Rivalen der Liebe
erklären.
Seine Frage hing noch immer unbeantwortet zwischen ihnen. Wart Ihr schon immer so, oder hat der alte Somerset ein junges, hübsches Mädchen so gründlich ruiniert?
»Was für ein merkwürdiger Gedanke. Dass Ihr glaubt, mein verstorbener Ehemann könnte irgendwas hiermit – also mit uns – zu tun haben«, sagte Julianna nachdenklich und suchte nach einer Möglichkeit, das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden. »Ich vermute, Euch ist noch nicht der Gedanke gekommen, dass Ihr der Grund für meine Abneigung seid?«
»Das ist unmöglich«, erklärte Roxbury tonlos. »Wir kennen uns schließlich kaum. Bis letzte Woche sind wir uns ja nicht einmal begegnet.«
Nun, die erste Begegnung war wirklich beeindruckend gewesen.
»O Gott. Oder sind wir uns schon mal begegnet?«, fragte Roxbury. »Geht es darum? Macht Ihr es mir zum Vorwurf, dass ich Euch nie als Geliebte haben wollte?«
Julianna hob eine Braue. Glaubte er allen Ernstes, das sei ihr Problem?
Nein, das ganz bestimmt nicht ! Sie versuchte doch nur, ihre Arbeit zu verrichten und ihr Leben als angesehene und respektable Witwe zu führen, ohne dass ein umwerfend attraktiver Wüstling sich ihr an die Fersen heftete und ihr Herz zum Klopfen und ihre Gedanken durcheinanderbrachte. Es gefiel ihr, sich mit ihm Wortgefechte zu liefern, und tief in ihrem Inneren sehnte sie sich nach seinen Küssen. Aber das würde niemals funktionieren.
»Oder hatten wir etwa eine Affäre?«, fuhr er fort und senkte seine Stimme, als könnte jemand sie belauschen. Obwohl sie ziemlich allein in der Kutsche waren. »Ich schwöre, ich hätte mich an Euch erinnert, falls wir jemals …«
Julianna riss entsetzt den Mund auf. Nein, natürlich hatten sie nicht. Wie konnte er nur … Sie wollte sich lieber vorstellen, nicht so austauschbar zu sein. Allerdings sprach der Ausgang ihrer ersten Ehe nicht gerade für sie. Haltung bewahren , befahl sie sich.
»Nein, wir sind uns erst vor Kurzem zum ersten Mal begegnet, und wir hatten niemals eine Affäre. Ich meide die Gesellschaft von Lebemännern und Flegeln, wie Ihr einer seid. Und Ihr habt mich ja bereits als einen verbitterten alten Drachen abgestempelt, ohne mich eines zweiten Blicks zu würdigen. Wir haben beide recht schnell begriffen, dass wir eigentlich nichts gemeinsam haben.«
»Ihr seid tatsächlich ein verbitterter Drache«, bestätigte Roxbury, was Julianna sogleich empört nach Luft schnappen ließ. In manchen Fällen war es nicht höflich, die Worte einer Lady zu bestätigen. Andererseits war sie ja auch immer noch wie ein Junge gekleidet.
Er fuhr fort: »Alt? Da bin ich nicht so sicher. Ihr seid auf jeden Fall überaus reizend.«
Dieses Kompliment, das er inmitten ihres Gefechts ins Feld führte, ließ Julianna für den Moment verstummen. Der Wüstling fand sie also reizend! Noch mehr entsetzte sie, wie sehr sie sich über diese Worte freute, und deshalb hielt sie lieber den Mund. Aber sie hatte sich schnell wieder im Griff, denn Lady Julianna Somerset konnte nie lange den Mund halten.
»Es sind die Männerkleider, die Ihr so attraktiv findet, nicht wahr?«, fragte sie mit zuckersüßem Lächeln. Ach, wie sie es genoss, ihn zu provozieren!
»Wenn ich die auch nur im Entferntesten attraktiv fände, dann nur, weil es das Allerneuste ist, wenn eine Frau Männerkleider trägt. Selbst wenn Ihr diese Frau seid«, konterte er.
»Ihr habt behauptet, ich sei reizend«, wiederholte Julianna seine Worte.
»Das bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass ich mit Euch ins Bett will«, gab er zu ihrer Überraschung zurück.
»Warum nicht?«
»Warum nicht? Ihr fragt allen Ernstes warum nicht?«, echote Roxbury entgeistert. Sie fand wirklich, die Frage sei berechtigt. Wenn er tatsächlich ein Mann mit so großem sexuellem Appetit war, und wenn er sie doch bezaubernd fand, wieso verspürte er dann nicht den Wunsch, dem Drang nachzugeben?
Oder wollte sie das lieber nicht wissen? Was war denn falsch an ihr, dass zwei berüchtigte und verkommene Wüstlinge, die ansonsten ihre Zuneigung großzügig zu verteilen wussten, kein Interesse daran hatten, sie ins Bett zu bekommen?
Es war doch kein Wunder, wenn sie da zu einem verbitterten Drachen wurde!
» Ehrlich gesagt bin ich mir nicht ganz sicher, Lady Somerset, ob ich das überleben würde, eine Nacht mit Euch«, bemerkte Roxbury.
»Dann wären wir also schon zwei. Ich würde vermutlich vor Langeweile sterben«, sagte sie. Er konnte unmöglich wissen, wie sehr sie sich wünschte, dass er
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