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Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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ihre Zukunft von ihm zu erfahren – dunkel oder strahlend, voller Freuden oder Qualen.
    Als die Dunkelheit einbrach, hatte Llaw ein Feuer vor dem ungestürzten Stamm einer alten Birke entzündet. Er baute sich aus Schnee einen Wall nach Norden, um sich vor dem bitterkalten Wind zu schützen, und ließ sich nieder, um die Nacht im Sitzen zu verbringen.
    Verdammt sei das Mädchen! Tod im Frühling … leblos vor einer Armee von Feinden, die er nie haben wollte. Unter welchem Unglücksstern war er nur geboren? Welchen Gott hatte er so beleidigt, dass sein Leben derart ruiniert wurde? Zuerst Lydia – und das war ein herber Schlag gewesen – und jetzt ein sinnloser Tod.
    Die Sterne strahlten hell, und die Temperatur sank. Llaw schürte das Feuer und zog seinen Umhang fest um sich. Er hörte eine ganz leise Bewegung im Gebüsch, zog die Axt aus dem Gürtel und warf sich herum. Etwa fünf Meter von seinem Feuer saß ein riesiger, grauer Wolf, der ihn mit bösartigen Augen anstarrte. Im Licht des Feuerscheins konnte er sehen, dass seine Schnauze weiß war. Er war also alt und von seinem Rudel verstoßen worden. Aus der Größe der narbigen Schultern schloss Llaw, dass er einst der Anführer des Rudels gewesen war, aber wie bei allen Lebewesen hatte ihm das Alter die Stärke genommen, und ein junger Wolf hatte ihn von seinem Platz verdrängt. Llaw griff in sein Bündel, zog ein Stück getrocknetes Fleisch heraus und warf es dem Wolf hin. Das Tier beachtete es nicht. Llaw wandte sich ab und legte noch mehr Holz auf sein Feuer. Als er sich wieder umdrehte, war das Fleisch nicht mehr da, aber der Wolf saß noch an derselben Stelle.
    »Stolz, was?« sagte Llaw. »Das ist nichts Schlechtes, weder bei Mensch noch Tier.« Er warf ihm noch ein Stück Fleisch hin, diesmal etwas näher ans Feuer. Wieder wartete der Wolf, bis er wegsah, um das Fleisch zu verschlingen. Es gab nur wenige verbriefte Berichte über Wölfe, die Menschen angegriffen hatten, und Llaw war überzeugt davon, dass er in der Lage war, das Tier zu töten. Seine Axt war scharf, sein Arm stark. Aber er war froh über die Gesellschaft. »Komm, Grauer, wärm dich am Feuer.«
    Ein weiteres Stück Fleisch landete vor dem Wolf, aber zu seiner Rechten, so dass es ihn etwas näher an die Wärme brachte. Als er sich dem Bissen näherte, sah Llaw die Spuren eines kürzlichen Kampfes auf den knorrigen Schultern, gezackte Spuren von Reißzähnen liefen tief über seine Flanke. Eine alte Narbe, die ihn humpeln ließ, war deutlich auf dem rechten Hinterlauf zu sehen. »Du wirst den Winter nicht überleben, Grauer. Selbst ein müdes Kaninchen könnte dir davonlaufen, und du wirst keinen Hirsch mehr jagen können. Am besten, du bleibst eine Weile bei mir.« Der Wolf kauerte sich nieder, dankbar für die Wärme und die erste Mahlzeit seit zehn Tagen.
    Die Wunde am Hinterbein hatte er sich im Sommer zugezogen, als ein riesiger Braunbär seine Gefährtin angriff. Er hatte das Tier angegriffen und war ihm an die Kehle gesprungen, aber der dichte Pelz hatte verhindert, dass seine Zähne ihr Ziel fanden, und ein Hieb der Bärenpranke hatte ihm die Seite aufgerissen. Seine Gefährtin war gestorben, und seine eigene Wunde hatte lange gebraucht, um zu verheilen. Als sich das Rudel für den Winter sammelte, waren die Herausforderungen gekommen, wie immer, aber er hatte weder die Kraft noch den Willen, ihnen zu trotzen. Vor vielen Tagen hatten sie ihn davongejagt.
    Er hatte von Aas und dem gelebt, was andere Fleischfresser übriggelassen hatten. Dann, als seine Kraft fast erschöpft war, hatte er den Mann gewittert und sich darauf vorbereitet, ihn anzugreifen. Jetzt war er unsicher … aber das Fleisch war gut, das Feuer warm. Er ließ sich müde nieder, die gelben Augen auf den Mann gerichtet, der Hunger jetzt nicht mehr so schlimm.
    Llaw suchte in seinem Beutel, er hatte noch drei Stücke getrocknetes Fleisch. Er zog zwei davon heraus und biss in eines. Der Wolf hob den Kopf, und er warf ihm das zweite Stück zu. Diesmal fraß das Tier sofort.
    Llaw legte frisches Holz nach und rollte sich dann neben dem Feuer zusammen. Er hatte keine Angst, dass der Wolf ihn angreifen würde. Warum sollte er auch? Hatte der Dagda nicht gesagt, er hätte noch bis zum Frühling?
    Er schlief traumlos und erwachte in der Morgenkälte. Das Feuer war bis auf einige Funken heruntergebrannt, der Wolf war verschwunden. Llaw hatte das Gefühl, etwas verloren zu haben. Er setzte sich auf, schauderte und fachte das

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