Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
gönnte sich den Luxus, den Ohnmächtigen rasch zu durchsuchen, und fand ein kleines Medaillon, welches er zusammen mit der Geldbörse und den Ausweispapieren des Mannes an sich raffte. Danach nahm er die Verfolgung der Unbekannten auf.
    Eric hatte die Nase voll, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die Wolfspur erschien ihm echt, aber zu durchmischt. Und sie hatte nicht einmal den Versuch unternommen, den Geruch abzuschwächen, wie es die meisten Wandelwesen taten.
    Er holte sie ein, packte ihre Schulter und schlug den Arm mit der Pfefferspraydose zur Seite. Mit geringer Anstrengung drückte er sie gegen die Wand, zog seinen Silberdolch und hielt ihn ihr mit der flachen Seite auf die linke Wange.
    Nichts.
    Ein Lykantroph hätte sich gewehrt und versucht, dem Metall zu entkommen, anstatt wie sie voller Schrecken auf den weißen Lackhandschuh zu starren. Dass das Silber keinen Schaden anrichtete, bedeutete zwar nicht die absolute Sicherheit, wie er in der Vergangenheit gelernt hatte, aber es erleichterte ihn dennoch. Es gab keinen Grund, sie sofort zu töten.
    »Entschuldigen Sie.« Er nahm den Dolch weg. »Wie lautet Ihr Name, und was machen Sie in Sankt Petersburg? Weshalb das Interesse an den Morden?«
    Sie fixierte seine hellbraunen Augen. »Es ist kein Zufall, dass Sie vor dem Haus standen, oder? Sie haben mich und Nadolny beschattet.«
    Eric beschloss, ihr einen Teil der Wahrheit zu offenbaren. »Ob Sie es mir nun glauben oder nicht, Ihre Jacke riecht unglaublich nach Hund oder Wolf. Deswegen habe ich mich zu Ihnen umgedreht, als Sie auf der Brücke standen.« Jetzt kam die Lüge. »Ich sah, dass Sie sich etwas notierten, und nahm an, dass Sie Reporterin sind. Ich wollte Sie fragen, ob Sie schon mehr über die Morde wissen.«
    »Sie können riechen, dass ich mit Wölfen zu tun hatte? Das soll ich Ihnen glauben?«
    »Sie können es halten, wie Sie möchten.«
    Schritte näherten sich, zwischendurch erklang das Knacken eines Funkgeräts. Die Verfolger hatten noch lange nicht das Handtuch geworfen und sich nun aufgeteilt.
    »Weg hier.« Eric packte die Frau an der Hand und lief die Straße hinunter, bis sie endlich vor dem Cayenne standen. Etwas unsanft stieß Eric sie in den Wagen und sah sich dann noch einmal um. Keine Spur mehr von den Verfolgern. Gut.
    Eric stieg auf der Fahrerseite ein. »Also, sind Sie Reporterin?«, hakte er nach.
    »Wolfsforscherin«, korrigierte sie ihn und lächelte zum ersten Mal, wenn auch sehr bemüht. »Nadolny und ich sind Wolfsforscher. Wir haben im Umland von Sankt Petersburg verschiedene Spuren studiert und die Auswirkungen der Stadt auf die Tiere beobachtet. Es ist etwa vergleichbar mit dem Phänomen der Eisbären, die sich plötzlich in die Siedlungen wagen, obwohl sie von Natur aus …« Sie stockte und hielt ihm die Hand hin. »Magdalena Heruka. Danke, dass Sie mir vorhin das Leben gerettet haben, Herr …?«
    »Eric. Sagen Sie Eric zu mir.«
    »Wenn Sie Lena zu mir sagen.« Sie schaute sich um, und er ahnte, dass sie nach den Männern Ausschau hielt, die ihnen auf den Fersen gewesen waren. »Was hat das mit dem Dolch vorhin zu bedeuten?«
    »Ein Test«, erwiderte er knapp.
    Lena lachte. »Haben Sie überprüft, ob ich auf Metall oder Silber reagiere? Glauben Sie an Werwölfe?« Ihre Heiterkeit wich, weil sie die Überraschung auf seinen Zügen bemerkte. »Das war ein Witz«, unterstrich sie unruhig. »Ich wollte einen Witz machen.«
    »Wie kommen Sie auf Werwölfe?«, fragte er und schielte auf den Rücksitz, wo das Gewehr unter einer Decke verborgen lag. Sie musste es nicht unbedingt sehen.
    »Ich beschäftige mich mit Wölfen, und da bleibt es nicht aus, dass man auch die Legenden kennt. Alle möglichen Legenden.« Lena schaute zum vereisten Kanal, wo zwei Polizisten dafür sorgten, dass sich keine Schaulustigen oder Perverse blutige Eisstücke heraushackten. »Sagen Sie nicht, dass Sie so ein Spinner sind, der daran glaubt?« Sie richtete ihre dunkelgrünen Augen auf sein markantes Gesicht und erkannte wenigstens einen Teil der Wahrheit. »Doch, Sie tun es!« Sie lachte einmal auf und schlug gegen das Handschuhfach. »Ich fasse es nicht!«
    »Lena, sagen Sie mir, was Sie und Ihr Kollege gemacht haben, dass die Regierung Sie deswegen erledigen möchte«, unterbrach er sie unwirsch.
    »Wieso die Regierung?«
    »Wer sollte sonst maskiert und mit Gewehren ausgerüstet durch Sankt Petersburg laufen?«
    Sie überlegte einen Augenblick. »Vielleicht haben Sie Recht. Wir … wir

Weitere Kostenlose Bücher