Ritter 01 - Die Rache des Ritters
musst mir genau schildern, was bei dem Treffen geschehen ist.«
»Wir sind gar nicht bis zu dem Treffen gekommen. Denn Gunnar« , höhnte er, »hat uns unterwegs aufgelauert. Gunnar hat uns aus dem Hinterhalt überfallen und deinen Vater kaltblütig ermordet. Und jetzt sag mir, ob du noch mehr wissen willst?«
»Warum?«, flüsterte sie, ohne sich von Nigels wachsendem Zorn einschüchtern zu lassen. »Es ergibt keinen Sinn … «
Anstatt wütend zu reagieren, kicherte Nigel. »Es war genau so, wie ich es vermutet hatte. Er hat uns benutzt. Alles, was er jemals wollte, war das Land deines Vaters und die Macht deines Vaters – «
»Das ist nicht wahr! Er wollte nie etwas von diesen Dingen.«
»Doch, das wollte er, und offensichtlich so sehr, dass er dafür getötet hat. Wie es aussieht, bist du das Einzige, was er nicht wollte.«
Obwohl es Raina bis jetzt gelungen war, ihre Zweifel darüber zurückzuhalten, traf Nigels Behauptung sie bis ins Mark. Ein Schluchzen entrang sich ihrer Brust, und eine Flut von Tränen lief ihr über die Wangen. Sie konnte nicht genug Kraft aufbringen, um abzustreiten und zu widerlegen, was er gesagt hatte. Es gelang ihr kaum noch, sich auf den Beinen zu halten, die ihr wegzusacken drohten.
Nigel sah sie mit vorgetäuschtem Mitgefühl an, dann zog er sie in seine Arme, murmelte beruhigende Worte in ihr Ohr und strich ihr über das Haar. Seine Stimme war ein gequältes Flüstern. »Es macht mich krank, wenn ich an die besudelnden Worte denke, die dieser Bastard über deine Ehre gesagt hat. Es war schlimm genug, dass sich mein Argwohn bestätigt hat, aber für deinen Vater, der sich die Einzelheiten deiner Schande anhören musste, ausgesprochen von diesem Schuft … « Er stieß einen klagenden Seufzer aus. »Ich wünschte, es wären nicht die letzten Worte gewesen, die er vor seinem letzten Atemzug hören musste.«
Raina konnte es nicht mehr ertragen. »Genug!«, schrie sie. »Bitte, hör auf!« Sie stieß ihn von sich, die Ohren klangen ihr von diesen schrecklichen Worten, ihr Herz fühlte sich an, als würde es ihr aus der Brust gerissen.
Ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt, als sie sich auf ihr Bett warf und ihr Gesicht in einem Kissen vergrub. Sie hörte Nigel zum Fenster gehen und die Läden schließen, um die Geräusche vom Burghof auszusperren und das Zimmer in Dunkelheit zu tauchen.
»Belaste dich nicht länger mit Gedanken an ihn. Ich bezweifle, dass er unsere Türschwelle je wieder entehren wird.« Mit diesen Worten zog er sich zurück und verließ das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und ließ Raina mit ihrem Schmerz allein.
Schweißgebadet, blutbefleckt und müde erreichte Gunnar Norworths massives Tor, als die Sonne gerade hinter dem Horizont zu versinken begann. Burc lag gefesselt auf seinem Pferd, das Gunnar an den Zügeln führte. Er war dem Tod näher als dem Leben. Als sie sich dem Tor näherten, rief einer der Torhauswächter ihnen zu, dass sie stehen bleiben sollten, und fragte nach ihrem Begehr.
»Mein Name ist Rutledge; ich bin gekommen, um mit dem Baron zu sprechen«, erwiderte er.
Der Wächter starrte lange zu ihm herunter, ehe er jemanden zu sich winkte. Die zwei Männer redeten eindringlich miteinander, ehe der zweite von der Mauerbrüstung verschwand und der Torwächter ihn wieder ansprach. »Sagt, was Ihr wollt«, wiederholte er und richtete seine Armbrust auf Gunnar.
»Ich will mit Eurem Lord sprechen und von ihm wissen, warum er diesen Mann dafür bezahlt hat, mich zu töten.«
Nigel tauchte auf der Brustwehr auf, spähte herunter. »Was zum Teufel – «, keuchte er und sein Gesicht wurde blass. Während er seine Fassung zurückgewann, bellte er: »Was wollt Ihr hier, Rutledge?«
»Ich will eine Erklärung, warum dieser gedungene Mörder anstelle des Barons an den Ort unseres Treffens geschickt wurde, das friedlich hätte sein sollen. Ich verlange eine Audienz bei d’Bussy – «
»Eine Audienz mit dem Baron?« Nigel kicherte und sah die Männer, die sich um ihn geschart hatten, amüsiert an. »Kommt schon, Rutledge, das ist in Anbetracht des gegenwärtigen körperlichen Zustands des Barons wohl kaum möglich.«
Gunnar runzelte die Stirn und fragte sich, ob d’Bussy krank war oder ob ihn irgendeine andere Widrigkeit davon abgehalten hatte, bei dem Treffen zu erscheinen. Aber das war egal. Er wollte den Mann sehen und mit ihm sprechen, selbst wenn er auf dem Sterbebett liegen sollte. »Lasst mich herein, verdammt. Ein Mann
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