Ritter 01 - Die Rache des Ritters
die Schulter des Mannes zu und wies ihn mit einem raschen Blick zum rückwärtigen Teil der Schänke den Weg. Nigel nickte zustimmend und nahm einen überschäumenden Krug mit Bier von dem Tablett, das ein Schankmädchen vorbeitrug. Sie schimpfte, aber er beachtete sie nicht, hob den Krug an seine Lippen und ließ sich beim Trinken das warme Bier über das Kinn und auf seine Tunika laufen.
Als er an der Hure vorbeikam, packte er sie am Arm und zog sie vom Schoß des Mannes herunter. »Lass was für den nächsten Mann übrig, hörst du, Freund?«
Der Ritter stand auf, stieß die Bank ein Stück zurück und fuhr mit der Hand zu seinem Schwert. Er starrte Nigel an, während seine blutunterlaufenen Augen sich zu schmalen Schlitzen zusammenzogen. »Ich kenne dich«, sagte der Mann.
»Aye, gut, mich kennen viele Leute«, gab Nigel kühn zurück, während er das heruntergekommene Aussehen des Ritters mit einem raschen Blick abschätzte. Seine Nase war geschwollen und neigte sich so schief zu einer Seite, dass sie ganz offensichtlich gebrochen war. Der Riss in seiner Lippe wies auf einen kürzlichen Streit hin, und seinem Aussehen nach zu urteilen, war er nicht als Sieger daraus hervorgegangen. »Ich hab dich noch nie gesehen, und ich habe auch keine Lust, dich kennenzulernen.« Nigel schickte sich an, mit seiner Hure zu verschwinden, aber der Ritter packte ihn am Arm.
»Ich kann dir sagen, wo d’Bussys Bankert ist.« Sein Grinsen war gierig und nahezu zahnlos. »Für ’nen anständigen Preis, versteht sich.«
Mit einem abfälligen Schnauben riss Nigel sich los. »Dein Leben wirst du nicht damit fristen können, solche Neuigkeiten zu verkaufen, Mann. Ich weiß bereits, wo sie ist.« Der Ritter starrte ihn finster an, setzte sich wieder auf die Bank und stierte in seinen Bierkrug. Nigel beobachtete ihn und stellte fest, dass der Mann vielleicht doch etwas Vertrautes an sich hatte … vielleicht war er ihm doch schon einmal begegnet. »Wie bist du an diese überflüssige Information herangekommen?«
Der Ritter schluckte den Rest seines Bieres hinunter, dann hieb er mit dem leeren Krug auf den Tisch. Er sah Nigel an, streckte ihm die geöffnete Hand hin und zeigte darauf: erst die Bezahlung. Nigel schickte die Hure mit einem Klaps auf ihr Hinterteil fort und setzte sich dem Ritter gegenüber auf die Bank. Er holte seinen Geldbeutel heraus und stellte ihn vor sich hin. Das Klimpern der Münzen brachte ein unangenehmes Funkeln in die rotgeränderten Augen des Mannes.
»Ich war dabei, als er sie sich geholt hat«, sagte er.
»Rutledge?«
Der Ritter nickte. »Hab bei dem Hurensohn eine Weile in Diensten gestanden. Mein Name ist Burc.« Er bot Nigel die Hand, der sie jedoch ignorierte. Mit einem zornigen Schnauben zog der Ritter sie schließlich zurück. »Wir hatten ’ne Meinungsverschiedenheit, könnte man sagen. Unsere Wege haben sich getrennt.«
Nigel konnte den Beweis für diese Meinungsverschiedenheit an jeder Narbe und jedem Bluterguss im Gesicht des Mannes sehen. Sein Interesse war geweckt, und mit einem Fingerschnipsen wies er das Schankmädchen an, den Krug des Söldners neu zu füllen. »Wenn ich dich also richtig verstehe, dann kann man dich und deine Klinge wieder anheuern?«
»Ich gehe dahin, wo es mir gefällt, richtig.« Burc nahm einen großen Schluck. »Ich könnte dich zu seiner Burg führen, falls du die Frau zurückfordern willst.«
Nigel lachte. »Das ist nicht nötig, Mann. Er hat sie freigelassen, ist das zu glauben? Sie ist heute Mittag hier angekommen, mit zwei seiner Männer als Eskorte, keinen weniger.«
»Warum denn das?«
»Genau diese Frage habe ich mir auch schon gestellt. Sie sagt, er will sich jetzt mit dem Baron treffen, um über eine friedliche Einigung zu reden. Morgen früh.«
Nigel konnte seinen Groll über dieses Vorhaben kaum zügeln. Er musste einen Friedensschluss auf jeden Fall verhindern. Wenn er darauf hoffte, Norworth mit seinen Ländereien für sich zu bekommen, dann brauchte er die Heirat mit Raina, und um das zu erreichen, musste er den Baron aus dem Weg räumen. Rutledges Tod würde ihm diesen Sieg darüber hinaus noch versüßen.
»Vielleicht gibt es einen Weg, wie wir beide Satisfaktion bekommen«, sagte Nigel nach einigem sorgsamen Nachdenken. »Wie würde es dir gefallen, die Chance zu bekommen, mit Rutledge abzurechnen … endgültig?«
Der Söldner musste nicht lange überlegen. »Den Tod von diesem Bastard und seine Börse dazu? Nun, wie könnt ich da
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