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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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sagen getrauten.
    »Hinterher, Frau Zieschke.«
    »Was ›hinterher‹?«
    »Hinterher, nach der Meisterschaft, da bring ich dem Herrn Zwerger die Raupe zurück.«
    Rita wollte Herrn Fricker nicht auf die Nase binden, dass Schorsch und Bene die A nmeldung für die Meisterschaft gar nicht abgeschickt hatten. Ganz abgesehen von dem sexistischen Unfug, den sie Fricker eingeredet hatten, Frauen aus mecklenburgischen oder vorpommerschen Küstenregionen hätten durch W ind und Salzgehalt des Meeres verursachte überdurchschnittliche sexuelle Begehrlichkeiten. Rita wäre die Erste gewesen, die davon gewusst hätte.
    »Herr Fricker, diese Meisterschaft da oben an der Ostsee …«
    »Ich weiß, das wär schon gut, wenn ich da g’winnen tät …« Dabei hatte Ewald sie einfach verständnisvoll angelächelt, als wollte er ihr die Sorge nehmen, er würde die Firma Zwerger dort oben blamieren. Rita kam sich vor wie eine Lehrerin, die sich nicht getraute, ihrem Problemschüler den A ufsatz zum T hema »meine schönste Schnapsidee« mit der Note fünf minus zurückzugeben. Die Selbstverständlichkeit, mit der der Mann auf Zwergers Fiat saß und ein spontaner Gedanke an ihren Besuch bei Frickers Mutter hatten Rita für einen Moment aus dem Konzept gebracht. W obei das allfällige Konzept lediglich daraus bestanden hatte, Herrn Fricker zu erwischen und dem armen Kerl nach Hause zu helfen. Die Maschine der Raupe lief immer noch, Herr Fricker dachte offenbar gar nicht daran, sich zurück ins A llgäu helfen zu lassen.
    »Aber die Raupe muss auf dem schnellsten W eg wieder in die Firma. Die gehört Ihnen nicht.«
    Diesmal beugte sich Ewald zu ihr herunter, als wolle er ihr ein Geheimnis anvertrauen.
    »Der Zwerger hat eh genug andere Raupen, grad jetzt, wo er pleite ist. Und einer, der wo wirklich pleite ist, der braucht sowieso keine Maschinen. Der muss grad froh sein, wenn er keine mehr hat.«
    Dieser unerwartete A usstoß von Logik traf Rita ein wenig unvorbereitet. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Mann, den alle für einen Deppen hielten, mit abenteuerlichen T heorien zu Konkursfragen daherkommen würde.
    »Falsch gedacht, Herr Fricker! Gerade deswegen braucht er die Raupe.«
    »Warum? Die ist doch eh nix mehr wert …«
    Rita hatte für einen Moment das Gefühl, das Gespräch und die ganze Situation könnten ihr ein wenig entgleiten.
    Sie wollte auch mit Herrn Fricker keine Detailfragen eines Insolvenzverfahrens ausdiskutieren, zumindest nicht hier, auf einem Feldweg neben einem Maisfeld nördlich von Ulm. Der Kerl sollte jetzt einfach nur die Maschine abstellen und heruntersteigen von dem Monstrum.
    Rita zog die Geldscheine heraus, die Karl Zwerger ihr gegeben hatte, und hielt sie Fricker lächelnd hin wie ein verfrühtes W eihnachtsgeschenk.
    »500 Euro, Herr Fricker. Davon kaufen Sie sich eine Fahrkarte. W as übrig bleibt, gehört Ihnen.«
    Ewald schüttelte den Kopf.
    »Ich glaub nicht, dass mir die Bahn die Raupe für 500 Euro bis an die Ostsee rauffährt. Die Bahn ist eh unverschämt teuer, und dabei ist bei denen allen Furz lang was kaputt.«
    »Nicht die Raupe, Sie! Sie alleine! Und nicht an die Ostsee, sondern zurück ins A llgäu!«
    Ewald schüttelte den Kopf, freundlich, aber bestimmt. Mehr hatte er dazu nicht zu sagen.
    Rita wusste, dass sie ihre Strategie ändern musste. Mit Geld oder gar A rgumenten war dem Kerl nicht beizukommen. A ber einfach gestrickte Männer ließen sich oftmals viel effizienter auf der Gefühlsebene packen.
    »Bitte, Herr Fricker. Sie sind doch kein Rabauke, Sie wissen doch, was sich gehört. A ußerdem wartet Ihre Mutter auf Sie. W egen dem Stall. Und sie macht sich Sorgen.«
    »Die hat sich noch nie Sorgen g’macht außer um sich selber. Die ist alt genug, die kann den Stall auch amol ein’ T ag lang ohne mich machen!«
    »Einen T ag lang??! W issen Sie, wo das ist, wo Sie da hinwollen?«
    »Saumäßig weit droben, ich weiß.«
    Rita merkte, dass sich die V erhandlungen im Kreis drehten. Sie musste jetzt unmissverständlich klarmachen, was Sache war.
    »Herr Fricker, Sie fahren jetzt wieder nach Hause, und zwar so schnell wie möglich. Da gibt es keinen Diskussionsspielraum.«
    »Ich war dreißig Jahr lang zuhause, da kommt’s jetzt auf zwei T ag’ auch ned an.«
    Der Mann, der aussah wie ein Bulle auf einem Bulldozer, war verhandlungstechnisch mindestens so glitschig wie ein Stück Seife.
    »Wenn da irgendetwas passiert mit der Raupe, dann sind Sie nicht einmal

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