Ritter 01 - Die Rache des Ritters
Treppe hinunter, um nicht zu stolpern. Sie würde es Agnes zeigen – und Rutledge auch! Sie war keine verwöhnte Prinzessin, die unfähig für die tägliche Hausarbeit war. Sie würde das hier ebenso schaffen wie alles andere, was die alte Frau ihr sonst noch an Aufgaben zuweisen würde.
Agnes führte sie an der Halle vorbei und aus dem Wohnturm hinaus auf den Hof, von dem das Klirren von Schwertern und die lauten Rufe von Männern zu hören waren. Raina verzog das Gesicht. Großer Gott, die alte Fledermaus würde doch wohl nicht über den Hof und vorbei an den Männern marschieren, oder etwa doch? Egal, sagte Raina sich und nahm sich vor, so zu tun, als würde sie die Männer überhaupt nicht bemerken. Sie hielt den Atem an, senkte den Kopf und täuschte äußerste Konzentration auf die Anstrengung des Gehens vor.
»Agnes, meine Schöne!«, rief einer der Männer vom Waffenplatz herüber. »Sag deiner kleinen Helferin, ich habe etwas für sie, das sie mir waschen kann!«
Agnes gackerte. »Ach, Cedric, Ihr findet doch kaum Verwendung für Euer schlappes Dingelchen. Es kann nicht sein, dass es schon wieder eine Wäsche braucht.« Ihre Antwort löste anerkennendes Lachen aus, aber Cedrics raue Stimme übertönte die der anderen.
»Du beeilst dich jetzt lieber, Agnes, sonst werde ich dir zeigen, wozu das Ding gut ist!«
Raina versuchte, schneller zu gehen, und widerstand dem Drang, zu rennen. Erst als sie blind gegen die Wand eines der Nebengebäude prallte, bemerkte sie, dass Agnes abgebogen war und sie ihr nicht länger folgte. Die Überraschung und die Wucht des Aufpralls warfen Raina um, und sie landete auf ihrem Hinterteil, die schmutzigen Kleidungsstücke regneten auf sie herab. Wut rötete ihre Wangen, noch bevor sie das spöttische Gelächter der Männer hörte.
Eine starke Hand schloss sich um ihren Arm und half ihr auf die Beine. »Alles in Ordnung?«
Raina machte sich mit einem Ruck von Rutledge los. »Mir geht es gut«, fauchte sie und schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Hier«, sagte er und beugte sich herunter, um einige der Kleider aufzuheben, »Ihr gestattet.« Er hielt sie ihr hin und sah dabei ein wenig verlegen aus.
Raina riss sie ihm aus der ausgestreckten Hand. »Ich brauche Eure Hilfe nicht. Lasst mich in Ruhe, und lasst mich meine Arbeit zu Ende bringen.« Sie bückte sich und begann, die restlichen Kleidungsstücke einzusammeln. Sie wollte um jeden Preis so schnell wie möglich seiner beunruhigenden Nähe entkommen.
»Ich kann mich nicht erinnern, wann meine Kleider zum letzten Mal gründlich gewaschen worden sind.«
Raina warf einen Blick in seine Richtung. »Ganz zu schweigen von Eurem schmutzigen Fell.«
Er runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust, plusterte sich auf wie ein Gockel. »Achtet darauf, nicht zu viel Seife zu verwenden. Ich finde, sie macht die Kleider steif und unbequem zu tragen.«
»Ich werde daran denken.« Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er hielt sie am Arm fest.
»Ihr habt etwas vergessen.« Er hielt ihr auf der Spitze seines Zeigefingers ein Paar Hosen hin und grinste. »Ah, ich sehe, Ihr habt die Hände voll. Soll ich sie für Euch oben auf den Stapel legen?« Raina bedachte ihn mit ihrem vernichtendsten Blick. »Also gut«, sagte er unbeeindruckt, während er ihr das Kleidungsstück unter das Kinn klemmte. »Genug geschwätzt. Geht jetzt.«
Eine große Hand landete mit einem vernehmlichen Klapsen auf ihrem Hinterteil.
»Wie könnt Ihr es wagen!«, keuchte sie und fuhr zu ihm herum.
Er lächelte beunruhigend und offensichtlich sehr mit sich zufrieden, als er sich vorbeugte und flüsterte: »Bleibt noch länger hier stehen, und Ihr könntet herausfinden, was ich noch alles wage.«
Sie zögerte auch nicht einen Herzschlag lang und floh vom Übungsplatz und Rutledges lautem Lachen. Sie fand den Teich, an dem Agnes bereits ihr kleines Bündel Kleider zu waschen begonnen hatte. Raina warf ihres mit einem ärgerlichen Schnauben in den Ufersand. Dann folgte sie Agnes’ Beispiel, indem sie den Saum ihres Rockes hochhob und ihn an beiden Seiten mit einem Knoten zusammenhielt. Dann griff sie nach der Tunika, die zuoberst auf dem Kleiderberg lag, und watete zu Agnes in den Teich.
»Habt Ihr das schon jemals in Eurem Leben gemacht, Mädchen?«, fragte diese, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.
»Nein«, gab Raina zu.
Agnes stieß einen ungeduldig klingenden Laut aus. »Nun, hier.« Sie schob ein Stück Seife in Rainas Richtung.
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