Ritter 01 - Die Rache des Ritters
sich förmlich zu verklumpen, als ihn jäh ein Gedanke durchfuhr. Er presste die Zähne zusammen und wandte langsam den Kopf. Er wusste, dass sich sein Abscheu auf seinem Gesicht widerspiegelte, aber er war unfähig, ihn zu verbergen. »Hast du Gefühle für ihn entwickelt?«
Raina wandte den Blick ab und war entweder nicht in der Lage oder nicht bereit, seinem Blick standzuhalten. »Es ist so viel passiert, als ich bei ihm war«, flüsterte sie vage. »Nigel, ich erwarte nicht, dass du es verstehst – «
»Warst du mit ihm im Bett?«
Dass seine Stimme so ruhig klang, überraschte selbst Nigel, denn innerlich bestand er nur noch aus Wut. Sie machte ihn zittern und er war kurz davor, zu explodieren. Ihr Schweigen auf seine Frage war ihm unerträglich.
»Antworte mir!« Er richtete sich vom Fenstersims auf, ging zu Raina und packte sie an den Armen. »Sag es mir, verdammt! Hast du dich von ihm anfassen lassen? Hast du die Beine für ihn breit gemacht?«
»Nigel, bitte.« Sie wand sich und versuchte, seine Finger von ihren Armen zu lösen. »Du tust mir weh!«
Nigel spürte, dass er hart wurde, als ihre Abwehr stärker wurde. Ihre Unberührtheit, die zu verlangen er niemals das Recht gehabt hatte, war ihm gestohlen worden. Sie hatte ihn seit Jahren hingehalten, und jetzt das. So schmerzlich ihr Verrat auch war, ein gequälter Teil von ihm wollte – nein, musste – die Worte hören. »Wie lange hat er gebraucht, um dich zu verführen, Raina? Einen Tag?« Er schnitt eine Grimasse, schüttelte sie fast. »Oder nur ein paar Stunden?«
Er spürte ihre Angst und ließ sie sofort los, denn er wusste, dass er vorsichtig zu Werk gehen musste. Noch brauchte er sie und ihr Vertrauen. Während nur eine einzige Flasche notwendig gewesen war, um den Baron zu beherrschen, würde Raina sich seinem Willen nicht so leicht beugen, das wusste Nigel. Das hatte sie nie getan.
Einige Male hatte er wirklich gehofft, sie würde nie mehr zurückkommen; es hätte seine Pläne, die Herrschaft des Barons zu übernehmen, leichter durchführbar gemacht. Aber jetzt stand sie vor ihm, heil und unversehrt. Und das tödliche Treffen, von dem Nigel sich erhofft hatte, es würde eins der Hindernisse – wenn nicht gar beide – aus dem Weg räumen, die zwischen ihm und Norworth standen, würde vielleicht niemals stattfinden. Er war wieder dort, wo er begonnen hatte. Wollte er Norworth für sich gewinnen, dann musste er den Baron loswerden und seine legitime Erbin heiraten.
Raina von seiner Zuneigung zu überzeugen war schon vorher schwer genug gewesen, aber jetzt, in Anbetracht ihrer offensichtlichen Gefühle für Rutledge, würde das unmöglich sein, solange dieser Schurke am Leben war. Es konnte keinen Zweifel daran geben, dass Rutledge Raina benutzt hatte – in der Situation hätte das jeder Mann getan. Wahrscheinlich brüstete er sich damit, wie leicht es gewesen war, sich d’Bussys Tochter zu nehmen, und war jetzt ohne Zweifel dabei, einen Plan zu schmieden, um Norworth bei erster Gelegenheit anzugreifen. Der Schuft mochte sich Rainas Körper genommen haben, aber Nigel weigerte sich, ihm noch mehr zu überlassen.
Und sollte sie den Bastard dieses Schurken in sich tragen, würde er dieses Balg ersäufen, noch bevor es die Möglichkeit hätte, seinen ersten Atemzug zu tun.
»Du wirst mir alles sagen, Raina. Wo er ist, wie viele Männer er hat … seine Schwächen. Ich werde die ganze Garnison hinführen, wenn es notwendig sein sollte, um ihn aufzustöbern – «
»Nein!« Raina packte ihn am Arm und sah ihn flehend an. »Es wird keine Gewalt mehr geben! Bitte«, flüsterte sie. »Ich habe meinen Vater gebeten, sich morgen mit Gunnar zu treffen … um über Frieden zu reden.«
Gunnar.
Den Namen dieses Kerls von ihren Lippen zu hören war für Nigel wie ein Dolchstoß in seine Eingeweide, so widerwärtig, dass er kaum den Rest von dem verstand, was sie sagte. Die Worte drangen langsam zu ihm vor, brannten sich durch den Schleier seiner Wut. Sie hatte um ein Treffen zwischen ihm und ihrem Vater gebeten. Um über den Frieden zu reden. Nigel zog nachdenklich die Stirn kraus. »Ich verstehe. Und hat der Baron zugestimmt?«
»Er hat noch nicht zugestimmt, aber ich hoffe, er wird es noch tun.«
Geistesabwesend nickte Nigel. Vielleicht ergab sich doch noch etwas Gutes aus der jüngsten Entwicklung. Da Raina wohlbehalten wieder zu Hause war, verfügte Rutledge über keinen Verhandlungsvorteil mehr. Und wenn der alte Baron klug war, würde er
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