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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Holzstücken. Sie kamen näher, der dicke Doktor stapfte, pausenlos vor sich hin fluchend, hinter ihm her. O’Kane erkannte Hamiltons koboldartige Gehilfen und rief dem kleineren von beiden, dem Mexikaner, zu: »He, Isidro, hast du Dr. Hamilton gesehen?« Und dann prahlte er mit einer der praktischen mexikanischen Wendungen, die er von den Leuten in Spanishtown aufgeschnappt hatte: »El Doctor Hamilton, dondy estos?«
    Jetzt hatten sie das Feuer erreicht, und O’Kane sah, daß die beiden Männer die zerlegten Käfige verbrannten, samt Drahtgeflecht und allem. Lack zischte und schlug Blasen. Holz krachte. Flammenfinger leckten durch die Maschen, woben komplizierte Muster und sprangen hoch auf, um den Nebel zu vertreiben, an dessen Stelle sogleich der Qualm trat. Die Hitze war enorm, einhundert Öfen voll angeheizt, und sie wichen einen Schritt zurück; O’Kane sah diesen zwei hektischen Männern zu und hoffte, daß sie wußten, was sie taten – so ein Feuer konnte leicht außer Kontrolle geraten und den ganzen Besitz vernichten, die Obstgärten, die Hütten, die Pierce-Arrows und sogar Mr. McCormick. Isidro, der Mexikaner, blieb mit dem Arm voll Gerümpel stehen und überdachte die Frage nach Hamiltons Aufenthalt kurz, ehe er in Richtung der Stelle unter den Bäumen nickte, wo die Käfige bis zum Morgen noch gestanden hatten.
    Sie trafen Dr. Hamilton vor einem Haufen von Dingen an, die er offenbar aufheben wollte: die Trichterkonstruktion mit den Türchen, etliche kleinere Käfige, ein gelochtes Brett, an dem er die Intelligenz der Affen getestet hatte. »Gil!« dröhnte Dr. Brush und wackelte durch den Nebel, um Hamiltons Hand zu ergreifen. »Bin etwas spät dran, ich weiß, aber der Grund dafür ist schlicht und einfach dieser verdammte Nebel, und ich hoffe, du siehst mir das nach, aber jetzt bin ich ja da – hab auch schon alle kennengelernt und bin richtig begierig drauf, hier anzufangen.«
    »Nat«, sagte Hamilton, gab ihm eine Hand und schob mit der anderen seinen Kneifer zurecht. »Ja, wirklich, ein seltsames Wetter. Tut mir leid wegen der Umstände.«
    »Ach was!« erwiderte Brush und wedelte mit seiner flossenartigen Hand. »Sind doch keine Umstände gewesen, schlicht und einfach aus dem Grund, daß ich jetzt hier bin und bleibe. Kalifornien. Gott schütze es. Aber was ist mit denen da – hast du noch Affen übrig?«
    Er deutete auf einen kleinen Käfig, der auf dem psychologischen Trichter stand. In seinem Inneren sah O’Kane die beiden verbliebenen Hominiden, ein Rhesusaffenpaar, das der Doktor Jack und Jill nannte. Selbst für Affen waren es zwei Kümmerlinge, und obwohl sie gerade verschleppt wurden und hatten zusehen müssen, wie man ihre Gefährten abtransportiert hatte und ihre Heimat der letzten paar Jahre in Flammen aufging, besaßen sie immer noch die Energie zum Rammeln – was sie auch in diesem Moment taten, die schwärzlichen Lippen in erotischer Verzückung hochgezogen, der Käfig schwang rhythmisch in der beständigen Rein-raus-Bewegung des Affen, der auf dem anderen draufhockte, vermutlich war es Jack, aber das konnte man nie genau wissen. Soviel hatte O’Kane über Hominiden gelernt.
    Hamilton wirkte etwas zerstreut. »Ja«, sagte er und sah die Affen an, »meine letzten zwei. Jack und Jill. Ich wollte sie eigentlich mitnehmen, aber jetzt weiß ich nicht mehr so recht. Der Zoo in Los Angeles ist voll damit – mit Rhesusaffen, meine ich –, da werd ich sie jedenfalls nicht los.«
    Der dicke Brush hustete ein paarmal. Seine Zigarre war ausgegangen, aber er hielt sie immer noch mit den Zähnen fest, als wäre sie das Mundstück eines Atemschlauchs und er ein Schwammtaucher, der sich auf dem Boden des Ozeans dahintastete. »Warum läßt du sie nicht frei? Laß sie laufen. Schenk ihnen die Freiheit. Schlicht und einfach aus dem Grund, weil es Lebewesen sind wie du und ich und weil es grausam ist, sie so im Käfig zu halten – das Klima hier wird ihnen sicher behagen, da besteht kein Zweifel, schlicht und einfach aus dem Grund...«
    »Ja, daran hab ich auch schon gedacht«, sagte Hamilton. »Stimmt’s, Edward?«
    O’Kane besaß nicht die leiseste Ahnung, woran Hamilton gedacht oder nicht gedacht hatte, nickte aber dennoch.
    »Und?« wollte Brush wissen. »Also was?«
    Hamilton ließ sich Zeit, der Nebel senkte sich herab, die Flammen der Zerstörung knisterten und tosten in der Ferne. Er sah auf die kopulierenden Affen hinab. »Eines habe ich in meiner jahrelangen Forschung gelernt«,

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