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Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Titel: Ritter 01 - Die Rache des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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eines Kämpfers sein, eines Ritters, der seinem Lehen verpflichtet ist. Das hat ihn aber dennoch nicht davon abgehalten, Schriften und Papiere wandhoch in seinem Zimmer zu stapeln.« Er lachte wehmütig. »Und auch nicht davon, meinen Kopf und den meiner Mutter mit Geschichten über die alten Griechen und deren Philosophen zu füllen.«
    Das hieß, bis ihr Vater diesen sanften Mann abgeschlachtet und dem Lernen und Erzählen von Geschichten ein Ende gemacht hat, dachte Raina. Schuldgefühle machten ihre Stimme schwach. »Er muss ein bemerkenswerter Mann gewesen sein.«
    »Sie waren beide bemerkenswert, meine Eltern. Gerecht, hart arbeitend. Anständige Menschen.«
    »Stört es dich, über sie zu reden … mit mir?«
    »Nein«, erwiderte er und sah sie endlich wieder an. »Es ist nur so, dass ich lange nicht mehr auf diese Weise an sie gedacht habe. Einfach nur … nur an sie gedacht habe.«
    »Und Ihr, Mylady?«, fragte er nach einer längeren Pause. »Wie habt Ihr schwimmen gelernt? Wurdet Ihr darin unterwiesen oder wurdet Ihr tatsächlich mit diesen angeblichen Schwimmhäuten geboren?« Er fasste nach einem ihrer Füße und führte ihn an seinen Mund, täuschte vor, in ihre Zehen zu beißen.
    »Ich habe es mir selbst beigebracht«, sagte sie und lachte, während sie ihren Fuß aus seinem kitzelnden Griff zurückzog. »Als ich klein war, habe ich mich einmal aus der Burg geschlichen. Es war sehr dunkel in jener Nacht. Ich habe nicht aufgepasst und bin in den Burggraben gefallen.«
    Er stieß einen übertriebenen Ausruf des Abscheus aus und lachte dann. »Das ist dir recht geschehen. Warum bist du auch allein in der Dunkelheit herumgeschlichen? Oder hast du dich mit jemandem getroffen?«
    »Ich wollte davonlaufen.«
    Der Ernst ihrer Antwort musste ihn überrascht haben, denn er wandte ihr das Gesicht zu und sah sie prüfend an. »Und warum?«
    Sie wollte es ihm nicht sagen. Es ging ihr zu nahe. Sie versuchte es mit derselben Art gleichmütiger Zurückweisung, auf die ihr Vater so oft zurückgegriffen hatte, wenn er sich unangenehmen Themen gegenübergestellt sah. »Es war nichts, wirklich. Die Dummheit eines Kindes, das ist alles.«
    Sein intensiver Blick sagte ihr, dass er es ihr nicht abnahm. »Damals hast du offensichtlich nicht so darüber gedacht. Wie alt warst du?«
    »Oh, ich erinnere mich nicht mehr genau … vier oder fünf, denke ich.«
    Sie war fünf gewesen, und es war im Frühling jenes Jahres geschehen. Kurze Zeit bevor ihre Mutter gestorben war. Ohne dass Raina sich anstrengte, konnte sie wieder die verbrannten Lavendelblätter riechen, den durchdringenden Geruch eines heilenden Rauches, der oft das Schlafzimmer ihrer Mutter erfüllt hatte. Wie auch an jenem Tag.
    Gunnars Stimme brach wie ein Flüstern in ihre Gedanken ein. »Raina, Liebes, warum bist du fortgelaufen?« Er zog sie in seine Arme, hüllte sie in seine Wärme ein. »Du kannst es mir doch sagen.«
    Sie holte tief Luft und barg ihre Stirn an seiner Brust. »Norworth war nicht so wie dein Zuhause. Es gab keine Picknicks, kein Geschichtenerzählen, keinen Schwimmunterricht. Mein Vater war entweder nicht da oder zu beschäftigt, um sich mit einem einsamen Kind abzugeben. Und meine Mutter verließ an den meisten Tagen kaum ihr Zimmer…«
    Ohne es zu wollen, hatte Raina ihre Mutter auf der anderen Seite der spaltbreit geöffneten Tür schluchzen gehört. Sie schloss ganz fest die Augen, aber sie konnte noch immer den zierlichen Körper sehen, der in der Mitte des großen Bettes lag, mit dem Rücken zur Tür. Eine Handvoll Dienstmägde hatte sich um ihre Mutter bemüht, die vor Schmerz gestöhnt hatte, als eine der Mägde ihr sanft mit einem Tuch das Gesicht abgetupft hatte. Eine andere machte einen Kräuterumschlag um ihren verletzten Arm.
    Mama, liest du mir etwas vor?
    Bei ihrer Frage hatten alle Mägde zur Tür geschaut, dorthin, wo Raina stand, die Bibel ihrer Mutter in der Hand. Niemand hatte etwas gesagt. Dann war ein verzweifelt klingendes Schluchzen durch den Raum gedrungen.
    Bringt sie von hier weg! Ich will Raina nicht hierhaben!
    Sie zitterte bei dieser Erinnerung, und Gunnar hielt sie fest umschlungen, streichelte ihre Schulter. Sein Schweigen und seine Zärtlichkeit gaben ihr Mut. »Ich glaube, ich bin davongelaufen, weil ich das Gefühl hatte, nicht dorthin zu gehören. Ich hatte das Gefühl, ich sei unerwünscht.«
    Es klang dumm in ihren Ohren, jemandem, der seine Familie durch eine sinnlose Tragödie verloren hatte, zu sagen,

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