Rivalin der Götter erbin3
tröstlichem Geruch, um auf den nächsten Tag zu warten. Außerdem fragte ich mich unablässig – ich musste ja nicht mehr schlafen –, warum mein Innerstes sich so hohl anfühlte und vor Grauen zitterte.
Bis zu dem Trefen musste ich noch ein wenig Zeit totschlagen, also machte ich mir den Spaß – soweit man das Spaß nennen konnte –, in den Stunden vor Sonnenaufgang durch den Palast zu wandeln. Ich begann meinen Weg im Unterpalast, der in der guten alten Zeit oft meine Zufucht gewesen war. Ich entdeckte, dass er vollkommen verlassen war; nicht nur die untersten Etagen, die bis auf meine Wohnung und die der anderen Enefadeh immer leer gewesen waren, sondern der gesamte Bereich: die Küchen und Speisesäle der Diener, die Kinder- und Schulzimmer, die Nähstuben und Barbierläden. Alle Bereiche, die denjenigen von niederem Geblüt gewidmet gewesen waren, die hauptsächlich hier unten gehaust hatten. Es sah so aus, als ob seit mehr als zwanzig Jahren niemand mehr hier im Unterpalast saubergemacht hätte, vielleicht sogar noch länger. Kein Wunder, dass Shahar und Dekarta an dem ersten Tag solche Angst gehabt hatten.
In den Etagen des Oberpalastes waren wenigstens Diener unterwegs. Sie gingen ihren Pfichten nach, doch keiner von ihnen sah mich, obwohl ich mir nicht einmal die Mühe machte, eine Amn-Gestalt anzunehmen oder mich in einer Tasche des Schweigens zu verbergen. Das lag daran, dass dort zwar Diener waren, aber eben nicht viele. In meinen Tagen der Sklaverei waren es weit mehr gewesen.
Es war ganz einfach, um eine Kurve im Flur zu verschwinden, wenn ich hörte, dass jemand auf mich zukam. Oder ich sprang an die Decke und hielt mich dort fest, falls ich zwischen zwei Diener geriet. Nützlich war dabei die Tatsache, dass Sterbliche selten nach oben schauen. Nur einmal war ich gezwungen, Magie zu benutzen – aber nicht einmal meine eigene. Ich bemerkte eine Gruppe Diener, die unausweichlich auf mich zukam. Sie hätten mich sicherlich bemerkt. Schnell betrat ich eine der Aufzugsnischen. Die Aktivierung eines längst verstorbenen Schreibers setzte mich eine Etage höher ab. Es war geradezu sträfich einfach.
Verdammt, es hätte für mich nicht so einfach sein dürfen, herumzustreunen, dachte ich, während ich genau das tat. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Etage der Hochblüter erreicht. Dort musste ich ein wenig vorsichtiger sein. Es gab hier zwar weniger Diener, aber mehr Wachen, die das hässlichste Weiß trugen, das ich je gesehen hatte; außerdem Schwerter, Armbrüste und verborgene Dolche, wenn meine feischlichen Augen mich nicht trogen. In Elysium hatte es schon immer eine kleine Armee Wachen gegeben, aber zu meiner Zeit hatten sie sich alle bemüht, unaufällig zu bleiben. Sie waren ebenso gekleidet wie die Diener und trugen niemals ofen ihre Wafen. Die Arameri zogen es vor zu glauben, dass Wachen unnötig waren – und in Wahrheit war das damals auch der Fall. Jede ernstzunehmende Bedrohung für die Hochblüter des Palastes hätte uns Enefadeh gezwungenermaßen zu dem Gefahrenort teleportiert. Das war dann das Ende der Gefahr.
Ich ging durch eine Wand, um einer ungewöhnlich aufmerksamen Wache aus dem Weg zu gehen, und überlegte weiter. Ofensichtlich sahen die Arameri sich dazu gezwungen, sich mit konventionelleren Mitteln zu schützen. Verständlich, doch was hatte das mit der geringen Anzahl Diener zu tun?
Ein Rätsel. Ich beschloss, die Lösung zu finden – wenn ich es denn konnte.
Ich durchschritt eine weitere Wand und fand mich in einem
Zimmer, in dem ein vertrauter Geruch hing. Diesem folgte ich und ging auf Zehenspitzen an einem Kindermädchen vorbei, das auf einer Couch im Wohnzimmer döste. Dann fand ich Shahar, die in einem geräumigen Himmelbett schlief. Ihre perfekten blonden Locken waren hübsch auf einem halben Dutzend Kissen ausgebreitet. Ich musste ein Lachen unterdrücken, als ich ihr Gesicht sah: Der Mund war ofen, die Wange gegen einen verschränkten Arm gepresst, und ein Speichelfaden, der über den Arm hinunterlief, hatte auf dem Kopfkissen eine Pfütze gebildet. Sie schnarchte ziemlich laut und bewegte sich auch nicht, als ich hinüberging, um ihr Spielzeugregal zu untersuchen.
Man konnte viel über ein Kind erfahren, wenn man sein Spielzeug betrachtete. Natürlich beachtete ich die Spielzeuge auf den oberen Brettern nicht, da sie ihre Lieblinge bestimmt in Reichweite haben wollte. Auf den unteren Brettern hatte jemand aufgeräumt und alles
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