Ritter-Geist
schließende Lücke im Feuerkreis zu, während mein Hinterteil fürchterlich auf den harten Ketten aufprallte.
Wir erreichten die Lücke – und mußten feststellen, daß sie sich nur auf einen weiteren sich schließenden Feuerring hinaus öffnete. Hier konnten wir nicht entkommen! Was sollte ich nun tun? Ich hatte schließlich versprochen, einen Ausweg zu finden.
Doch ich erkannte, daß ein Teil des neuen Feuerrings tatsächlich aus der äußeren Feuerwand bestand. Das war die Grenze, dahinter gab es kein Feuer mehr. Wir konnten darunter hinwegtauchen, doch gab es hier weder Wasser noch Schlamm, um dies zu tun. Außerdem hatten wir keine Zeit mehr. Gierig stellen die Flammen uns nach.
»Wir müssen einfach hindurch!« schrie ich. »Schließ die Augen und halt die Luft an!« Und ich peitschte das Ende meines Seiles gegen die Flanke des Pferdes, so daß der Hengst mit einem wilden Satz nach vorne sprang.
Mitten im Sprung durchstießen wir die Feuerwand. Ich spürte, wie der Hitzeschwall an meinem Körper vorbeijagte, mir die Barthaare und die Kleidung versengte, dann waren wir auch schon hindurch. Diesmal hatten wir den Vorteil festen Bodens und hoher Geschwindigkeit auf unserer Seite, dadurch war die Sache übe r haupt erst möglich geworden. Doch ich war keineswegs begierig, wieder in das Reich des Feuers zurückzukehren, sofern mir eine freie Wahl bleiben sollte.
Jetzt befanden wir uns auf einer Ebene, unmittelbar vor dem südlichen Gebirge, das wir zuvor nicht hatten erreichen können. Ich war erfreut. Schließlich hatte ich nach Süden wandern wollen, und ich zog die Berge allemal dem Sumpf oder dem Feuer vor. Ich glaube, Pook tat das gleiche.
Während die Sonne aufging, schritten wir auf die Berge zu, dann machten wir Frühstücksrast. Ich ließ Pook grasen, saß aber diesmal nicht ab, weil ich genau wußte, daß er nur davonrennen würde. Dann pflückte ich einige Früchte von herabhängenden Zweigen und verzehrte sie.
Nach einer Weile setzten wir unseren Weg gen Süden wieder fort – und trafen prompt auf Koboldspuren. Pook schnaubte sehr ne r vös, und ich stöhnte auf; wir wußten beide, daß Kobolde Ärger bedeuteten. Doch wir wollten andererseits auch nicht mehr de n selben Weg zurückgehen, den wir gekommen waren. Also zogen wir, diesmal mit geschärfter Wachsamkeit, weiter gen Süden auf.
Doch es nützte nichts: Ein Koboldtrupp entdeckte uns. Da ging die Jagd auch schon los. Du mußt wissen, daß man mit Kobolden nicht diskutiert. Zumindest tat man es damals nicht. Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Kobolde ein wenig sanftmütiger geworden. Damals hat man entweder gekämpft, oder man ist davongelaufen, oder man wurde zermalmt; mehr Auswahl hatte man nicht. Und da es ungefähr zehn von ihnen waren, mit Stöcken und Steinen bewehrt, um unsere Knochen zu zerschlagen, während auf der anderen Seite nur ich allein und ein Gespensterpferd standen, mein gutes treues Schwert hinzugezählt… na ja, ich war zwar jung und närrisch, aber so närrisch nun auch wieder nicht. Ich war schlie ß lich kein Drache, der die Kobolde gleich im ganzen Dutzend hätte verschlingen können, auch kein Oger, der sie glatt auf den Mond geschmissen hätte. Also entschied ich mich für die vernünftigste Lösung – ich ergriff die Flucht.
Pook war natürlich voll dabei. Unter mir, um genau zu sein. Komplett mit Ketten. Er galoppierte. Auch Gespensterpferde li e ben es nicht, von Kobolden aufgefressen zu werden.
Die Kobolde nahmen die Verfolgung auf. Sie waren zu Fuß und hatten kleine Stummelbeine, riesige Füße und unförmige, häßliche Köpfe, doch sie hatten auch ein ganz hübsches Tempo drauf. E i ner von ihnen stieß darüber hinaus noch in ein Horn, um weitere Kobolde herbeizurufen. Es war ein Stinkhorn und gab ein übelri e chendes Geräusch von sich, eben von jener Art, von denen sich solche Lebewesen sofort angezogen fühlen. Und obwohl wir den ersten Trupp mühelos abhängen konnten, befreite uns dies doch nicht von Kobolden.
Wie heiße Lava strömten sie von dem Berg hinab. So weit ich weiß, gibt es heute nicht mehr sehr viele Kobolde, die auf der Erdoberfläche wohnen, möglicherweise sind es sehr viel mehr, die in den feuchten, tiefen Höhlen leben. Doch damals, als ich lebte, waren es weitaus mehr. In einer ekelerregenden Masse umringten sie uns, grabschten nach meinen Beinen und stießen obszöne Schreie aus. Kobolde sind mit Abstand die obszönsten aller Leb e wesen, wenn man mal die Harpyien davon
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