicken. Ja, gut, sagt Janeberg, der etwas ängstlich ist.
Im Krankenhaus muß er einen ganzen Vormittag warten, bis er drankommt. Der Oberarzt blinzelt hinter seiner Goldrandbrille mit den Bifokalgläsern, zupft an seiner großen roten Nase und sagt: Seltsam. Es gibt nur eine Diagnose dafür, aber die ist so unglaublich, daß ich sie nicht zu stellen wage. Es ist sicher etwas Harmloses, aber ich will jedenfalls eine Probe entnehmen und sie dem Bakteriologischen Institut in Uppsala schicken. Und als er merkt, daß Janeberg ganz blaß wird, fügt er hinzu: Ich bin fest davon überzeugt, daß es eine Lappalie ist, es ist lediglich eine Routinemaßnahme.
– Ist es..., sagt Janeberg, das kann es doch wohl nicht sein?
– Nein, ach so, nein, das ist es auf gar keinen Fall, sagt der Oberarzt. Das nicht. Haben Sie denn irgendeinen Grund, so etwas zu vermuten?
Acht Tage vergehen. Janeberg bekommt noch drei bläuliche Bläschen. Im Bakteriologischen Institut in Uppsala beugt sich ein Assistent zum siebentenmal über sein Mikroskop und sagt sich: Ich muß verrückt geworden sein, ich muß verrückt geworden sein.
Er ruft den Professor herbei. Der Professor beugt sich über das Mikroskop, er atmet schwer, er ist ein asthmatischer alter Mann und gerade ziemlich verärgert über die Störung, aber auf seinem Gebiet eine der größten Kapazitäten der Welt.
Er stößt einen Pfiff aus, zieht die Schärfe nach, schmunzelt und murmelt eine ganze Weile vor sich hin. Als er endlich vom Mikroskop aufblickt, lächelt er den Assistenten strahlend und jungenhaft an und sagt:
– Würden Sie bitte so freundlich sein, ein paar Anrufe zu machen? Beim Innenminister, bei der Landesregierung von Västmanland, beim Befehlshaber des vierten Wehrbereichs, beim Gesundheitsamt, bei der Schulbehörde und beim Justizminister. Sie sollen mal eben hier vorbeikommen.
– ? ? ?
– Wir haben hier nämlich den Schwarzen Tod vor uns.
Was Janeberg betrifft, so wurde er nach einer strengen, zehntägigen Penizillinkur völlig gesund, und kein anderer Mensch in Västmanland hat seit dem fünfzehnten Jahrhundert je wieder die Pest gehabt.
Aber es wäre immerhin denkbar, meine ich, als kleine Erinnerung an das, was einem zustoßen kann.
Das fanden die jungen Leute auch, und dann machten wir Musik, das heißt, jemand ging zum Plattenspieler und spielte etwas auf der ungeheuer starken Anlage ab. Es war Beethovens dritte Leonoren-Ouvertüre.
Ich muß ein wenig müde oder betrunken oder auch ein wenig müde und ein bißchen betrunken gewesen sein, denn als wir zu diesem Trompetensignal kamen, ihr wißt schon, dieses ferne befreiende Trompetensignal, das die Befreiung der Gefangenen aus dem Kerker ankündigt, das große liberale Trompetensignal, könnte man sagen, das ursprüngliche, unverdorbene Signal der Individualisten und Liberalisten in der europäischen Kunst, ein Signal, das nicht das geringste über die Notwendigkeit sagt, die Kulaken auszumerzen, um das Glücksreich auf Erden zu verwirklichen, ein Signal, das völlig unberührt von Parteidisziplin, Fünfjahresplänen und Nackenschüssen sagt, daß die Freiheit existiert: DU KANNST, WENN DU WILLST , mein Gott, dachte ich, davon habe ich ja die ganze Zeit geredet! Das ist es, was ich meine! Mein Gott, im Grunde bin ich ja liberal !
LOVE ME, I AM A LIBERAL!
Um die Ecke wartet ein besseres Leben auf uns alle. Ja.
Ich fürchte nur, daß das nicht viel hilft.
In Indien gibt es immer noch Gegenden, in denen alle erstgeborenen Kinder einer moslemischen Priestersekte überlassen werden müssen, die sie mit Binden einschnüren, so daß sie bewegungsunfähig werden und das Gehirn sich nicht entwickelt. Diese Sekte verkauft sie dann als Bettler, weil sie so leicht
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