Ritter 01 - Die Rache des Ritters
Busch Brennnesseln. Sofort begannen ihre Hände und Handgelenke wie Feuer zu brennen, was den angegriffenen Zustand ihrer Haut nur noch verschlimmerte.
Sie kratzte an den feinen, fast unsichtbaren Härchen, die jetzt in ihrer Haut steckten, und schimpfte leise, als sich weiße Pusteln zu bilden begannen. Brennnesseln! Die Härchen waren schwer zu entfernen und ihr Brennen noch viel schwerer auszuhalten. Raina rieb sich die Hände an ihren Röcken und stöhnte, als dadurch der Juckreiz nur noch unerträglicher wurde.
Sie hörte Alaric nach ihr rufen. »Mylady? Seid Ihr krank?«
Sie konnte nicht antworten. Ihre Hände pochten und sie wollte nichts sehnlicher, als zu Hause zu sein, weit weg von diesem Ort. Verdammter Rutledge! Hätte er diese Anweisung nicht gegeben, würden ihre Hände nicht wund sein, und sie würde keine Nesselhärchen aus ihnen herausziehen müssen. Dieser Mann war schnell zum Fluch ihres Lebens geworden. Sie wünschte, sie könnte ihn seine eigene Medizin schmecken lassen. Wenn sie doch nur eine Möglichkeit fände, ihm ein wenig von der Unbill zuzufügen, die er ihr zufügte. Welche Freude würde sie über seinen Schmerz empfinden, welche Befriedigung!
»Mylady, wenn Ihr nicht antwortet, lasst Ihr mir keine andere Wahl als Euch zu holen!« Alarics panikerfüllte Stimme wurde umgehend von Agnes’ grimmiger Bemerkung begleitet.
»Mich schaudert’s bei dem Gedanken, was Lord Gunnar tun wird, wenn du sie hast entkommen lassen, Junge!«
Raina hörte sofort auf sich zu kratzen und warf noch einmal einen Blick hinter sich auf die Brennnesseln. Und da hatte sie plötzlich eine Eingebung.
Da Rutledge ihr dieses Ungemach beschert hatte, sollte er auch welches ertragen.
Ein frohes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, und sie hätte vor Zufriedenheit fast laut herausgelacht, während sie rasch eine ordentliche Menge der Stängel pflückte und sie in den Falten ihres Rockes verbarg. Als Alaric und Agnes sich durch das Gebüsch ihren Weg zu Raina gebahnt hatten, stand Raina auf und klopfte sich den Rock ab. Ihr Gesichtsausdruck war der heiterer Unschuld.
»Ich hatte doch gesagt, ich würde gleich zurückkommen«, erklärte sie, während sie an den beiden vorbeiging.
10
»Ich glaube, ich bin verliebt.«
Das mit Ernst vorgebrachte Geständnis hing einen Moment in der Luft, ehe die Ritter, die um den Tisch versammelt saßen, in Lachen ausbrachen. Alaric schaute von seinem Becher Ale auf und runzelte die Stirn.
»Schon wieder? Oder liebst du dieses Mal dasselbe Mädchen länger als eine Woche?«
»So ist es nicht«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Dieses Mal bin ich mir sicher.« Die Männer lachten noch lauter, und sein Tischnachbar tätschelte ihm den Kopf, als wäre er ein Welpe.
»Armer Alaric, seine Lanze wird steif, und er glaubt gleich, dass er verliebt ist! Irgendjemand sollte ihm mal den Unterschied klarmachen!«
»Odette könnte es ihm beibringen«, schlug einer der Männer vor. »Sie weiß Bescheid mit liebeskranken Jungfrauen.«
»Lacht nur, ihr grauhaarigen Saufnasen«, gab Alaric zurück. »Ihr werdet euch noch an eurem Hohn verschlucken, wenn ihr begreift, dass ich die Wahrheit sage.«
Burc hob die Hand, um das Lachen zum Verstummen zu bringen, und senkte die Stimme zu spöttisch übertriebenem Ernst. »Sag uns doch, welches bedauernswerte Frauenzimmer ist es denn diese Woche?«
»Es ist kein Frauenzimmer, du großer Windbeutel; es ist eine Lady. Die schönste Lady, die ich je gesehen habe.«
Burc rieb sich das Kinn. »Aha, und wo hast du sie gesehen … diese Frau von solch sagenhafter Schönheit?«
Alaric starrte einen langen Moment in seinen Becher; dann warf er einen verstohlenen Blick über seine Schulter, beugte sich vor und wisperte: »Sie ist hier, in dieser Burg … die Lady, Raina.«
Auf Burcs Gesicht machte sich ein Grinsen breit, und er stieß ein wieherndes Gelächter aus. »Ach du dickes Ei!«, brüllte er. »Dieses Weib ist doch keine Lady. Mich würde es nicht im Mindesten überraschen, wenn sie schon längst Rutledges Hure wäre.«
Alaric zog seinen Dolch und stürzte sich über den Tisch auf den stämmigen Ritter. »Nimm das zurück, Burc, oder du bekommst auf der Stelle meine Klinge zu schmecken.«
Die anderen Männer waren stumm geworden, aber Burc blieb unbeeindruckt, trotz Alarics Drohung lachte er leise. »Herrgott noch mal! Ich glaube, du bist wirklich verliebt, Kleiner. Nur ein derart heimgesuchter Narr ist bereit, sein Leben für die Tugend eines
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