Ritter 01 - Die Rache des Ritters
widerstehen?«
»Also abgemacht«, sagte Nigel und erhob seinen Becher zu einem Toast.
Zwei Stunden später warf Nigel eine Münze zur Bezahlung seines Biers auf den Tisch und verließ die Schänke voll boshafter Genugtuung über die Leichtigkeit, mit der sein Plan Gestalt anzunehmen begann. Er hatte keinen Zweifel daran, dass man einem Mann von Burcs Kaliber vertrauen konnte, dass er den Anlass ihres Treffens als Geheimnis bewahren würde, ganz egal, wie viel er ihm für den Mord zahlte. Aber schließlich hatte Nigel gar nicht die Absicht, diesem gierigen Säufer auch nur einen Penny zu zahlen. Nein, Burcs Belohnung, wenn er denn kam, um sie einzutreiben, würde der kalte Stahl von Nigels Schwert sein, der ihm die fette Kehle durchtrennte.
Die Tat wäre vollbracht, es würde kein Geld dafür verschwendet worden sein, und niemand würde den Zusammenhang kennen. Nigel kicherte laut über die Brillanz seines Plans – und über dessen Früchte, die er morgen Abend ernten würde.
Alles, was er jetzt noch tun musste, war, den alten Baron dazu zu bringen, den Abscheu vor seiner unseligen Geburt zu vergessen, jedenfalls für einen Tag, und ihm zu erlauben, ihn zu dem geheimen Treffen mit Rutledge zu begleiten. Um über ihn zu wachen – ganz, wie es der Wunsch eines jeden guten Sohnes wäre.
Baron d’Bussy und Nigel machten sich früh am nächsten Morgen auf den Weg nach Wynbrooke. Es hatte nur ein paar Flaschen Wein und eine gehörige Portion an Schuldgefühlen gebraucht, um den alten Mann zu überzeugen, seinem illegitimen Sohn diese eine Ehre zu gewähren. Jetzt ritt Nigel an der Seite seines Vaters, wurde wie magisch angezogen von dem Klopfen der dicken Vene an seinem rötlichen Hals und wartete auf den Moment, in dem sie damit aufhörte … für immer.
Sein Lächeln wirkte fast übermütig, wenn er daran dachte, dass er diese Tat vollbringen würde.
Neben ihm, krumm in seinem Sattel hockend, stieß der Baron einen langen Seufzer aus. »Meine Knochen sind das Reiten leid«, murmelte er. Seine Sprache klang verwaschen von dem zu großen Weingenuss beim Morgenmahl. »Was glaubst du, wie lange wir noch reiten müssen, mein Sohn?«
Nigel überhörte das Kosewort und verhärtete sich innerlich gegen das Schuldempfinden, das ihn kurz befiel, als er es endlich einmal ausgesprochen hörte. Der alte Mann sagte es schließlich nur, weil er betrunken war und sich für einen Moment vergessen hatte. Es ist ohnehin zu spät, resümierte Nigel. Es hatte nichts mehr zu bedeuten. Norworth brauchte einen neuen Lord, brauchte jemanden, der stärker war als dieser geistesschwache, sabbernde Trunkenbold. Norworth brauchte ihn ; es war sein angestammtes Geburtsrecht. Es war Zeit, dass er es einforderte.
»Nicht mehr lange«, erwiderte Nigel gleichmütig und richtete den Blick auf das Dickicht des Waldes, der vor ihnen lag. Er kam zu dem Schluss, dass es abgeschieden genug aussah für seine Tat. »Jetzt dauert es nicht mehr lange.«
Gunnar näherte sich Wynbrooke kurz nach Tagesanbruch. Mit jedem Schritt, den sein Pferd ihn näher zur Burg brachte, kämpfte er mit den widerstreitenden Gefühlen in sich. Während des Rittes nach Süden, zum Land seiner Familie, hatte er sich fast mit dem Gedanken angefreundet, d’Bussy am Leben zu lassen.
Er wusste, dass er dessen Untaten niemals vergeben und ganz gewiss niemals begreifen würde, aber er musste seine Hände nicht mehr mit dem Blut des Barons beflecken, um ein Leben in Frieden führen zu können. Etwas in ihm war sanft geworden, hatte die alten Gefühle von Hass und Schmerz gemildert und ihn dazu gebracht, Freude am Leben zu empfinden. Und es hatte die Hoffnung auf ein Morgen mit sich gebracht.
Dieses Etwas war Raina.
Sie war in ihm. In ihm und um ihn herum, in allem, was er tat und fühlte und dachte. Sie war sein Leben. Und da er sie so von Herzen liebte, würde er ihr niemals Schmerzen zufügen können, könnte sie niemals einen solchen Verlust ihrer Familie erleiden lassen, wie er ihn erlitten hatte. Und wenn er Raina in seinem Leben haben konnte, dann würde er diesen Verlust auch nicht fühlen.
Gunnar ließ sich von der Wärme dieses Gedankens umarmen, als er sein Pferd antrieb und den Burghügel hinaufritt, um von dort oben auf das Eintreffen des Barons zu warten. Er hatte den Hügel zur Hälfte hinter sich gebracht, als etwas an seinem Kopf vorbeizischte und sich mit einem harten Aufprall hinter ihm in den Erdboden bohrte. Überrascht zog Gunnar die Zügel an und warf
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