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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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aufrecht.
    Als jetzt die Türklingel wieder durch das Cottage hallte, wusste Flea, dass sie gekommen war, um sich nach dem Zettel zu erkundigen: Haben Sie es gelesen? Haben Sie sich durch den Kopf gehen lassen, was ich gesagt habe? Über die Grund-
     

    stückspreise? Sie wusste, dass man sie nicht sehen konnte; also blieb sie ganz still stehen und wartete, bis Katherine keine Lust mehr hatte zu warten. Mit einem ungeduldigen Kopfschütteln – nie würde sie die Marleys verstehen, und warum verplemperten sie ihr Geld damit, in verrückten Weltgegenden zu tauchen, statt sich ein vernünftiges Auto zu kaufen, damit ihre schäbigen Karren nicht länger die Landschaft verschandelten? – wandte sie sich ab und marschierte die Einfahrt hinunter. Sogar das Knirschen ihrer Schritte im Kies hatte einen speziellen Ton – als stießen ihre Füße härter auf die Steine als die anderer Leute.
    Flea wartete, bis die Schritte verklungen waren, und wandte sich wieder dem offenen Badezimmerschrank zu. Sie ließ den Blick über die vertrauten Gegenstände wandern: Reservezahnbürste, Nagelschere, ihre Spirale im Etui – es war Jahre her, dass sie die gebraucht hatte, und sie sollte sie eigentlich wegwerfen –, Feuchtigkeitscreme, Haarschere. Sie hatte inzwischen vergessen, wonach sie suchte; ihr Kopf war so voll von dem, was am Abend zuvor passiert war, dass es sich anfühlte, als würde sie krank.
    Ganz hinten im Schrank, hinter den Vitaminen, die sie nahm, weil sie glaubte, sie stärkten ihr Immunsystem und schützten sie vor den Keimen und Bakterien, in die sie immer wieder eintauchte, lag eine Packung Kwell-Tabletten gegen Thoms Reisekrankheit. Sie wusste, am Abend würde ihr wahrscheinlich schlecht werden; Kaiser hatte sie gewarnt: Die psychoaktiven Bestandteile des Ibogain würden die Symptome einer Reisekrankheit hervorrufen. Sie angelte die Packung heraus – das Verfallsdatum war vermutlich längst überschritten, aber die Pillen waren besser als gar nichts – und stellte sie für später auf den Waschbeckenrand. Sie schloss den Schrank, trocknete sich ab, zog eine weite Hose und ein T-Shirt an und stülpte eine alte chinesische Arbeitermütze über ihr nasses Haar. Als sie ihre Schlüssel gefunden hatte, sprang sie ins Auto. Sie um 
    fasste das Lenkrad und betrachtete die Adern in ihren Armen, die blau durch die Haut schimmerten. Nachher würde sie ein Gift in ihren Blutkreislauf bringen, das ihr half, mit den Toten zu sprechen. Und dazu brauchte sie Frieden im Kopf, soweit das überhaupt möglich war. Deshalb focht es sie nicht an, was ihr Vorgesetzter über das Einmischen in Ermittlungen sagte. Die Sache war sehr einfach: Sie musste loswerden, was sie am Abend zuvor gesehen und gespürt hatte, sie musste es weitergeben, bevor sie das Ibogain nahm.
    Als sie aus der Zufahrt fuhr, ließ sie die Räder des alten Ford ein paarmal im Kies durchdrehen, schoss am Herrenhaus vorbei und drückte zweimal auf die Hupe, nur um Katherine Oscar zu signalisieren, dass sie die ganze Zeit im Haus gewesen war.
    Es waren die Male im Staub, die Flea am meisten beschäftigten. Mrs. Mabuza – wenn die Frau in dem Schlafzimmer Mrs. Mabuza gewesen war – mochte gut kochen und backen können, aber sie war eine schlechte Hausfrau. Die im Haus verteilten Kruzifixe sahen makellos sauber aus, aber jedes stand auf einem größeren Staubmal. Die Kreuze wirkten sauber, weil sie neu und nicht weil sie poliert worden waren. Und sie standen auf Staubmalen, weil sie erst kürzlich durch etwas ersetzt wurden, das sich sehr lange dort befunden hatte. Die Kreuze stellten eine Fassade dar, dessen war sich Flea sicher. Sie sollten der Welt vorgaukeln, dies sei das Haus eines Christen.
    Als sie an die Tür des stellvertretenden Ermittlungsleiters klopfte, meldete sich niemand. Sie öffnete sie einen Spalt breit. Caffery war allein und in Hemdsärmeln. Mit den Händen in den Hosentaschen und leicht gespreizten Beinen stand er am Fenster und starrte versunken hinaus. Sie betrachtete ihn von hinten und war sich sicher, dass er die Nacht nicht zu Hause verbracht hatte. Wenn es nicht verrückt wäre, hätte sie gesagt, er habe die Nacht im Büro oder im Auto geschlafen. Sie fragte 
    sich, ob er hier überhaupt eine Wohnung besaß oder vorerst in einem Zimmer im Ausbildungsflügel der Zentrale hauste.
    Als sie sein kurz geschnittenes Haar und den rasierten Nacken betrachtete, tauchte plötzlich ein anderes Bild vor ihren Augen auf: Sie sah ihn im Bett. Er

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