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Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Titel: Ritter 01 - Die Rache des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurückgelassen hatte zwischen dem Wunsch, Raina zu besitzen, und dem, sie niemals hergebracht zu haben.
    Sie hatte natürlich recht. Er war ein Dieb. Alles, was er in diesem Leben erworben hatte, war einst das Eigentum von jemand anderem gewesen, angefangen bei seinem Schwert und seiner Rüstung, die er bei einem Turnier bekommen hatte, bis hin zu der maroden Burg, die ihn beherbergte, und den Lagerräumen, die er vor Kurzem mit den Dingen gefüllt hatte, die er von d’Bussys Besitzungen erbeutet hatte. Jetzt hatte er sich überdies dazu erniedrigt, einem Mann die Tochter zu stehlen. Ein unschuldiges Mädchen, das, wäre es nur halb so ein Ungeheuer wie er, viel mehr an ihn verlieren würde als nur ein geliebtes Schmuckstück.
    Den Vorwurf, ein Feigling zu sein, musste er sich gleichfalls gefallen lassen, obwohl er sicher war, dass niemand, abgesehen von diesem Teufelsbraten dort oben im Turm – und seinem eigenen verdammten Gewissen – , es wagen würde, ihn so zu nennen. Er hatte mehr als ein Dutzend Jahre mit dem Versuch verbracht, seine Schande auszulöschen, vor dem Mörder seiner Eltern davongelaufen zu sein, statt gegen ihn zu kämpfen. Er hatte seinen Körper mit harter körperlicher Arbeit und zahllosen Schlachten bestraft, hatte seine Gedanken dazu erzogen, sich auf Krieg und Rache zu beschränken, und sein Herz gegen die Schwäche gestählt, Gefühle zu empfinden. Ihm eilte der Ruf der Furchtlosigkeit und der Grausamkeit voraus, die herauszufordern sich nur wenige erkühnt hatten – und das alles als Vorbereitung für das Aufeinandertreffen mit einem Mann. Aber bis d’Bussy vernichtet sein würde, war Gunnar dazu verdammt, in seinem tiefsten Innern, dort, wo es zählte, immer noch dieser feige Junge zu sein.
    Und ein Heuchler? Ja, das war er. Ein Heuchler der schlimmsten Sorte, denn er hatte von dem Augenblick an, als er d’Bussys Tochter gesehen hatte, sich selbst davon zu überzeugen versucht, dass sie ihn nicht auf eine tiefe, urtümliche Weise anrührte. Herrgott, aber er spürte noch ihre Hände auf sich, ihre schlanken Finger, die ihn erkundeten und streichelten. Sie war sich nicht bewusst gewesen, was ihre unschuldige Berührung bei ihm ausgelöst hatte.
    Der Gedanke, dass es ihr gefallen hatte, ihn zu berühren, hatte ihn unendlich überrascht, hatte ihn steif werden lassen und fast verrückt vor Verlangen. Er hatte darauf gebrannt, ihr zu zeigen, was wahre Lust war. Wie er es länger als eine Woche in ihrer Nähe ertragen sollte, ohne diesem Begehren nachzugeben, wusste er nicht. Aber wenn eine Erinnerung notwendig gewesen wäre, warum er sie nicht würde haben können, eine Mahnung, seinen Schwur nach Vergeltung aufrechtzuerhalten, dann hatte er dies heute Abend wahrlich bekommen.
    Seine Faust umschloss den schmalen Ring so fest, dass er ihm in die Hand schnitt, während er seinen Becher neu füllte und sich gegen den Drang wappnete, die Treppe hinaufzustürmen und Raina als seinen Preis zu fordern. Als seine Vergeltung.

11
    Stunden waren vergangen, seit Raina aus der Halle fortgeführt und in ihre Kammer gesperrt worden war. Ein junges Mädchen mit Namen Dorcas hatte ihr ein Tablett mit Essen gebracht, das sie kaum angerührt hatte. Raina konnte nicht an essen denken; ebenso wenig konnte sie das saubere Strohlager oder das Feuer im Kamin würdigen – beides, so vermutete sie, eine freundliche Geste der gutherzigen Dorcas.
    Rainas Gedanken kreisten noch immer um Rutledge und seine unvorhersehbaren Stimmungsschwankungen, um das unerwartete und häufige Wechseln vom Mann zum Ungeheuer, das sie verrückt machte. Was immer heute Abend in der Halle zwischen ihnen aufgeflammt war, es hatte sie bestürzt und verwirrt, und seine wütende, rätselhafte Reaktion auf ihren Ring hatte ihre Verwirrung noch gesteigert.
    Zum Teufel mit ihm! Niemals war sie sich ihrer selbst oder ihrer Gefühle unsicherer gewesen. Binnen weniger Tage hatte Rutledge es geschafft, dass sie ihn mochte, ihn hasste, ihn achtete, ihn fürchtete und auch, dass sie ihn begehrte. Aber es konnte so nicht weitergehen, und er sollte niemals erfahren, welche Gefühle er in ihr weckte – sie durfte das nicht zulassen. Der einzig wahre Weg, ihren verräterischen Gedanken zu entkommen, war die Flucht aus dieser Burg. Unerreichbarer kann ein Ziel nicht sein, dachte sie, und brach erneut in Tränen aus.
    Selbst wenn Rutledge keinen Grund sah, einen Wachposten vor ihrer Tür aufzustellen, so war doch der Riegel vorgeschoben worden, und

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