Ritter 01 - Die Rache des Ritters
aussprach. Doch dann schnaubte er verächtlich. »Was hat er je für mich getan, außer mich zur Seite zu schieben, mich im Stich zu lassen und mir zu verweigern, was mir von Rechts wegen zusteht?«
Die Bitterkeit in seiner Stimme tat Raina weh. Die Liebe ihres Vaters war ihr nie verweigert worden – dafür aber die Wahrheit. »Wie lange weißt du es schon, Nigel?«
Er schürzte die Lippen und stieß einen schweren Seufzer aus. Er versuchte zu lachen, doch es klang schrecklich und freudlos. »Ich glaube, seit dem Moment, in dem die Schlampe, die mich geboren hat, zum ersten Mal gemerkt hat, dass sie mich mit diesem Wissen verletzen kann.«
»Wenn du es die ganze Zeit gewusst hast, warum hast du es vor mir verheimlicht?«
»Ich musste es ihm schwören, und er hat gedroht, er würde mir die Kehle durchschneiden, solltest du je erfahren, dass er mit einer dreckigen Bauernhure geschlafen hat.«
»Also hat mein Vat …« Raina schloss die Augen gegen den Schmerz dieses weiteren Verrats ihres Vaters. »Dann hat er also genau gewusst, dass du sein Sohn bist?«
»Er wusste es. Er wusste es, und hat mich dafür gehasst. Ich habe mich oft gefragt, warum er mich nicht einfach aus dem Weg geräumt hat. Natürlich war es eine sehr viel langsamere Folter, mich am Leben zu lassen – in seiner Burg. Jeden Tag habe ich das vor Augen gehabt, was unerreichbar für mich war, und jeden Tag habe ich ihn dafür ein Stück mehr gehasst.« Er sah Raina unvermittelt an, in seinen Augen spiegelte sich ein Gefühl wider, das sie nicht verstand. Seine Stimme klang leise und bedauernd. »Ich wollte auch dich hassen. Bei Gott, ich habe es versucht, aber du warst immer freundlich zu mir und hast mich deinen Freund genannt.« Er streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange, dann ließ er den Handrücken sanft ihren Arm hinuntergleiten. »Ehe ich etwas dagegen tun konnte, hatte ich mich in dich verliebt.«
Zuerst glaubte Raina, nicht richtig gehört zu haben – hoffte, dass es so war. Aber er sah sie jetzt so seltsam an, so begehrlich, dass sie Widerwillen in sich aufsteigen fühlte. »Nein.« Sie trat ein paar Schritte von ihm zurück und fühlte ihre Haut dort brennen, wo er sie berührt hatte. »Nein, ich will das nicht hören.«
»Ich weiß, dass es ein ziemlicher Schock für dich sein muss. Aber ich hoffe, mit der Zeit wirst du lernen, mich auch zu lieben … als meine Frau.«
Sie hielt entsetzt die Luft an. »Das ist nicht dein Ernst«, rief sie und spürte, wie ihr Innerstes sich in aufkommender Panik krümmte. Sie stieß mit den Beinen an die Bettkante. »Wir können nicht heiraten, Nigel. Die Kirche würde es niemals gestatten. Um Himmels willen, wir sind Geschwister!«
Er zuckte die Schultern und kam auf sie zu. »Aye, aber die beiden einzigen Menschen, die diese unglückselige Tatsache kennen, sind genau hier, allein in diesem Raum. Ich habe keinen Grund, die Aufmerksamkeit auf unsere gemeinsame Herkunft zu lenken – «
»Ich aber ganz gewiss!« Sie machte noch ein paar Schritte rückwärts, am Bett entlang, traute sich nicht, ihm den Rücken zuzuwenden.
Er folgte ihr langsam, sein leises Lachen war tief und gemein. »Aber nein, das wirst du nicht.«
»Du kannst mich nicht zu einer Ehe zwingen, Nigel. Ich werde niemals zustimmen!«
»Oh, ich glaube schon, dass du das tun wirst«, entgegnete er mit einem selbstzufriedenen Lächeln. »Genau genommen wirst du schon morgen vor einem Priester stehen und – «
»Nein!«
»– und du wirst schwören, mich zu lieben und zu ehren und mir zu gehorchen bis zum Tod … oder ich werde dir den Kopf deines kostbaren Liebhabers zum Hochzeitsgeschenk machen.«
Raina erstarrte, ihr Herz schlug plötzlich rasend schnell. Gunnar. »Weißt du, wo er ist? Oh Gott, Nigel! Was hast du ihm angetan?« Sie packte ihn am Arm. »Bitte, ich flehe dich an, sag mir – «
»Ah, das gefällt mir, meine Liebe.« Er grinste selbstgefällig. »Ich weiß, wo er ist, und was deine Frage angeht, was ich ihm angetan habe – nun, das bleibt abzuwarten.«
»Du musst mich zu ihm bringen!«
»Vielleicht, wenn wir geheiratet haben.« Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Vielleicht aber auch nicht. Du musst mir vertrauen, Raina. Ich weiß, dass du das kannst, denn ihm hast du ja auch vertraut. Wenn ich dich in mein Bett nehme, wirst du vielleicht geneigter sein, mir dein Vertrauen zu schenken, hmm? Immerhin hat das ja wohl dazu geführt, dass du mit ihm zusammen deinen Vater verraten hast.«
»Ich
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